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Auch das Markenrecht kann den grundrechtlichen Schranken unterliegen (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)
Markenrecht

LG Frankfurt am Main: Kunstfreiheit sticht Markenrechte

ESV-Redaktion Recht
13.10.2023
Muss der Hersteller einer markenrechtlich geschützten Luxushandtasche es dulden, wenn ein Modelabel charakteristische Merkmale der Handtasche in Fashionshows und im Internet darbietet? Hiermit hat sich das LG Frankfurt am Main aktuell befasst.
In dem Streitfall stellte ein Modelabel aus Berlin unter anderem eine Handtasche mit charakteristischen Merkmalen einer bekannten Luxus-Handtasche her und führte diese Kreation auf Fashionshows vor. Zudem bewarb das Label seine Darbietungen im Internet.
 
Daraufhin verlangte die Herstellerin des markenrechtlich geschützten Originals von dem Berliner Modelabel die Unterlassung seiner Darbietungen.
 
Das Modelabel hielt dem entgegen, dass seine Darbietungen von der Kunst- und Meinungsfreiheit geschützt sind. Demnach spiegeln Ihre Modekreationen prägende Merkmale der Luxus-Handtasche wider, was Teil einer feministischen Inszenierung wäre. Unter anderem solle damit auf weibliche Klischees hingewiesen werden, nach denen sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von sog. „Sugar Daddys“ schenken ließen.

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LG Frankfurt am Main: Interesse der Antragsgegnerin an ihren Darbietungen überwiegt gegenüber den Eigentumsinteressen der Antragstellerin

 
Das LG Frankfurt am Main folgte den Argumenten der Antragsgegner und wies die Eilanträge ab. Die Antragsgegner konnten sich demnach erfolgreich auf die grundrechtich geschützte Kunstfreiheit berufen. Die weiteren tragenden Erwägungen des LG Frankfurt:
 
  • Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Kunstfreiheit: In dem Streitfall ist abzuwägen zwischen den Eigentumsrechten der Herstellerin der Original-Handtaschen und der Kunstfreiheit der Antragsgegnerin. Demnach kann auch die Beschäftigung mit einer Marke von der Kunstfreiheit erfasst werden. Bei seiner Abwägung kam das Gericht dann zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Antragsgegnerin an den Darbietungen gegenüber den Markenrechten, die zum Schutzbereich der Eigentumsrechte zählen, überwiegt.
  • Frauen als gesellschaftliche Accessoires: Mit ihren Darbietungen wollen die Antragsgegnerin darauf hinweisen, dass Frauen von Männern oft zum Objekt degradiert werden – mit der Folge, dass die Frauen als gesellschaftliche Accessoires angesehen werden. Diese Rolle nehmen die Frauen an, indem sie Männer ganz bewusst als „menschliche Bank“ für ihre Zwecke nutzen und sich auf diese Weise emanzipieren, so das LG weiter.
  • Luxus-Tasche als Teil der Darbietung: Wenn die Frauen in den überspitzen Darbietungen dann – aufreizend und lasziv an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit – die Kleidungsstücke tragen, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, sei dies als Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern anzusehen, das ein „essenzieller Teil der Darbietung“ ist.
  • Keine Verunglimpfung der Marke: Schlieplich schloss das LG auch eine Verunglimpfung aus. Demzufolge ist die Marke ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern, wobei die Anlehnung an die Luxus-Tasche nur ein Teil der Gesamtinszenierung ist.
Die Entscheidungen des LG Frankfurt am Main sind inzwischen rechtskräftig.
 
Quelle: PM des LG Frankfurt am Main vom 12.10.2023 zu den Beschlüssen vom 19.09.2023 – 2-06 O 532/23 und 2-06 O 533/23


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(ESV/bp)
 

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