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Bei Frühgeburten gibt es besonders hohe Risiken für Netzhautablösungen (Foto: RFBSIP / stock.adobe.com)
Patientenaufklärung und Arzthaftung

OLG Oldenburg zur Arzthaftung bei Erblindung nach Frühgeburt

ESV-Redaktion Recht
23.03.2023
Bei Frühgeburten haben ärztliche Betreuung und Aufklärung für das weitere Leben der Kinder eine enorme Bedeutung. Dies hat das OLG Oldenburg in einem aktuellen Urteil betont, bei dem es um die Erblindung eines Kindes auf einem Auge nach einer Frühgeburt ging.
In dem Streitfall kam das klagende Kind in der 25. Schwangerschaftswoche zur Welt. Dabei bestand ein besonderes Risiko für eine Netzhautablösung, was für alle Frühgeburten gilt. Dementsprechend wurde das Kind bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus drei Monate nach der Geburt auch regelmäßig augenärztlich untersucht.

Im Rahmen der Entlassung empfahl das beklagte Krankenhaus dann eine weitere Kontrolle nach drei Monaten. Allerdings zeigte sich schon nach etwa fünf Wochen eine Netzhautablösung, die letztlich zur vollständigen Erblindung des rechten Auges führte. Auf dem linken Auge ist das Kind hochgradig sehbehindert.
 
Der Kläger sah in der Empfehlung, die Kontrolluntersuchung erst drei Monate nach der Entlassung vornehmen zu lassen, einen Aufklärungsfehler und verklagte die Klinik auf Schmerzensgeld und Schadensersatz.
 

Ausgangsinstanz: Keine Kausalität zwischen spätem Kontrolltermin und Netzhautablösung

In erster Instanz – vor dem LG Oldenburg – hatte die Klage keinen Erfolg. Demnach gab es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem späten Kontrolltermin und der Netzhautablösung. Daraufhin zog der Kläger mit einer Berufung vor das OLG Oldenburg.

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OLG Oldenburg: Fehlerhafte Sicherungsaufklärung

Der 5. Senat des OLG Oldenburg folgte der Ansicht der Vorinstanz nicht. Vielmehr sah der Senat in der Empfehlung der beklagten Klink, nach der der Kläger erst drei Monate später wieder eine augenärztliche Untersuchung vornehmen lassen sollte, eine fehlerhafte Sicherungsaufklärung. Die wesentlichen Überlegungen des Senats:
 
  • Erfolgreiche Laserbehandlung bei früherer Nachbegutachtung wahrscheinlich: Dabei stütze sich der Senat auf einen gerichtlichen Sachverständigen, der eine deutlich frühere ärztliche Nachbegutachtung der Netzhaut für angezeigt hielt, die sehr wahrscheinlich eine erfolgreiche Laser-Behandlung ermöglicht hätte.
  • Zur Schadenshöhe: Nach alledem haftet die beklagte Klinik für den entstandenen Schaden in Form von Schmerzensgeld und für einen weiteren Schaden in Höhe von insgesamt 130.000 EUR. Dieser Betrag überschritt die vom Kläger geltend gemachte Forderung um 50.000 EUR. Dabei berücksichtigte der Senat vor allem, dass der Kläger sein Leben lang auf Hilfen angewiesen sein wird, die nicht über die Sozialversicherungsträger gedeckt sind.
Das OLG Oldenburg hat die Revision zum BGH allerdings zugelassen. Der Kläger hatte den Prozess im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens geführt. 
 
Quelle: PM des OLG Oldenburg vom 20.03.2023 zum Urteil vom 01.03.2023 – 5 U 45/22


Die Prozesslawine rollt weiter
 

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht