Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

LG Berlin: Das Interesse des Vermieters an der Verwertung einer Mietwohnung ist nicht deckungsgleich mit dem Eigenbedarf (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)
Wohnraummietrecht

LG Berlin: Wann die Kündigung eines Mietvertrags über Wohnraum wegen Eigenbedarfs rechtsmissbräuchlich ist

ESV-Redaktion Recht
12.06.2023
Ist die Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum wirksam, wenn die Bedarfsperson eine vom selben Vermieter angemietete Wohnung zurückgibt, damit sie – leer stehend – teurer verkauft werden kann? Hierzu hat sich das LG Berlin aktuell geäußert.
In dem Streitfall ging es um eine 3-Zimmerwohnung von 96 m² Größe, die der Vermieter gegenüber dem beklagten Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte. Vorher gab der Ehemann des Klägers eine Wohnung, die ebenfalls dem Kläger gehörte, an diesen zurück. Diese Wohnung sollte verkauft werden, um Rücklagen zu bilden. Damit ein möglichst hoher Verkaufspreis erzielt werden kann, sollte die Wohnung auf dem leer stehend angeboten werden. Der Ehemann des Klägers sollte dann als sogenannte Bedarfsperson in die Wohnung des Beklagten ziehen.

Eine Räumungsklage gegen den Beklagten vor dem AG Kreuzberg (25 C 211/21) blieb erfolglos. Gegen die Ausgangsentscheidung zog der Kläger dann mit einer Berufung vor das LG Berlin.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.


LG Berlin: Die Eigenbedarfskündigung ist vorliegend rechtsmissbräuchlich 

Die Berufung hatte ebenso wenig Erfolg. Auch nach Auffassung des LG Berlin war die Eigenbedarfskündigung unwirksam. Den geltend gemachten Wohnbedarf hatten der Kläger und dessen Ehemann durch die Umgehung der gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen erst geschaffen. Gegenüber dem beklagten Mieter war diese Umgehung rechtsmissbräuchlich, was die 66. Zivilkammer des LG Berlin im Wesentlichen wie folgt begründete:

  • Keine Änderung der Lebensverhältnisse: Die Verdrängung eines Wohnraummieters setzt nach § 573 Absatz 2 Nr. 2 BGB voraus, dass sich die Lebensverhältnisse im Umfeld des Eigentümers geändert haben und damit ein neues oder erweitertes Eigennutzungsinteresse an der betreffenden Wohnung entsteht.
  • Ansinnen des Klägers rechtsmissbräuchlich: Dem Kläger ging es aber darum, eine seiner Wohnungen zu veräußern. Dieses Interesse kann nicht als Begründung für eine Eigenbedarfskündigung dienen und ist rechtsmissbräuchlich, weil es den Schutz des Mieters im Zusammenwirken mit dem Ehemann des Klägers umgehen soll.
  • Keine bessere Eigenschaften der Wohnung des Beklagten: Die Wohnung des Beklagten hatte auch keine besseren Eigenschaften, als die Wohnung, in der Ehemann des Klägers wohnte. Vielmehr lag für den Kläger einzige Neuerung darin, für diese Wohnung den Verkaufspreis zu optimieren. Nach seiner Ansicht war dies nur mit einer leer stehenden Wohnung möglich.
  • Verwertungsinteresse und Eigenbedarf nicht deckungsgleich: Dieses reine Verwertungsinteresse ist nach der Gesetzessystematik nicht gleichzusetzen mit dem Eigenbedarf. So sind bei einer Verwertung die Befugnisse des Eigentümers aus § 903 BGB deutlich stärker eingeschränkt, als bei der Geltendmachung des Eigenbedarfs – denn die Frage, ob der Eigentümer durch die Fortsetzung eines Mietvertrages einen hinzunehmenden Nachteil erleidet, ist auch durch die Einbeziehung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu entscheiden. In diese Wertung fließt somit auch das Interesse des Mieters am weiteren Verbleib in seiner bisherigen Wohnung ein, die sein Lebensmittelpunkt ist.
  • Verwertungsinteresse nur in wenigen Ausnahme geschützt: Ein hinreichendes Verwertungsinteresse des Eigentümers ist dem LG zufolge nur in extremen Ausnahmefällen anerkannt worden. Dies betrifft vor allem Komplettsanierungen ganzer Immobilien oder Fälle, in denen Abriss von Baulichkeiten erforderlich ist, um eine wirtschaftlich vertretbare Nutzung des Grundstückes möglich zu machen. Schließlich wäre das Verwertungsinteresse auch dann anzuerkennen, wenn das Mietverhältnis eine Veräußerung des Objektes verhindert, weil es dafür keinen Markt gibt. Derartige Gegebenheiten sah das LG am Berliner Immobilienmarkt derzeit aber nicht. 
Quelle: Urteil des LG Berlin vom 02.06.2023 – 66 S 170/22


juris Miet- und Wohnungseigentumsrecht


In das Modul wurde führende Kommentarliteratur aus vier Verlagshäusern zu den Rechtsbereichen Miete und Wohnungseigentum eingebunden. Weitere Inhalte, wie die Fachzeitschriften Miet-Rechts-Berater und Wohnungswirtschaft und Mietrecht, garantieren ein hohes Aktualitäts- und Qualitätsniveau.

juris Miet- und WEG-Recht enthält folgende Werke aus dem Erich Schmidt Verlag:

  • Mietrecht, Kommentar, von Thomas Spielbauer und Joachim Schneider (Hrsg.)
  • Pachtrecht, Kommentar, von Dr. Christoph Kern
  • WEG, Kommentar, von Thomas Spielbauer und Michael Then
  • Aktuelles Gewerberaummietrecht von Dr. Rainer Burbulla
  • Maklerrecht von Hans Christian Ibold
Jetzt gratis testen: Lernen Sie juris Miet- und WEG-Recht' für 4 Wochen kostenlos, unverbindlich und ohne Risiko kennen.
Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 

(ESV/bp)

 

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht