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LG Frankfurt am Main: Der Reiseveranstalter musste nicht darauf hinweisen, dass im Reisegebiet im Dezember Regenzeit herrscht (Foto: MILJU / stock.adobe.com)
Reiserecht

Neues vom LG Frankfurt am Main zum Reiserecht

ESV-Redaktion Recht
27.07.2023
Haftet ein Reiseveranstalter für das Wetter am Zielort? Oder kann der Kunde von einer Reise zurücktreten, weil er anstatt der gebuchten Business Class nun in der Economy Class fliegen soll? Hierzu hat sich die Reiserechtskammer des LG Frankfurt am Main kürzlich geäußert. In einer weiteren Entscheidung der Kammer ging es um einen Transitflug über die USA ohne ePässe oder Visa.  

Transit über USA ohne ePass oder Visum?

In dem Verfahren 2-24 O 102/22 hatte der Kläger beim beklagten Reiseveranstalter für sich und seine Familie mit zwei minderjährigen Kindern eine etwa zweiwöchige Pauschalreise von München nach Cancun in Mexiko gebucht. Der Gesamtpreis betrug 6.200 EUR und die Reise enthielt auch eine Unterbringung in einem 5-Sterne-Hotel. Der Hinflug sollte ursprünglich von München über Mexiko City und der Rückflug sollte über Montreal in Kanada nach München erfolgen.

Acht Tage vor Beginn der Reise erklärte der Reiseveranstalter, dass die Flüge von München aus nicht mehr möglich waren. Er bot aber Alternativen über Frankfurt an. Zwar zeigte der Kläger dem Reiseveranstalter auch Alternativen auf, letztlich bestand der Veranstalter vier Tage vor Abflug aber auf den geänderten Flügen ab Frankfurt – mit dem Hinflug über Montreal und dem Rückflug über San Francisco, worauf sich der Kläger dann einließ. Allerdings wies ihn der Veranstalter nicht darauf hin, dass seine Kinder ohne ePÄsse oder Visa nicht über San Francisco zurückfliegen konnten.

Für eine Einreise in die USA brauchen auch minderjährige Kinder seit April 2016 grundsätzlich einen elektronischen Reisepass (ePass mit Chip). Ohne ePass müssen sie förmlich ein Visum beantragen. Da die Kinder weder Visa noch ePässe besaßen, trat der Kläger von der Reise zurück und klagte vor dem LG Frankfurt auf Rückerstattung des Reisepreises.

Reiserechtskammer: Information des Veranstalters über Einreisevoraussetzungen unzureichend

Seine Klage hatte vor der Reiserechtskammer des LG Frankfurt am Main hatte Erfolg. Nach Auffassung der Kammer muss der Reiseveranstalter den Reisenden bei der Buchung einer Auslandsreise ungefragt über die Einreisebestimmungen im jeweiligen Durchreise- oder Zielland informieren. Dies gilt auch bei Reiseänderungen und hierzu gehören auch Hinweise auf die Pass-, VisumsRegelungen – und zwar so zeitig, dass der Reisende die erforderlichen Dokumente noch erhalten kann. Die vorliegende pauschale Mitteilung, nach der die Transitbedingungen für die USA und Kanada zu beachten sind, reicht der Kammer zufolge nicht aus. Da es dem Kläger zeitlich nicht mehr möglich war, ePässe und ESTA-Genehmigungen bzw. Visa für beide Kinder zu erhalten, war die Klage begründet. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: PM des LG Frankfurt am Main vom 25.07.2023 zum Urteil vom 15.03.2023 – 2-24 O 102/22

Haftet der Veranstalter für das Wetter?

In dem Streitfall 2-24 O 102/22 ging es um eine einwöchige Pauschal-Rundreise der Klägerin für sich und ihren Partner nach Ecuador zu einem Gesamtpreis von etwa 18.000 EUR. Nach ihrer Rückkehr verlangte sie eine Minderung von rund 6.000 EUR. Ihre Begründung: Bei einer Wanderung um einen nach der Reiseankündigung „traumhaft schönen Kratersee“ war der See wegen Nebels nicht zu sehen. Zudem hätten bei einer Fahrt durch die Westkordilleren Starkregen und Nebel die Aussicht auf die Landschaft verhindert. Ebenso konnte während einer zweitätigen Durchquerung des Dschungels am Amazonas nichts von der versprochenen Tierwelt geshen werden und auch eine Fledermaushöhle war wegen Überflutung nicht zu erreichen.

Weiterhin gab es in einem Hotel kein warmes Wasser und bei einer späteren mehrtätigen Fahrt auf einem Katamaran sei der Lärm durch einen defekten Generator so stark gewesen, dass die Reisenden während der zweiten Nacht an Deck schliefen. Der Katamaran ankerte dann auch nicht in Santa Cruz, sondern in Baltra. Schließlich sei ein Tagesausflug ausgefallen.

Reiserechtskammer: Veranstalter muss nicht über Regenzeit in Ecuador informieren

Die Reiserechtskammer gab der Klage nur teilweise statt. So habe der Reiseveranstalter nicht darauf hinweisen müssen, dass im Dezember in Ecuador Regenzeit herrscht. Dies hätte die Klägerin schon durch eine einfache Internetrecherche erkennen können. Zudem seien Wetterbedingungen nicht Leistungsbestandteil der gebuchten Reise. Allerdings erkannte die Reisekammer folgende Minderungen an:

  • 10 % des Tagesreisepreises für den ausgefallenen Besuch der Fledermaushöhle,
  • 20 % des Tagesreisepreises für das fehlende warme Wasser im Hotel,
  • 30 % für den Lärm auf dem Katamaran
  • und 40 % für den ausgefallenen Ausflug sowie die Anfahrt von Baltra anstatt der Fahrt nach Santa Cruz.
In der Summe bewertete die Kammer die Reduzierungen der Tagesreisepreise mit insgesamt 800 EUR und verurteilte den beklagten Reise zu einer entsprechenden Zahlung. Die Entscheidung  ist nicht rechtskräftig.

Quelle: PM des LG Frankfurt am Main vom 25.07.2023 zum Urteil vom 15.03.2023 – 2-24 O 102/22

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Downgrade von Business Class auf Econmy Class als Rücktrittsgrund?


In dem Verfahren 2-24 O 96/22 buchte der für seine Ehefrau und sich eine einwöchige Rundreise nach Kanada zu einem Gesamtpreis von 9.500 EUR. Dabei machte der Direktflug von Frankfurt nach Toronto in der Business Class einen Aufpreis etwa 3.000 EUR pro Person aus. Die beklagte Reiseveranstalterin übersendete Ende August 2022 die Reiseunterlagen, in denen die Abflugzeiten und eine Freigepäcksgrenze von 23 kg pro Person benannt wurden. Zudem bat sie um Überprüfung der Angaben. Als sich beim „Online-Checkin“ herausstellte, dass die Business Class usgebucht und die Reiseveranstalterin aus Versehen Economy-Flüge gebucht hatte, bot sie ihm an, den Aufpreis für die Business-Class-Plätze zurückzuzahlen. Dies lehnte der Kläger ab, trat von der Reise zurück und verlangte die Rückzahlung des gesamten Reisepreises. Später erstatte ihm die Reiseveranstalterin etwa 7.000 EUR.

Reiserechtskammer: Downgrade verändert wesentliche Eigenschaft der Reise

Seine Klage auf Zahlung von weiteren rund 4.800 € vor der Reiskammer des LG Frankfurt am Main hatte Erfolg. Nach Auffassung der Kammer war der Rücktritt des Klägers berechtigt, weil sich aufgrund des Downgrades auf die Economy Class nachträglich eine wesentliche Eigenschaft der gebuchten Reise verändert hatte. Schon der Aufpreis für die Business Class machte einen Mehrpreis von über 70 Prozent der Reiseleistungen pro Person aus. Zudem sollte die Reise nur acht Tage dauern, sodass allein die An- und Abreise rund ein Viertel der gesamten Zeit betrug. Hierdurch wurde der Erholungszweck erheblich beeinträchtigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: PM des LG Frankfurt am Main vom 25.07.2023 zum Urteil vom 09.03.2023 – 2-24 O 96/22


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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht