Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

OVG Niedersachsen: Photovoltaikanlagen, die mit dem Denkmalschutz kollidieren, sind, soweit zumutbar, an die Dachfarbe anzupassen – hier ein Symbolbild (Foto: Robert Poorten / stock.adobe.com)
Klimaschutz gegen Denkmalschutz

OVG Lüneburg: Fotovoltaikanlage muss Denkmalschutz Rechnung tragen

ESV-Redaktion Recht
15.06.2023
Die Regeln des Klimaschutzes können nicht nur mit einem komplexen Umweltrecht, sondern auch mit dem Denkmalschutz kollidieren. Dies zeigt ein aktueller Beschluss des Niedersächsischen OVG – auch OVG Lüneburg genannt.
In dem Streitfall überdeckte eine Fotovoltaikanlage –  die der Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses ohne Genehmigung errichtet hatte – große Teile eines Daches an der Seite, die von der Straße abgewandt war. Die Anlage hatte weder eine einheitliche Farbgebung gewählt noch war sie an die Farbe des Daches angepasst. Dies veranlasste die Stadt Goslar dazu, den Abbau der Anlage anzuordnen.
 
Der Eigentümer, der die Beseitigungsanordnung für unverhältnismäßig hält, zog daraufhin mit einem Eilantrag vor das VG Braunschweig. Dabei berief er sich auf das NDSchG, das zugunsten der Nutzung von erneuerbaren Energien auch bei Baudenkmälern gelten soll.
 

VG Braunschweig: Nur geringfügiger Eingriff in denkmalwerte Substanz

Das VG Braunschweig schloss sich der Auffassung des Antragstellers an. Nach seinem Beschuss vom 27.01.2023 (2 B 290/22) fehlt es zwar an der erforderlichen Genehmigung. Dennoch kann die Beseitigung der Anlage nicht verlangt werden, denn diese ist dem VG zufolge nach dem geänderten niedersächsischen Denkmalschutzgesetz offensichtlich genehmigungsfähig. Dabei stützt sich das Gericht auf folgende Überlegungen:
 
  • Rückbau der Anlage prinzipell möglich: Wie § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 2 NDSchG (siehe unten) besagt, kann der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Hauses rückgängig gemacht werden.
  • Keine Beeinträchtigung der Front des Denkmals: Zudem wird nur geringfügig in die denkmalwerte Substanz eingegriffen, denn nach Meinung des VG wird die straßenseitige Front des Denkmals, die besonders gestaltet ist, durch die Anlage nicht beeinträchtigt.
  • Zugehörigkeit des Denkmals zu Weltkulturerbe steht Anlage nicht entgegen: Schließlich steht auch die Zugehörigkeit des Denkmals zum Weltkulturerbe „Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft“ einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der Anlage nicht entgegen.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.

 

OVG Lüneburg: Keine Entscheidung im Eilverfahren

 
Der 1. Senat des OVG Lüneburg folgte den Argumenten der Vorinstanz nicht. Demnach soll die Anlage gerade nicht offensichtlich genehmigungsfähig sein. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Genehmigung zwar grundsätzlich zu erteilen: Zwar ist die Genehmigung nach der Neufassung von § 7 NDSchG bei Baudenkmälern grundsätzlich zu erteilen.
  • Aber – kein Regelfall: Nach Auffassung des Senats liegt aber kein Regelfall vor, weil das Denkmal in der Altstadt von Goslar liegt, die als UNESCO-Weltkulturerbe besonders geschützt ist.
  • Umfassende Einzelfallprüfung: Deshalb hält der Senat eine umfassende Prüfung des Einzelfalls für erforderlich, die nicht im Eilverfahren durchzuführen ist. 
  • Interessenabwägung: In dem nachzuholenden Genehmigungsverfahren sind das öffentliche Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals und das private Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien gegeneinander abzuwägen. Hierbei ist dem Senat zufolge das Ziel des Klimaschutzes, das der Gesetzgeber vor Augen hatte, zwar besonders zu berücksichtigen. Allerdings müsse der Denkmaleigentümer die Anlage so gestalten, dass sie an ihrem konkreten Standort auch dem Denkmalschutz Rechnung trägt.
  • Anlage ist an Dachfarbe anzupassen: Insoweit meint der Senat, dass Fotovoltaikanlagen einfarbig sein müssen und – soweit möglich – der Dachfarbe anzupassen sind. Der mit einer solchen Gestaltung verbundene Mehraufwand muss jedoch zumutbar bleiben, so das OVG abschließend.
Der Beschluss des OVG Lüneburg ist unanfechtbar.

Quelle: PM des OVG Lüneburg vom 12.06.2023 zum Beschluss vom 08.06.2023 – 1 ME 15/23


Grundzüge des Klimaschutzrechts

Klimaschutzrecht auf einen Blick

Beispiellose geopolitische Krisenlagen, damit verbundene Energieversorgungsrisiken und der immer drängendere Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft fordern das zukunftsentscheidende Recht des Klimaschutzes täglich neu heraus.

Die wichtigsten Entwicklungen, Spannungsfelder und Einzelfragen des Klimaschutzrechts stellt Ihnen die Einführung von Walter Frenz prägnant zusammen. In einem umfassenden Bild, das alle rechtlichen Ebenen berücksichtigt und zueinander gut verständlich in Bezug setzt. Im Fokus der rundum aktualisierten 3. Auflage stehen u.a.:

Internationale Ebene

  • Beschlüsse der Klimakonferenz von Scharm El-Scheich 2022 und weitere Klimaabkommen im Überblick
  • Haftung und Umgang mit grenzüberschreitenden Klimaschäden
  • Wege zu einem internationalen Emissionshandel

Europäische Ebene

  • EU-Klimagesetz, EU-Klimapaket, Green Deal der EU-Kommission
  • Geplante Verschärfungen des EU-Emissionshandelssystems
  • Weiterentwicklung der EU-Energieeffizienzrichtlinie
  • Das CO2-Grenzausgleichssystem in Europa
  • Weitere Beschlusslagen etwa zur ausschließlichen Zulassung von Elektroautos

Nationale Ebene

  • Bundes-Klimaschutzgesetz und Implikationen der BVerfG-Klimabeschlüsse
  • Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme bereits stillgelegter Kohlekraftwerke (Lützerath)
  • Brennstoffemissionshandel nach BEHG und die Einbindung der Abfallverbrennung ab 2024
  • Forcierter Windkraftausbau und Konflikte etwa mit dem Artenschutz
  • Luftreinhaltepläne und Dieselfahrverbote im Kontext aktueller EuGH-Rechtsprechung
  • Unternehmerische CO2-Reduktionspflichten und Produktionsbeschränkungen?

Für den schnellen Überblick sind wichtige Textpassagen optisch hervorgehoben. Am Ende jedes Kapitels stehen zudem nochmals pointiert die Kernsätze.

Inklusive Add-on mit Updates: Ein digitales Add-on berücksichtigt die rasante Dynamik und bietet neben zahlreichen Multiple-Choice-Fragen, Vorschriftentexten, Gerichtsentscheidungen und anderen Dokumenten auch Updates zu aktuellen Entwicklungen wie dem Ökostromausbau und dem Kohleausstieg.

„Wer sich einen Überblick über den aktuellen Stand des Klimaschutzrechts verschaffen möchte oder einen Einstieg in Einzelfragen sucht, sollte zu den Grundzügen des Klimaschutzrechts greifen.“

Rechtsanwalt Prof. Dr. Alexander Schink, Staatssekretär a.D. zur Vorauflage in: Umwelt- und Planungsrecht (UPR), 4/2022

Kommen Sie zum Berliner Klimaschutztag 2024: Treffen Sie Professor Dr. Walter Frenz als Referent des Berliner Klimaschutztags am 13.03.2024 in Berlin und online. Zu Tagungsprogramm und Anmeldung: www.ESV-Akademie.de/klima2024.


Im Wortlaut: § 7 NDSchG* – Grenzen der Erhaltungspflicht  (Auszug) 
2) 1 Ein Eingriff in ein Kulturdenkmal ist zu genehmigen, soweit
 
[…]
 
3. das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt, oder
 
[…]
 
2 Das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien nach Satz 1 Nr. 3 überwiegt in der Regel, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird.
 
*In der Fassung vom 23. September 2022
  
Klimaschutztag des Erich Schmidt Verlags 28.03.2023
Prof. Dr. Müggenborg: „Die Abkürzung von Genehmigungsverfahren ist dringend geboten“

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Klimaschutzgesetz ein Rechtsgebiet etabliert, das mit einem sehr ausdifferenzierten Umweltrecht kollidieren kann, denn die wechselseitigen Bezüge sind nicht immer eindeutig. Auch Unternehmen müssen sich dieser Herausforderung stellen. Ein Grund für die ESV-Akademie, im Rahmen ihres Klimaschutztages am 24.03.2023 einige Rechtsexperten zu Wort kommen zu lassen. Hier ein Tagungsbericht der ESV-Redaktion. mehr …


(ESV/bp)
 

Programmbereich: Energierecht