Lobbying und Recht
Das zum 1. Januar 2013 in Österreich in Kraft getretene „Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung wirtschaftlicher und politischer Interessen“ – kurz LobbyG genannt – befruchtet nicht nur die Diskussion um schärfere Regulierung der Interessenvertretung in Europa, wo es bisher nur in Polen, Ungarn und Lettland formelle Gesetze zu Verhaltensnormen für Lobbyisten gab, sondern belebt auch die juristische Aufarbeitung eines Themas, dem sich bisher hauptsächlich Politik- und Gesellschaftswissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ökonomie gewidmet haben.
Unter der Vielzahl der Neuerscheinungen erweist sich der Praxiskommentar zu „Lobbying und Recht“ als gelungene Verbindung zwischen der deskriptiven Darstellung der wesentlichen Funktionen von Public Affairs und Lobbying mit den Compliance-Anforderungen an Inhouse- und externe Interessenvertreter gegenüber Politik und Verwaltung, wie sie durch das Lobby-Gesetz und ein im Zusammenhang damit verabschiedetes und kommentiertes Transparenzpaket betreffend die Finanzierung der politischen Parteien und ihrer Einrichtungen, strafrechtliche Sanktionen sowie Pflichten und Kosten von Veröffentlichungen, geschaffen wurden. Das Gesetz wird zudem in den Kontext des Transparenzregisters des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission vom 23. Juni 2011 gestellt, dem in 2012 auch der Rat der Union beigetreten ist. Verhaltenskodex und Registrierungsprozess in Brüssel werden erläutert.
Schwerpunkt ist die Kommentierung des LobbyG anhand des Gesetzgebungsprozesses und der einzelnen Vorschriften, wobei die Texte von Ministerialentwurf und Regierungsvorlage sowie die Erläuterungen im Justizausschuss anschaulich die von heftigen politischen Diskussionen begleitete Entstehungsgeschichte erläutern. Kernbotschaft ist, dass für bestimmte Tätigkeiten Verhaltens- und Registrierungspflichten gelten, soweit Entscheidungsprozesse in Gesetzgebung oder Vollzug aller staatlichen Ebenen betroffen sind. Erfasst wird auch die Einflussnahme vom Ausland aus und auf die österreichischen Vertreter in Gremien von internationalen Organisationen und der EU. Vorteile wie Zugang zum Parlament oder Anhörungsrechte durch Eintragung in den vier Abteilungen des Registers ergeben sich nicht, hingegen sind kumulierbare Sanktionen wie Geldstrafen, Nichtigkeit und Verfall von Honoraren sowie Streichung aus dem Register beispiellos streng.
Die Vorschriften und ihre Kommentierung sind über das österreichische Gesetz hinaus von praktischer Bedeutung. Denn das Gesetz enthält eine Vielzahl von Begriffsbestimmungen zu den Akteuren und ihren Tätigkeiten, die das ausfüllen, was etwa in der OECD vorgedacht und in den Anläufen zu nationalen Regelungen bisher (noch) nicht durchgesetzt wurde.
Rechtsanwalt Reinhold Kopp Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Berlin
Quelle: ZRFC Risk, Fraud & Compliance Heft 4/2013