Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Fehler im Zwangsversteigerungsverfahren können zur Aufhebung des Zuschlags führen (Foto: Grüner /stock.adobe.com)
Fehlerhafte Zwangsversteigerung eines Grundstücks und die Folgen

OLG Brandenburg zu den Pflichten des Ersteigerers eines Grundstücks bei fehlerhafter Zwangsversteigerung

ESV-Redaktion Recht
05.07.2023
Zwangsversteigerungen von Grundstücken unterliegen zwar einem strengen staatlichen Verfahren, dennoch können auch diese fehlerhaft sein – mit fatalen Folgen für den Ersteigerer. Dies zeigt ein aktuelles Urteil des Brandenburgischen OLG, auch als OLG Brandenburg bekannt.
In dem Streitfall war der Kläger seit 1993 als Eigentümer eines Grundstückes in Rangsdorf mit einer Größe von etwa 1.000 m2 eingetragen. Im Jahr 2010 wurde das Grundstück zwangsversteigert. Den Zuschlag in dem Verfahren, das das AG Luckenwalde durchführte, erhielt die Beklagte, die dann auch als Grundstückeigentümerin eingetragen wurde. Gemeinsam mit ihrem Ehemann – dem weiteren Beklagten – errichtete sie anschließend auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, in das sie im August 2022 mit ihrer Familie einzog.
 
Anlässlich einer Beschwerde des Klägers hob das LG Potsdam den Zuschlag aus dem benannten Zwangsversteigerungsverfahren im Jahr 2013 aber auf. Der Grund: Der Zuschlag in dem Verfahren wurde fehlerhaft erteilt und verletzte die Rechte des Klägers. Zwar wehrte sich das Ehepaar gegen die Aufhebung des Zuschlags – ihre Rechtsbehelfe blieben aber ebenso wie eine Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg.
 
In dem Verfahren vor dem OLG Brandenburg beantragte der Kläger dann die
 
  • Eintragung als Eigentümer im Grundbuch,
  • Räumung und Herausgabe des Grundstücks,
  • Beseitigung des auf dem Grundstück errichteten Hauses,
  • Löschung einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld
  • sowie weiterhin eine Nutzungsentschädigung. 
Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.

 

OLG Brandenburg: Schutzwürdiges Interesse des Klägers, sein Grundstück unbebaut zurückzuerhalten, überwiegt

Der 5. Zivilsenat des OLG Brandenburg gab den Anträgen der Kläger überwiegend statt. Demnach müssen die Beklagten das Grundstück mit einer Frist von einem Jahr räumen und an den Eigentümer herausgeben. In diesem Zuge müssen sie auch das Haus auf dem Grundstück beseitigen, die Löschung einer Grundschuld veranlassen und einen Nutzungsersatz von etwa 6.000 EUR zahlen. Die tragenden Erwägungen des Senats:
 
  • Rechtskräftige Aufhebung des Zuschlags bindend: Die rechtskräftige Entscheidung des LG Potsdam, das den Zuschlag aus der Zwangsversteigerung aufhob, sah auch der Senat für sich als bindend an. Folglich hatte der Kläger als wahrer Eigentümer des Grundstücks Ansprüche auf Räumung und Herausgabe gegen die Beklagten. 
  • Kein Besitzrecht der Beklagten: Der Senat sah auch kein Besitzrecht der Beklagten.
  • Kein Verstoß gegen Treu und Glauben: Ebensowenig greift vorliegend der Grundsatz von Treu und Glauben. Zwar sind die Auswirkungen für die Beklagten und ihre Familie gravierend, so der Senat hierzu. Allerdings habe der Kläger bei den Beklagten kein Vertrauen in die Wirksamkeit des Erwerbs des Grundstücks erweckt. Vielmehr hätten die Beklagten ihr Vertrauen ausschließlich in den staatlichen Akt der Versteigerung gesetzt, verbunden mit dem Zuschlag, führt der Senat hierzu weiter aus.
  • Keine Schikane des Klägers: Als Eigentümer des Grundstücks konnte der Kläger auch die Beseitigung des neu errichteten Wohnhauses verlangen, denn er hat ein schutzwürdiges Interesse dran, sein Grundstück unbebaut zurückzuerhalten. Dies gilt auch dann, wenn damit für die Beklagten hohe Kosten einhergehen.
  • Nutzungsentschädigung: Schließlich müssen die Beklagten für die Nutzung des Grundstücks eine Nutzungsentschädigung zahlen. Insoweit hielt der Senat einen Betrag von insgesamt 6.041,67 EUR für angemessen.


Aber: Ansprüche der Beklagten unter den Aspekten der Amts- oder Staatshaftung denkbar

Abschließend betonte der Senat aber, dass die vergeblichen Aufwendungen der Beklagten für das Haus „nicht losgelöst von möglichen Ersatzansprüchen aus Amts- oder Staatshaftung“ gesehen werden können.
 
Quelle: PM des Brandenburgischen OLG (OLG Brandenburg) vom 29.06.2023 zum Urteil vom selben Tag – 5 U 81/20


Update

Fehlerhafte Zwangsversteigerung eines Grundstücks 03.08.2023
Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil des Brandenburgischen OLG beim BGH eingegangen

Die fehlerhafte Zwangsversteigerung eines Grundstücks, auf dem die Ersteigerer anschließend ein Haus gebaut hatten, führte nach einem Urteil des Brandenburgischen OLG dazu, dass die Ersteigerer das Grundstück zurückgeben müssen – und zwar unbebaut. Das OLG hatte die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Nun zog das Ehepaar mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor den BGH. mehr …



Handbuch Immobilienrecht

Ein verlässlicher Partner im Immobilienrecht, der eine Grundlage für kluge Entscheidungen bietet: Der Schreiber/Ruge (Hrsg.) behandelt konsequent das, was für Sie in der täglichen Arbeitspraxis relevant und wichtig ist. In 18 übersichtlichen Kapiteln, meinungsstark und sehr gut verständlich. Das Berliner Handbuch Immobilienrecht - in 4. Auflage!

Die Autoren sind allesamt versierte und auf ihrem jeweiligen Fachgebiet anerkannte Experten. Sie kommen den Ansprüchen der Praxis nach pragmatischen Lösungsansätzen entgegen, ohne dabei wissenschaftliche Aspekte zu vernachlässigen.

  • Grundstücksrecht, Kreditsicherung, Grundbuchrecht, steuerrechtliche Bezüge und Zwangsvollstreckungsrecht sind in grundlegenden Beiträgen zu den jeweiligen Teilrechtsgebieten dargestellt, die auch Zugriff auf aktuelle Rechtsprechung und Literatur zu Einzelfragen eröffnen.
  • Mietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Maklerrecht werden wegen ihrer aktuellen Brisanz bzw. neuen, in Fachkreisen zurzeit vieldiskutierten Gesetzgebungsvorhaben in vertiefenden Beiträgen behandelt.
  • NEU: Der Wertermittlung von Immobilien widmet sich das in der 4. Auflage hinzugekommene Kapitel 18, weil das Thema in vielfältigen juristischen Bezügen von großer praktischer Bedeutung ist und dennoch für viele eine Terra incognita.
  • Öffentliches Baurecht und das Enteignungsrecht mit seinen verfassungsrechtlichen Bezügen werden neben dem privaten Immobilienrecht ebenfalls erörtert.

Fazit: In der sich rasch ändernden Landschaft des Immobilienrechts ist das Handbuch für alle Praktiker eine nützliche Arbeitshilfe und in seiner Art und Form konkurrenzlos!

Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht


(ESV(bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht