Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

OLG Frankfurt a.M.: Die Berufsordnung der hessischen Ärztekammer schützt nicht den Testierenden (Foto: Jeanette Dietl / stock.adobe.com)
Testierfreiheit

OLG Frankfurt am Main zur Erbeinsetzung eines behandelnden Arztes

ESV-Redaktion Recht
23.01.2024
Kann die Einsetzung eines behandelnden Arztes als Erbe zur Teil-Nichtigkeit eines Testaments führen, weil dies gegen die Berufsordnung der hessischen Ärztekammer verstößt? Mit dieser Frage musste sich das OLG Frankfurt am Main auseinandersetzen.
In dem Streitfall hatte die Erblasserin ihren behandelnden Arzt testamentarisch mehrfach zum Miterben eingesetzt. Weitere Erben sollten Verwandte und Freunde sein. Zuletzt geschah dies im Jahr 2021. Das betreffende Testament legte sie ihrem Arzt vor und bat ihn gleichzeitig um die Bestätigung ihrer Testierfähigkeit. Dementsprechend brachte der Arzt einen entsprechenden Vermerk auf dem Testament an.
 
Nachdem die Erblasserin verstorben war, beantragte unter anderem der Arzt auf Basis dieses Testaments die Erteilung eines Erbscheins.
 
Einer der anderen Miterben hatte das Testament in der Folge im Rahmen des Erbscheinverfahrens angefochten. Seine Begründung: Er sah in der Erbeinsetzung des Arztes einen Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (§ 32 BO-Ä). Demnach soll es Ärzten unter anderem nicht erlaubt sein, sich Vorteile von Patienten versprechen zu lassen oder anzunehmen – vorausgesetzt, es entsteht der Eindruck, dass hierdurch die ärztliche Unabhängigkeit beeinflusst wird.
 
Darüber hinaus zweifelte der Miterbe die Testierfähigkeit der herzkranken und pflegebedürftigen Erblasserin an.
 

AG Kassel: Erbeinsetzung verstößt gegen § 32 BO-Ä

Das Nachlassgericht – AG Kassel – hatte zwei der gestellten Erbscheinsanträge mit Beschluss vom 21.12.2023 (21 W 91/23) zurückgewiesen. Nach Auffassung der Ausgangsinstanz war das Testament von  2021 nichtig, soweit es die Erbeinsetzung des Mediziners betraf. Demnach verstieß die Erbeinsetzung gegen die Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (§ 32 BO-Ä). Gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts zog der Arzt mit einer Beschwerde vor das OLG Frankfurt am Main.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.


OLG Frankfurt am Main: Berufsordnung enthält kein Verbot für den Testierenden

Die Beschwerde hatte Erfolg. Nach Auffassung des OLG ist die Erbeinsetzung des Arztes wirksam. Die wesentlichen Überlegungen der Beschwerdeinstanz:
 
  • Berufsordnung der Landesärztekammer ist zwar Verbotsgesetz: Die Berufsordnung der Landesärtzekammer ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB.
  • Aber kein Schutz für Verfasser von Testamenten: Allerdings ist die Regelung verfassungskonform auszulegen. So erstreckt sich der Schutzbereich von § 32 BO-Ä nicht auf den Testierenden –  im Gegensatz zu vergleichbaren Verbotsnormen in der Pflege in Heimen. Vielmehr wendet sich die berufsständische Norm in erster Linie an den behandelnden Arzt als Mitglied der Ärztekammer und enthält kein Verbot für den Testierenden. Eine Auslegung als Testierverbot wäre dem OLG zufolge ein unangemessener Eingriff in die Testierfreiheit, die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, so das OLG Frankfurt weiter.
  • Keine Anzeichen für Testierunfähigkeit: Auch konkrete Anzeichen für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin sah das OLG Frankfurt nicht.
Die Rechtsbeschwerde zum BGH hat das OLG aber zugelassen, weil der Schutzbereich der streitgegenständlichen Berufsordnung bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, so das Gericht abschließend.

Quelle: PM des OLG FRankfurt am Main vom 03.01.2024 zum Beschluss vom 21.12.2023 – 21 W 91/23


juris Erbrecht

Alles, was in der Erbrechtspraxis wichtig ist, praxisorientiert auf den Punkt gebracht! Von der Testamentsgestaltung über lebzeitige Vorsorge bis zur steuerlich optimalen Vermögensübertragung.

juris Erbrecht enthält folgende Werke aus dem Erich Schmidt Verlag:

  • ErbStG, Kommentar, von Prof. Dr. Klaus Tiedtke (Hrsg.)
  • Der Verlust der Erbschaft von Prof. Dr. Walter Zimmermann
  • Die Erbengemeinschaft von Sebastian Ruhwinkel
  • Die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten von Dr. Norbert Joachim
  • Die Testamentsvollstreckung von Prof. Dr. Walter Zimmermann
  • Erbschein – Erbscheinsverfahren – Europäisches Nachlasszeugnis von Prof. Dr. Walter Zimmermann
  • Handbuch des Erbrechts von Prof. Dr. Rainer Hausmann, Prof. Dr. Gerhard Hohloch (Hrsg.)
  • Pflichtteilsrecht von Dr. Norbert Joachim und Niels Lange
  • Das neue Stiftungsrecht von Dr. Erich Theodor Barzen
Jetzt gratis testen: Lernen Sie juris Erbrecht für 4 Wochen kostenlos, unverbindlich und ohne Risiko kennen.

Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 


(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht