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Reiseportal kann auch für Angaben von Fluggesellschaft haften (Foto: Tomasz Zajda/Fotolia.com)
Reiserecht

OLG München: Haftungsfreizeichnung von Reiseportal „weg.de“ teilweise unwirksam

ESV-Redaktion Recht
19.04.2018
Reiseportale sind aus dem Internet nicht mehr wegzudenken. Doch inwieweit kann sich der Portalbetreiber von der Haftung für falsche Beschreibungen der Reiseleistungen auf seinen Web-Seiten freizeichnen? Hierzu hat sich vor kurzem das Oberlandesgericht (OLG) München geäußert.
Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv). Die Verbraucherschützer störten sich daran, dass das beklagte Reiseportal „weg.de“ nach Auffassung des Bundesverbandes über seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Haftung für falsche oder irreführende Beschreibung der Reiseleistungen auf seiner Internetseite ausschließen wollte. Der Verband hielt die AGB des beklagten Portals insoweit für unwirksam und klagte auf Unterlassung. Betrieben wird das Portal von der Comvel GmbH.

Beklagte: Angaben auf Portal sind keine eigenen Zusagen des Vermittlers

Unter der Überschrift „Haftungsbeschränkungen“ hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Angaben zu den vermittelten Reiseleistungen ausschließlich auf Informationen der Leistungsträger basieren. Diese Angaben sollten keine eigenen Zusagen des Vermittlers gegenüber dem Reiseteilnehmer sein.

AGB der Beklagten im Wortlaut: Haftungsbeschränkungen 
10.1. Angaben über vermittelnde Beförderungen oder andere touristische Leistungen beruhen ausschließlich auf den Angaben der verantwortlichen Leistungsträger Comvel gegenüber. Sie stellen keine zugesicherten Eigenschaften von Comvel gegenüber dem Reiseteilnehmer dar.

Kläger: Reiservermittler darf Haftung nicht völlig ausschließen

Nach Auffassung des klagenden Verbandes hingegen kann sich ein Portalbetreiber nicht vollkommen von der Haftung für Angaben des Reiseveranstalters befreien.

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OLG München: Genereller Haftungsausschluss unzulässig

Der 29. Zivilsenat der Oberlandesgerichts (OLG) München schloss sich der Meinung der Verbraucherschützer an. Danach kommt trotz der benannten AGB eine Haftung des Portals in Betracht, wenn der Portalbetreiber die falschen Angaben zu verantworten hat.

Damit sah der Senat den Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1 UklaG in Verbindung mit § 307 Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1 BGB als gegeben an.

Im Wortlaut: § 307 Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1 BGB – Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
  1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder (…)

Die wesentlichen Überlegungen des Gerichts:
  • Kein genereller Haftungsausschluss: Die streitgegenständliche AGB-Klausel ist dem OLG zufolge so auszulegen, dass die Kunden bei unrichtigen Angaben zu den vermittelten Reisen keinerlei Schadenersatzansprüche gegen den Vermittler geltend machen können. Dieser generelle Haftungsausschluss, so die Richter aus München weiter, wäre mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar.
  • Vermittlung von Reisen ist Geschäftsbesorgung: Weiterhin führten die Münchner Richter aus, dass die Vermittlung von Reisen rechtlich eine Geschäftsbesorgung sei. Bei dieser hätten Vermittler bestimmte Sorgfaltspflichten einzuhalten.
  • Portal für Reiseangaben mitverantwortlich: Hat der Vermittler falsche Angaben auf seiner Internetseite zurechenbar verschuldet, muss er dem Kunden den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Dies, so der Richterspruch weiter, wäre dann der Fall, wenn er Angaben eines Reiseveranstalters falsch darstellt oder Informationen wiedergibt, von denen er weiß, dass sie falsch sind.
  • Pflicht zur Korrektur: Wusste der Portalbetreiber also zum Beispiel aufgrund von Kundenbeschwerden, dass eine Hotelbeschreibung des Reiseveranstalters nicht stimmt, muss er die Angaben korrigieren.
Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Quelle: PM des vzbv vom 13.04.2018 zum Urteil des OLG München vom 15.03.2018 – AZ: 29 U 2137/17 (nrkr) - zum Urteil 

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht