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OLG Frankfurt a.M.: Die Überwachung des bewegten Verkehrs ist hoheitliche Aufgabe (Foto: Countrypixel – stock.adobe.com)
Verkehrsrecht

OLG Frankfurt a.M. hält Überwachung des bewegten Verkehrs durch private Dienstleister für rechtswidrig

ESV-Redaktion Recht
18.11.2019
Seit geraumer Zeit lassen Gemeinden den beweglichen Verkehr auch durch private Unternehmen überwachen. Somit ergehen bei Geschwindigkeitsverstößen Bußgeldbescheide, die auf Messungen von Privatpersonen basieren. Diese Praxis hat nun das OLG Frankfurt beanstandet – möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen.
In dem Streitfall hatte der gemeinsame Ordnungsbehördenbezirk der Gemeinden Freigericht und Hasselroth die Geschwindigkeit eines Autofahrers durch den Zeugen B messen lassen. Dieser war Angestellter einer privaten GmbH. Gegen den anschießenden Bußgeldbescheid des zuständigen Regierungspräsidiums – wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften – wehrte sich der Betroffene mit einem Einspruch.

Grundlage der Messung war ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (AÜV) zwischen der Gemeinde und der privaten Dienstleisterin. Gegenstand des Vertrages waren unter anderem die Erstellung von Geschwindigkeitsprotokollen und Messberichten, sowie die Unterstützung bei der allgemeinen Datenverarbeitung.  

AG Gelnhausen: Verkehrsüberwachung ist hoheitliche Aufgabe

Die Vorinstanz hatte den Betroffenen freigesprochen. Nach Auffassung des Amtsgericht (AG) Gelnhausen ist die Überwachung des bewegten Verkehrs eine hoheitliche Aufgabe. Die Folge: Auch die hierauf basierenden Verwarn- und Bußgelder sind rechtwidrig. Gegen die Entscheidung des AG legte die Staatsanwaltschaft Hanau Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ein.

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OLG Frankfurt a. M.: Überwachung des fließenden Verkehrs ist Kernaufgabe des Staates

Die Beschwerde blieb ohne Erfolg. Nach dem Beschluss des OLG Frankfurt a. M. schützt die Überwachung des fließenden Verkehrs das Leben und die Gesundheit der Bürger, die am Verkehr teilnehmen. Als hoheitliche Aufgabe, folgt die Überwachung unmittelbar aus dem Gewaltmonopol des Staates und berechtigt diesen, bei Verstößen auch mit Bußgeldern zu reagieren. Damit ist diese Aufgabe dem Beschluss zufolge ausschließlich Hoheitsträgern übertragen, die in einem Treueverhältnis zum Staat stehen. Die weiteren Überlegungen des OLG:
  • Keine Rechtsgrundlage für Bußgeldbescheid: Da eine private Person die Geschwindigkeiten gemessen hatte, fehlte dem Bußgeldbescheid  die Rechtsgrundlage.
  • Bürgermeister zwar als Ortspolizei zuständig: Zwar ist der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde für die Verkehrsüberwachung zuständig. In dieser Funktion ist er auch als Teil der Polizei unmittelbar der Dienst- und Fachaufsicht des Innenministeriums unterworfen.
  • Aber: Überwachung nur durch eigene Bedienstete: Dennoch dürfen nur eigene Bedienstete mit entsprechender Qualifikation den Verkehr überwachen. Der Zeuge B war unstreitig kein Bediensteter der Gemeinde.
Das OLG Frankfurt a.M. hat damit seinen Beschluss zur Unzulässigkeit der privaten Verkehrsüberwachung vom 26.04.2017 – 2 Ss-OWi 295/17 –bestätigt. Bemerkenswert ist, dass die Generalstaatsanwaltschaft dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbescherde beigetreten ist und beantragt hatte, die zulässige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Weitere Auswirkungen 

Aus diesen Gründen, so die Frankfurter Richter weiter, sind sämtliche Verkehrsüberwachungen des gemeinsamen Ordnungsbehördenbezirks der Gemeinden Freigericht und Hasselroth seit dem 23.3.2017 rechtswidrig. Dies gilt dem OLG zufolge ebenso für die Gemeinden Brachttal und Nidderau. Der Zeuge B hatte dort unter den gleichen Bedingungen gemessen.

Wie das Gericht zudem mitteilte, wird es sich demnächst wohl auch mit der privaten Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr befassen. Diese Fälle betreffen die Stadt Frankfurt am Main, in denen insoweit allein im Jahr 2018 etwa 600.000 Verkehrsverstöße festgestellt wurden.

Quelle: PM OLG Frankfurt am Main vom 12.11.2019 – zum Beschluss vom 6.11.2019 – 2 Ss-OWi 942/19

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