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OLG Düsseldorf: Postings von Kinderfotos in sozialen Medien können erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben (Foto: Urupong.stock.adobe.com)
Postings von Kinderfotos im Netz

OLG Düsseldorf: Die Veröffentlichung von Kinderfotos in sozialen Medien setzt die Einwilligung beider Elternteile voraus

ESV-Redaktion Recht
24.08.2021
Nicht selten posten Eltern Bilder von ihrem Nachwuchs auf Instagram oder anderen sozialen Netzwerken. Doch was ist, wenn die Eltern getrennt leben. Reicht für den Upload die Einwilligung eines sorgeberechtigten Elternteils aus? Hierüber hat das OLG Düsseldorf vor kurzem entschieden.
Auslöser des Streits waren Fotos von zwei Töchtern eines getrennt lebendes Ehepaares. Die neue Lebensgefährtin des Vaters hatte die Fotos mit dessen Einverständnis auf Instagram und Facebook hochgeladen, um ihren Friseursalon zu bewerben. Die Fotos bilden die Töchter beim Haareschneiden ab. Nachdem die Mutter hiervon erfuhr, forderte sie von der Lebensgefährtin die Löschung der Fotos und die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Das lehnte die Lebensgefährtin nicht nur ab, sondern sie lud noch weitere Fotos von den Kindern hoch. Ebenso lehnte der Vater es ab, das Anliegen seiner (Noch-)Ehefrau zu unterstützen. Allerdings hatte auch die Mutter vorher Fotos der Kinder in den sozialen Medien veröffentlicht – und zwar ebenfalls ohne Einverständnis des Vaters.

Aufgrund der Weigerung beantragte die Kindesmutter schließlich eine einstweilige Anordnung vor dem AG Düsseldorf. Das AG hörte die Mutter an und übertrug dieser nach § 1628 und § 1697a BGB das alleinige Sorgerecht für den außergerichtlichen und gerichtlichen Streit mit der Lebensgefährtin. Den Kindesvater hörte das AG Düsseldorf dabei nicht an.

Kindesvater: Fotos verletzen Kinder in ihrer Persönlichkeit nicht

Als Reaktion auf den Beschluss des AG entfernte die Lebensgefährtin die Fotos. Allerdings sah der Vater der beiden Töchter sein rechtliches Gehör verletzt. Deswegen zog er mit einer Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung vor das OLG Düsseldorf. Zudem zeigen die Fotos nach seiner Auffassung eine Normalität, die die Kinder in keiner Weise in deren Persönlichkeit verletzen.
 

OLG Düsseldorf: Beide Elternteile müssen der Veröffentlichung zustimmen

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Der 1. Senat des OLG Düsseldorf für Familiensachen wies diese als unbegründet zurück. Bei seiner Entscheidung ging der Senat zunächst auf die Frage ein, ob die Ausgangsinstanz der Mutter das alleinige Sorgerecht für die Angelegenheit übertragen durfte. Die tragenden Gründe des Senats:
 
  • Erheblichkeitsschwelle von § 1628 BGB erreicht: Der Senat sieht in der Veröffentlichung von Kinderfotos in den sozialen Medien eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 1628 BGB. Demnach können die Posts Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Da die Bilder einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden, können diese unkontrolliert weiterverbreitet werden. Auch eine Löschung, so der Senat weiter, ist kaum möglich. Daher besteht die Möglichkeit, dass die Kinder stets mit diesen Bildern konfrontiert werden. Dies könne die Integrität der Persönlichkeit der Kinder und ihrer Privatsphäre spürbar tangieren, so dass die Erheblichkeitsschwelle von § 1628 BGB erreicht ist, so der Senat weiter.

  • Mutter besser geeignet, dem Kindeswohl Rechnung zu tragen: Ausgangspunkt der weiteren Erwägungen der Richter am OLG Düsseldorf ist das Kindeswohl. Demnach ist die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil zu übertragen, dessen Vorschlag dem Kindeswohl am besten entspricht. Vor diesem Hintergrund bot die Kindesmutter nicht nur die bessere Gewähr dafür, im Sinne des Wohls der Kinder über die weitere Verbreitung der Fotos zu entscheiden. Gegen den Vater sprach dem Senat zufolge auch, dass er sich geweigert hatte, an der Unterbindung der Postings mitzuwirken. Damit hatte er auch die gesetzlichen Einwilligungserfordernisse nicht respektiert.
  • Zustimmung beider Eltern notwendig: Dem OLG zufolge ist die einseitige Veröffentlichung der Fotos auch unzulässig. Dies leitet das Gericht zunächst aus § 22 Sätze 3 und 4 KUG her. Demnach ist für die Verbreitung eines Bildes von einem Kind die Einwilligung von beiden sorgeberechtigten Elternteilen notwendig. Ebenso setzt Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 a) DSGVO die Einwilligung beider sorgeberechtigter Eltern als Träger der elterlichen Verantwortung voraus.
  • Anhörung des Vaters entbehrlich: Die Anhörung des Kindesvaters vor dem Amtsgericht war für die gerichtliche Entscheidung nicht erforderlich, da dieser sich schon schriftlich geäußert hatte, so der 1. Familiensenat des OLG Düsseldorf hierzu.
Auch den Einwand des Vaters, dass seine von ihm getrennt lebende Ehefrau ebenfalls ohne seine Einwilligung Fotos von den Kindern gepostet hatte, ließen die Düsseldorfer Richter nicht gelten. Demnach ist für das vorliegende Verfahren allein dessen konkrete Angelegenheit entscheidend. Deren Gegenstand ist ausschließlich die Verbreitung von Bildern der Kinder durch die Lebensgefährtin des Vaters und die Auseinandersetzung. Den Beschwerdewert hatte das OLG auf 2.000 Euro festgesetzt.



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(ESV/bp)

 

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht