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Es ist für die Rettungskräfte ein Leichtes, nach der medizinischen Erstversorgung kurz in den Kühlschrank zu schauen, ob eine Notfalldose vorhanden ist. (Foto: Ulrich Welzel)
Im Gespräch mit Ulrich Welzel, Inhaber von Trauma am Arbeitsplatz, Spezialist für Psychosoziale Notfallversorgung in Unternehmen, Sanitäter, Hospizbegleiter und Betrieblicher Pflegelotse

Lebensrettung aus der Dose

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
10.06.2024
In Notsituationen zählt jede Sekunde. Ein plötzlicher medizinischer Notfall kann jeden von uns treffen, sei es ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder ein schwerer Unfall. In solchen Momenten ist es entscheidend, dass Rettungskräfte schnell und effektiv handeln können, um Leben zu retten. Eine wichtige Maßnahme, um wertvolle Zeit zu sparen und wichtige Informationen bereitzustellen, ist die Notfalldose.
Herr Welzel, wie kamen Sie auf die Idee, die Notfalldose zu entwickeln?

Die Idee zur Entwicklung der Notfalldose entstand aus der Notwendigkeit heraus, in Notfällen schnell und effizient auf wichtige medizinische Informationen der betroffenen Personen zugreifen zu können. Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Rettungsdienst ist mir aufgefallen, dass im Notfall oft kostbare Zeit verloren geht, weil Rettungskräfte und Notärzte entweder keinen oder späten Zugriff auf relevante Gesundheitsdaten haben. Hinzu kommt, dass Angehörige im Fall der Fälle oft wie gelähmt sind oder wichtige Unterlagen suchen und selten finden. Mit der Notfalldose können diese möglicherweise (überlebens-)wichtigen Minuten gewonnen werden.

Was genau ist eine Notfalldose und wie funktioniert sie?

Eine Notfalldose ist so groß wie ein Wasserglas und enthält alle wichtigen Gesundheitsinformationen und Vorsorgedokumente der im Haushalt lebenden Personen. Reicht eine Notfalldose nicht aus, werden weitere Notfalldosen deponiert – zum Beispiel für jede Person eine.

Welche konkreten Informationen beinhaltet der Notfallbogen in der Notfalldose?

Selbstverständlich persönliche Daten, Fragen zu Allergien und Unverträglichkeiten, Informationen zu bestehenden Vorerkrankungen, deren Medikation sowie die Frage nach weiteren Diagnosen. Hinzu kommen die Kontaktdaten des Hausarztes, eines möglichen ambulanten Pflegedienstes, der Aufbewahrungsorte der Medikamente und die Kontaktdaten von Bevollmächtigten. Es hat sich bewährt, auch eine Kopie der Patientenverfügung beizufügen, da diese im Notfall auch von Angehörigen oft nicht sofort gefunden wird. Auch eine Notfallkarte mit Informationen zur Vorsorgevollmacht bzw. Patientenverfügung für die Brieftasche ist sinnvoll.

Wo finden Rettungskräfte die Notfalldose?

Die Notfalldose wird im Kühlschrank aufbewahrt. Nun werden Sie fragen: Warum im Kühlschrank? In 99,9 Prozent aller Wohnungen gibt es eine Küche mit Kühlschrank. Deshalb ist es für die Rettungskräfte ein Leichtes, nach der medizinischen Erstversorgung kurz in den Kühlschrank zu schauen, ob eine Notfalldose vorhanden ist, denn: Im Notfall haben sie keine Zeit, das Haus oder die Wohnung zu durchsuchen und in allen Schränken nachzusehen, ob sich irgendwo Unterlagen und Informationen über Vorerkrankungen, Medikamente, die Notwendigkeit spezieller medizinischer Maßnahmen oder Allergien befinden, um lebensbedrohliche Reaktionen oder Kontraindikationen zu vermeiden. Man kann also sagen: Die Notfalldose rettet Leben!

Doch woher wissen die Rettungskräfte, dass es eine Notfalldose gibt?

In meiner knallroten Notfalldose befinden sich zwei knallrote Aufkleber mit der Aufschrift „Für den Notfall – Informationen im Kühlschrank“. Ein Aufkleber wird gut sichtbar an die Innenseite der Haus- bzw. Wohnungstür geklebt, der zweite Aufkleber auf die Kühlschranktür. Erfahrungsgemäß sind die Rettungsdienste geschult, nach diesen Aufklebern zu schauen. Im Einsatz fällt der erste Blick oft hinter die Tür! (lacht)

Gibt es bestimmte Personengruppen, für die Sie die Verwendung einer Notfalldose besonders empfehlen würden?

Die Verwendung einer Notfalldose empfehle ich besonders Personen mit chronischen Erkrankungen, älteren Menschen, alleinlebenden Personen, Personen mit komplexen medizinischen Krankheitsbildern sowie Bevollmächtigten oder rechtlichen Betreuern. Für diese Gruppen kann der schnelle Zugriff auf ihre medizinischen Informationen im Notfall besonders wichtig sein.

Wie können Notfalldosen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit bzw. des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit beitragen?

Nehmen Sie den Fall meiner berufstätigen Nachbarin, die ihre schwerkranke Mutter pflegt. Sie kann nicht rund um die Uhr zu Hause sein. Die Notfalldose gibt ihr Sicherheit, weil sie alle lebenswichtigen Informationen enthält und sie im Notfall sofort kontaktiert werden kann. So kann meine Nachbarin konzentriert und in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen.

Zum Gesundheitsschutz trägt die Notfalldose in der Form bei, dass sich meine Nachbarin mit ihrer eigenen Absicherung durch Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auseinandergesetzt hat und nun für den Fall der Fälle abgesichert ist.

Auch wenn die Notfalldose grundsätzlich etwas für den privaten Bereich ist, erlebe ich im betrieblichen Kontext, dass sie oft von der betrieblichen Sozialberatung oder der betrieblichen Pflegeberatung bei meinen Vorträgen zur Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht in Unternehmen verschenkt wird. Für Unternehmen ist das ein kleiner Aufwand. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es ein großer Schritt hin zu einer sinnvollen Absicherung im häuslichen Umfeld und zu einem entspannteren Arbeiten.

Herr Welzel, vielen Dank für das Gespräch!

Über Ulrich Welzel
Ulrich Welzel ist Inhaber von Trauma am Arbeitsplatz, Spezialist für Psychosoziale Notfallversorgung in Unternehmen, Sanitäter, Hospizbegleiter und Betrieblicher Pflegelotse. Er betreut Unternehmen beim Aufbau eines funktionierenden Notfallmanagements und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach psychisch stark belastenden Ereignissen. Ziel ist es, mit wertschätzender Kommunikation bei existenziellen Krisen von Beschäftigten Ruhe und Stabilität zu vermitteln, um die psychische Gesundheit Betroffener zu erhalten. Er konzipiert Unternehmenslösungen und trainiert mit seinem Team international Vorstände, Führungskräfte, Betriebsräte und Sicherheitsfachkräfte.

Auf seinem YouTube-Kanal @Ratgeber-Patientenverfuegung klärt er zum Thema Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auf. In dem Bereich ist er gemeinsam mit Deutschlands renommiertestem Medizinrechtsanwalt und verschiedenen Palliativmedizinern als Ausbilder aktiv.

Zu all diesen Themen hält er regelmäßig Vorträge in Unternehmen vor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das Interview erschien zuerst in unserer Fachzeitschrift:

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Redaktion: Florian Gräfe

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(ESV/FG)

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