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Wer beim Antrag auf die Regelaltersrente den Bezug einer Verletztenrente verschweigt, begeht in der Regel eine besonders schwere Pflichtverletzung (Foto: toscana stock.adobe.com)
Rentenüberzahlung

LSG Hessen zur Rückzahlung von Teilen einer gesetzlichen Altersrente beim Verschweigen des Bezugs einer Verletztenrente

ESV-Redaktion Recht
02.05.2024
Der Bezug einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat regelmäßig die entsprechende Kürzung der normalen Altersrente zur Folge. Über die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Überzahlung der gesetzlichen Altersrente beim Bezug einer Verletztenrente zurückzuzahlen ist, hat das LSG Hessen jüngst entschieden.
In dem Streitfall hatte ein Altersrentner den Bezug einer Verletztenrente aus einem Arbeitsunfall verschwiegen.
 
Seit 2009 bezog er neben der Verletztenrente eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen von etwa 2.400 EUR im Monat. Bei Beantragung dieser Rente hatte er den Bezug der Verletztenrente verschwiegen, obwohl ihn die Rentenversicherung ausdrücklich nach dem Bezug von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gefragt und ihn auch auf seine Mitteilungspflicht hingewiesen hatte. Dennoch gab der Versicherte seine Verletztenrente von damals circa 1.260 EUR im Monat nicht an.
 
Etwa zehn Jahre später machte er gegenüber der Berufsgenossenschaft (BG) geltend, dass sich die Folgen seines früheren Arbeitsunfalls verschlimmert hätten. Daraufhin erhöhte die BG die Verletztenrente zum Februar 2018 und teilte dies der gesetzlichen Rentenkasse mit.
 
Erst durch die Mitteilung der BG erlangte die Rentenversicherung Kenntnis von der Verletztenrente. Nach einer Anhörung des Versicherten zur beabsichtigten Rücknahme der Rentenbewilligung verlangte sie dann mehr als 80.000 EUR überzahlte Rentenleistungen zurück.
 
Der Versicherte entgegnete, dass er bei der Antragstellung falsch beraten worden wäre, und berief sich zudem auf Verjährung. Die Sache landete schließlich vor dem LSG Hessen.

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LSG Hessen: Rückzahlungsanspruch gegeben

 
Das LSG schloss sich – ebenso wie die Vorinstanz – der Ansicht der Rentenversicherung an. Demnach hatte der Versicherte mindestens grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht. Die weiteren Erwägungen des LSG:
 
  • Falsche Angaben im Rentenantrag: Im Rentenantragsformular wurde dem LSG zufolge „klar, eindeutig und unmissverständlich“ danach gefragt, ob der Antragsteller Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. Diese Frage habe der Versicherte mindestens grob fahrlässig oder gar bösgläubig unzutreffend beantwortet. Er habe nämlich gewusst oder hätte wissen müssen, dass ihm die zuerkannte Altersrente wegen seiner Verletztenrente nicht in voller Höhe zusteht.
  • Keine Berufung auf Unkenntnis oder falsche Beratung: Dem LSG zufolge kann er auch nicht geltend machen, dass er den entsprechenden Hinweis der Rentenversicherung nicht gelesen habe, weil auch dann eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegen würde. Ebensowenig, so das LSG weiter, könne sich der Versicherte auf eine falsche Beratung berufen.
  • Auch Verjährung scheidet aus: Schließlich lehnte das LSG auch die Berufung auf Verjährung ab. Denn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann bei grober Fahrlässigkeit nach Gerichtsauffassung bis zu zehn Jahre nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.
Weil die Rentenkasse diese Frist eingehalten hat, konnte diese ihren damaligen Bewilligungsbescheid zurücknehmen und die überzahlte gesetzliche Rente zurückfordern. Das LSG Hessen hat die Revision nicht zugelassen.
 
Quelle: PM des LSG Hessen vom 29.04.2024 zum Urteil vom selben Tag – L 5 R 121/23
 

Wegweisend
 

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Im Wortlaut: § 45 SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (Auszug)
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
 
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit (…)

2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder

3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
 
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. (…) Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
 
1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.


(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung