
Neues aus Karlsruhe, Frankfurt und Köln
BVerfG: Staatsanleihekaufprogramm der EZB teilweise verfassungswidrig
- EZB handelt kompetenzwidrig: Nach Auffassung des Zweiten Senats des BVerfG hat die EZB mit ihren Beschlüssen zum Staatsanleihekaufprogramm kompetenzwidrig gehandelt. Auch die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag haben es versäumt, gegen die EZB-Entscheidung vorzugehen. Damit haben sowohl die Bundesregierung als auch der Bundestag die Beschwerdeführer in ihrem Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verletzt.
- BVerfG stellt sich gegen den EuGH: Die Karlsruher Verfassungshüter stellten sich auch ausdrücklich gegen den EuGH. Dem Senat zufolge ist dessen Urteil vom 11.12.2018 in Bezug auf die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Beschlüsse zur Durchführung des PSPP nicht mehr nachvollziehbar. Damit stellt das BVerfG erstmals in seiner Geschichte fest, dass Handlungen und Entscheidungen europäischer Organe offensichtlich nicht von der europäischen Kompetenzordnung gedeckt sind, so Präsident des BVerfG Andreas Voßkuhle laut einigen Medienberichten unter Berufung auf Reuters und dpa.
- Auswirkungen der Entscheidung auf die Handlungsmöglichkeiten der Bundesbank: Die Bundesbank darf damit – nach einer Übergangsfrist von höchstens drei Monaten – nicht mehr an der Umsetzung des EZB-Aufkaufprogramms mitwirken, wenn der EZB-Rat in einem neuen Beschluss nicht nachvollziehbar darlegt, dass das Programm verhältnismäßig ist. Dies kann schwere Folgen für die Handlungsfähigkeit der EZB haben. Da die Bundesbank der größte EZB-Anteilseigener ist, entfiele dann ein erheblicher Teil der Staatsanleihenkäufe. Die Karlsruher Richter sahen aber keinen Verstoß gegen das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung.
Der EuGH hat in einer Pressemitteilung auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen. Danach sind EuGH-Urteile in Vorabentscheidungsverfahren für nationale Gerichte bindend. Im Übrigen ließen die Luxemburger Richter die Entscheidung aus Karlsruhe unkommentiert.
Quellen: PM des BVerfG vom 5.3.2020 zum Urteil vom selben Tag in den Verfahren 2 BvR 859/15 – 2 BvR 1651/15 – 2 BvR 2006/15 und 2 BvR 980/16 – PM des EuGH Nr. 58/2020 vom 8.5.2020 sowie zahlreiche Medienberichte zur Äußerung der Kommissionspräsidentin unter Berufung auf dpa.
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OLG Frankfurt: Keine Löschung von negativen Nutzerbewertungen und Basisprofil auf Ärztebewertungsportal
Allerdings war die Berufung der Beklagten zum OLG Frankfurt erfolgreich. Das OLG meint, dass auch ohne Zustimmung der Klägerin eine rechtmäßige Datenverarbeitung vorliegt. Im Rahmen ihrer Interessenabwägung bewertete die Berufungsinstanz die Interessen der Beklagten höher als die der Klägerin. Mit ihrem Portal erfülle die Beklagte eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion, soweit sie als neutraler Informationsmittler auftritt. Hieran hatten die Frankfurter Richter keinen Zweifel. Auch sahen sie keine verdeckten Vorteile für sogenannte Prämienkunden. So würden Anzeigen, als solche bezeichnet und farblich unterlegt. Zudem sei erkennbar, dass Prämienkunden eine Vergütung zu entrichten hätten, so das OLG weiter. Darüber müsse die Klägerin die beanstandete Kritik hinnehmen, weil es sich dabei um Meinungsäußerungen handeln würde, die nicht als Schmähkritik einzuordnen seien. Auch beruhten die Äußerungen auf einem Besuch bei der Klägerin und hätten demnach auch eine Tatsachengrundlage. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das OLG die Revision zum BGH zugelassen.
Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 30.4.2020 vom 9.4.2020 – 16 U 218/18
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OLG Frankfurt: Widerspruchsrecht eines Handy-Kunden gilt auch bei Preiserhöhungen von weniger als fünf Prozent
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das OLG aber auch entschieden, dass eine Sperre für den Fall des Zahlungsverzugs in Höhe von mindestens 75 Euro auch in Textform angedroht werden kann. Das OLG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zum BGH zugelassen.
Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 4.5.2020 zur Entscheidung vom 9.4.2020 - 1 U 46/19
OLG Köln: Gleitschirm gegen Drachenflieger
Auch die Berufung des Klägers zum OLG Köln blieb ohne Erfolg. Zwar gilt nach Auffassung des 1. Zivilsenats des OLG auch deutsches Recht. Allerdings müssen Führer von nicht motorisierten Fluggeräten ebenso die Sicherheits- und Verhaltensregeln des italienischen Luftrechts beachten. Insoweit gilt das italienische Präsidialdekret mit den Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC. Danach haben unmotorisierte Fluggeräte, die in einem thermischen Aufwind nach oben kreisen, das Vorflugrecht. Demgegenüber müssen andere nicht motorisierte Fluggeräte ausweichen. Den Drehsinn gibt derjenige vor, der als erster den thermischen Aufwind erreicht hat.
Nun ergab die Auswertung der aufgezeichneten Flugwege, dass der Beklagte sich schon vor dem Kläger im Bereich der Thermik befand und im Steigflug war. Der Kläger setzte sich etwa zehn Sekunden vor der Kollision vor den Gleitschirm des Beklagten. Anstatt um das gemeinsame Drehzentrum der Thermik zu kreisen, flog der Kläger auf dieses zu und erzeugte Wirbelschleppen, die den Gleitschirm des Beklagten ins Straucheln hätten bringen können. Da er zudem nicht stets den Überblick über die Piloten verschaffte, die sich in seiner Nähe befanden, verstieß er auch gegen das Rücksichtnahmegebot, so dass ihn ein erhebliches Verschulden an dem Unfall traf. Darüber hinaus betonte der 1. Zivilsenat des OLG Köln, dass ein Drache grundsätzlich eine höhere Betriebsgefahr hat als ein Gleitschirm, weil er schneller fliegen kann. Dahinter trete die Betriebsgefahr des Gleitschirms des Beklagten vollständig zurück, so der Senat weiter, der die Revision nicht zugelassen hat.
Quelle: PM des OLG Köln vom 27.3.2020 zum Urteil vom selben Tag – 1 U 95/19
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(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht