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BGH entscheidet über Sanierungspflichten bei Wohnungseigentümergemeinschaften (Foto: Blackosaka und AllebaziB/Fotolia.com)
Rechtsprechungsübersicht 18/2018

Neues aus Karlsruhe, Nürnberg, Hamm und Kassel

ESV-Redaktion Recht
09.05.2018
Teileigentümer können zu Sanierung von Außenwänden verpflichtet sein, so der BGH. OLG Nürnberg äußert sich zur Nachbesserungsfrist bei Dieselfahrzeugen im VW-Abgasskandal. OLG Hamm spricht hirngeschädigtem Kind 400.000 Euro Schmerzensgeld zu und VG Kassel entscheidet über Koptuchverbot für Beamtin.

BGH: Teileigentümer können zu Sanierung von Außenwänden verpflichtet sein

Dies hat der V. Zivilrechtssenat des Bundesgerichtshofs aktuell entschieden. Danach muss sich eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern auch an außergewöhnlich hohen Sanierungskosten für feucht gewordene Grundmauern beteiligen. Dies gilt dem Senat zufolge auch dann, wenn Räume in dem betreffenden Untergeschoss nicht mehr so genutzt werden, wie in der Teilungserklärung vorgesehen. Ebenso befreit das Alter des streitgegenständlichen Hauses, das 1890 erbaut wurde, die Eigentümergemeinschaft nicht von dieser Pflicht. Nach Auffassung des Senats kommt es nahezu ausschließlich auf den Inhalt der Teilungserklärung an. Rechtsgrundlage hierfür ist § 21 Absatz 5 Nr. 2 WEG.

Quelle: PM des BGH vom 04.05.2018 zum Urteil vom selben Tag – AZ: V ZR 203/17

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OLG Nürnberg zur Nachbesserungsfrist bei Dieselfahrzeugen, die vom VW-Abgasskandal betroffen sind

Nach Auffassung des Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg muss ein Autokäufer, der vom VW-Abgasskandal betroffen ist, eine Nachbesserungsfrist von mindestens zwei Monaten setzen. Ansonsten hat er keinen Anspruch auf Rückabwicklung seines Neuwagenkaufvertrages. Nach Auffassung der Richter aus Nürnberg sind vom Skandal betroffene Autos zwar mit erheblichen Mängeln behaftet, weil diese sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignen.

Der klägerische Anspruch scheiterte jedoch daran, dass der Kläger keine ausreichende Nachbesserungsfrist gesetzt hatte. Die Angemessenheit der Frist ergibt sich dem Richterspruch zufolge aus den gegebenen Umständen. Hierbei sei vor allem die Notwendigkeit einer behördlichen Freigabe des Updates berücksichtigen. Als generelle Zeitvorgabe sind die oben benannten zwei Monate jedoch nicht anzusehen. Die Richter aus Nürnberg betonten ausdrücklich, dass ihre Entscheidung einen Einzelfall betroffen habe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung aber die Revision zum BGH zugelassen.

Quelle: PM des OLG Nürnberg vom 03.05.2018 zum Urteil vom 24.04.2018 (nrkr) – AZ: 6 U 409/17

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OLG Hamm: 400.000 Euro Schmerzensgeld für hirngeschädigtes Kind

Ein Kind, das aufgrund einer Verzögerung mit einer schweren Hirnschädigung entbunden wurde, kann ein Schmerzensgeld 400.000 Euro erhalten. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm kürzlich entschieden. In dem Streitfall kam der Kläger im November 2008 aufgrund einer Sauerstoffunterversorgung mit schweren dauerhaften körperlichen und geistigen Schäden zur Welt. Die Schwangerschaft verlief zunächst zwar unauffällig. Im November 2008 wies ein CTG, das in der Praxis des beklagten Arztes erstellt wurde, allerdings auf eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes hin. Demnach hätte der spätere Kläger schnellstmöglich entbunden werden müssen. Der Beklagte nahm das CTG jedoch erst nach ca. 50 Minuten zur Kenntnis und führte eine Doppler-Ultraschalluntersuchung durch. Anschließend veranlasste er die Mutter dazu, zunächst mit dem eigenen PKW nach Hause zu fahren, ihre Tasche zu holen und eine Entbindungsklinik aufzusuchen.

Nach Auffassung des OLG hat der Beklagte die Mutter des Klägers in der Gesamtschau grob fehlerhaft behandelt. So habe er es versäumt, das CTG spätestens 15-20 min nach Ende Aufzeichnung zur Kenntnis zu nehmen und auf eindeutige Pathologien zu sichten. Hierdurch wäre bereits eine nicht fachgerechte Verzögerung von 30 Minuten entstanden. Zudem hätte er die Mutter aufgrund der Hochrisikokonstellation – stummes (silentes) CTG und umgekehrter Blutfluss (Reverse Flow) in der Nabelschnurarterie, im Doppler-Ultraschall erkennbar – mit einem Rettungswagen in eine nahegelegene Entbindungsklinik einweisen müssen. Insgesamt geht das OLG von einem Zeitverlust mindesten 45 Minuten aus. Diese grob fehlerhafte Behandlung sah das Gericht als mitursächlich für den Hirnschaden an und sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld von 400.000 Euro zu. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt, weil das OLG die Revision nicht zugelassen hatte.  

Quelle: PM des OLG Hamm vom 03.05.2018 zum Urteil vom 19.03.2018 – AZ: 3 U 63/15 – AZ beim BGH: VI ZR 178/18.

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VG Kassel: Städtische Beamtin darf Kopftuch tragen

Dies ergibt sich aus einer aktuell veröffentlichten Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Kassel. Die Klägerin arbeitete als Sachbearbeiterin – Sachgebiete wirtschaftliche Jugendhilfe und Erziehungshilfe – in der Abteilung Allgemeine Soziale Dienste eines Jugendamtes. Dort ist sie eingebunden in die Bewilligung von Jugendhilfen für Kinder und Jugendliche aus problematischen Familienverhältnissen. Etwa seit sechs Jahren trägt sie ein Kopftuch als Ausdruck ihrer Glaubenszugehörigkeit. Am 30.11.2015 beantragte sie die Genehmigung, auch während des Dienstes ein Kopftuch tragen zu dürfen. Dies lehnte die Beklagte ab und berief sich auf die Neutralitätspflicht für Beamte, was letztlich zur Klage der Beamtin führte.

Das VG Kassel teilte die Auffassung der Beklagten nicht. Nach Meinung der Kasseler Verwaltungsrichter sind die Voraussetzungen des § 45 Satz 1 und 2 HBG, auf den sich die Beklagte stützt, nicht gegeben. Die benannte Norm, so das VG, sei einschränkend auszulegen, weil das Kopftuchverbot in die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin. Daher müsse eine hinreichend konkrete Gefahr für das Schutzgut der staatlichen Neutralität oder Grundrechte Dritter vorliegen. Daran fehle es nach Meinung des VG im Ergebnis. Zwar sei das Kopftuch objektiv geeignet, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen oder den religiösen Frieden zu gefährden. Dennoch habe der Eingriff in die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin ein hohes Gewicht, weil sich die Klägerin mit dem Tragen des Kopftuches auf die Befolgung eines nachvollziehbaren Glaubensgebotes beruft. Demgegenüber wiege der mittelbare Eingriff in die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Bürger geringer. Zwar würde Staat das von der Klägerin zur Schau gestellte religiöse Symbol tolerieren, aber sich nicht damit identifizieren.

Quelle: PM des VG Kassel vom 03.05.2018 zum Urteil vom 28.02.2018 – AZ: 1 K 2514/17.KS

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht