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Unser Überblick - aktuell aus den Gerichtssälen (Foto: Kzenon und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 08/2019

Neues aus Karlsruhe, Berlin, Braunschweig und München

ESV-Redaktion Recht
22.02.2019
Äußerungen über AfD-Landtagsabgeordneten in Facebook-Chats sind erlaubt, entschied das OLG Karlsruhe. LG Berlin verurteilt AfD-Politiker wegen Twitter-Tweet. OLG Braunschweig weist Klage gegen VW ab und das AG München entscheidet über Nachbesserung und Schadenersatz gegen Friseurin bei dottergelben Haaren.


OLG Karlsruhe: Berichterstattung über Äußerungen eines Mitarbeiter zweier AfD- Landtagsabgeordneter in Facebook-Chats zulässig

Ein Sieg für die Stuttgarter Wochenzeitung „KONTEXT“, die wieder über Chat-Aussagen des wissenschaftlichen Mitarbeiters von zwei AfD-Abgeordneten berichten darf. Im Mai 2018 hatte „KONTEXT“ unter dem Titel „Sieg Heil mit Smiley“ über Chatprotokolle des klagenden Mitarbeiteres berichtet und darin diverse Aussagen zitiert. Unter anderem hatte das Blatt behauptet, der Kläger sei früher „NPD-Mitglied“ gewesen. Dem begegnete der Kläger mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er begehrte die Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung und unter anderem der Behauptung, er sei Mitglied der NPD gewesen und habe sich in der zitierten Weise geäußert. Die Zitate seien nicht von ihm. Vielmehr wären diese wären nachträglich in die Chat-Protokolle eingefügt worden.

Die Vorinstanz entschied noch zugunsten des Klägers und erließ das beantragte einstweilige Verbot der Berichterstattung. Vor dem OLG (OLG) Karlsruhe hatte der Eilantrag jedoch keinen Bestand. Das Gericht entschied, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit, gegenüber dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Vertraulichkeitssphäre überwiegt. Das OLG hält es für hinreichend glaubhaft dass die streitgegenständlichen Chat-Protokolle authentisch sind. Danach ist es überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger früher NPD-Mitglied gewesen sei und sich in der zitierten Weise menschenverachtend, rassistisch und demokratiefeindlich geäußert habe. Die beanstandeten Presseartikel, so das OLG weiter, leisten in den Diskussion um rechtsextreme Bestrebungen im Umfeld der AfD einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer Frage, die die Öffentlichkeit wesentlich berührt. Außerdem ist es dem Gericht zufolge unerheblich, wie die Chat-Protokolle beschafft worden sind. Der Kläger konnte auch nicht glaubhaft machen, dass die Chat-Protokolle geleakt worden sind. 

Quelle: PM des OLG Karlsruhe vom 13.02.2019 zur Entscheidung vom  selben Tag – AZ: 6 U 105/18

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LG Berlin verbietet AfD-Politiker Twitter-Tweet

Wegen seines Twitter-Tweet „Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären.“, hat das Landgericht (LG) Berlin den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier zu einem Schmerzensgeld von 15.000 Euro verurteilt. Geklagt hatte Noah Becker, Sohn des ehemaligen Tennisprofis Boris Becker. Der Tweet erschien, nachdem sich der Kläger Anfang des Jahres 2018 zu Attacken wegen seiner Hautfarbe äußerte.

Das LG sah in dem Tweet einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere die enorme Außenwirkung der ehrverletzenden Äußerung berücksichtigt. Auch die Behauptung des Beklagten, der Twitter-Kommentar sei von seinem Mitarbeiter verfasst worden, konnte ihn nicht entlasten. Das Handeln seines Mitarbeiters muss er sich nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen über die Haftung eines Verlegers und Herausgebers für Beiträge mit schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen zurechnen lassen. Den Mitarbeiter hatte er dem Gericht zufolge nach eigenem Vortrag als Verrichtungsgehilfen im Sinne von § 831 BGB zur Absetzung von Tweets bestellt.

Quelle: PM des Landgerichts Berlin vom 25.01.2019 zum Urteil vom 15.01.2019 – AZ:  27 O 265/18 sowie zahlreiche Medienberichte

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OLG Braunschweig: Kein Schadensersatz von VW für Autokäufer

Eine rechtliche Grundlage für den klägerischen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Einbaus einer unzulässigen Abschaltautomatik besteht nach Auffassung des Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig nicht. Damit hat das OLG sein erstes Berufungsurteil im Zusammenhang mit der Abgas-Thematik verkündet und das Urteil des Landgerichts (LG) Braunschweig bestätigt.

Dem Richterspruch zufolge liegt keine Garantie der VW AG vor. Diese liege auch nicht in der Übereinstimmungsbescheinigung, mit der der Hersteller bestätigt, dass das konkrete ausgelieferte Fahrzeug dem genehmigten Typ entspricht. Eine solche Bestätigung sei keine Willenserklärung des Herstellers, dass er für die vereinbarte Beschaffenheit einstehen wolle. Auch der Einbau einer unzulässigen Abschaltautomatik führe nicht zu einem Verstoß gegen Regelungen der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung. Sowohl die Übereinstimmungsbescheinigung als auch die Typgenehmigung blieben trotz der Abschaltvorrichtung wirksam. Ebenso haben die Braunschweiger Richter einen Schadensersatzanspruch wegen betrügerischen Handelns der VW AG abgelehnt. Danach hat die VW keine Vorschriften verletzt, die gerade den individuellen Schutz des Klägervermögens bezwecken. Der Senat hat allerdings die Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen.

Demgegenüber muss die VW AG einem vom Abgasskandal betroffenen Käufer wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung den Kaufpreis für einen Audi erstatten. Dies hat das OLG Köln zuletzt Anfang 2019 entschieden. 

Quellen:
  • PM des OLG Braunschweig vom 19.02.2019 zum Urteil vom selben Tag – AZ: 7 U 134/17
  • PM des OLG Kölnvom 25.01.2019 zu zwei Beschlüssen vom 03.01.2019 und 29.11.2018 – AZ: 18 U 70/18

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AG München: Nachbesserung vor Schadenersatz – auch bei dottergelben Haaren

Das Vorbild: die Haare einer Bloggerin. Das Ergebnis: dottergelbe Haare. Hierfür forderte die Klägerin Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Haarfärbemittel hatte nach über zwei Stunden auf der Kopfhaut zu brennen und jucken begonnen, so die Klägerin. Zudem habe die Farbe nicht dem Vorbild entsprochen. Daher habe sie die Beklagte zu einem sofortigen Handeln aufgefordert, was diese aber ablehnte. Wegen akuter zeitlicher Verhinderung habe die Beklagte auch keinen Alternativtermin angeboten. Stattdessen hatte sie der Klägerin eine Silbertönung zur häuslichen Selbstanwendung gegeben, um den Gelbstich zu beseitigen. Insgesamt zahlte die Klägerin 153 Euro. Der Gelbstich sei jedoch geblieben, behauptete die Klägerin, die auch lange an negativen psychischen Auswirkungen gelitten haben will.  

Das Amtsgericht (AG) München hat die Klage abgewiesen. Auch eine Friseurin muss in angemessener Frist nachbessern dürfen. Daran fehlt es aber, so die Kernaussage des AG. Weil die Beklagte der Klägerin eine Silberkur überlassen hatte, lag dem Richterspruch zufolge auch keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung vor. Ebenso wenig hatte die Beklagte mehrfach erfolglos nachgebessert. Darüber hinaus sah das Münchner Gericht bei der Klägerin weder einen dauerhaften oder unabänderlichen körperlichen Eingriff – wie bei einer Tätowierung – noch eine Gesundheitsschädigung oder Körperverletzung.

Quelle: PM des AG München vom 15.02.2019 zum Urteil vom 24.01.2019 – AZ: 213 C 8595/18

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht