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OVG Lüneburg: Vollzugsbeamte, die im Dienst gravierende Straftaten mit einem Bezug zum Statusamt begehen, sind aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen – Symbolbild (Foto: Frank Middendorf / stock.adobe.com)
Disziplinarrecht

OVG Lüneburg: Illegale Videos von Gefangenen rechtfertigen Entfernung eines JVA-Beamten aus dem Dienst

ESV-Redaktion Recht
08.05.2025
Ist ein Justizvollzugsbeamter, der einen Gefangenen in einer hilflosen Lage filmt und darüber hinaus – unabhängig davon – eine illegale Schusswaffe besitzt, aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen? Oder reicht eine disziplinarische Zurückstufung aus? Hierüber sind sich das VG Hannover und das OVG Lüneburg nicht einig.
In dem Streitfall wurde ein Vollzugsbeamter wegen des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Zudem wurde er wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs eines Gefangenen zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte unbefugt einen Gefangenen gefilmt, der sich an Händen und Füßen gefesselt auf einem Krankenhausbett befand. Das Video hatte er per WhatsApp zur Belustigung an seine Frau geschickt.  

VG Hannover: Disziplinarische Rückstufung reicht aus


Die Ausgangsinstanz – das VG Hannover – hat den heute 42-jährigen Obersekretär im Justizvollzugsdienst mit Besoldungsgruppe A 7 zurückgestuft. Nach Auffassung des VG wiegen seine dienstlichen Vergehen zwar schwer. Bei der Abwägung ist nach Auffassung des VG aber zunächst zu berücksichtigen, dass der Beamte disziplinarisch bisher unauffällig war und auch ansonsten nicht negativ in Erscheinung trat. Zudem berücksichtige das VG die relativ guten Beurteilungen des Beamten positiv.

Die Waffe habe er sich aufgrund einer Bedrohungssituation besorgt. Er befürchtete einen Überfall des ehemaligen Lebensgefährten seiner Ehefrau. Hinsichtlich des Videos wertete das VG mildernd, dass der Beamte die Aufnahmen ausschließlich an seine Ehefrau verschickt hatte. Zudem, so das VG weiter, war der Gefangene nicht ohne weiteres zu erkennen, weil er eine OP-Maske trug (Entscheidung des VG Hannover vom 20.11.2023 – 18 A 2064/23). Nach einer Berufung durch den Dienstherrn landete sich Sache vor dem OVG Lüneburg.

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OVG Lüneburg: Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in Beamten zerstört


Der 3. Senat des OVG Lüneburg teilte die Einschätzung der Vorinstanz nicht und hat den Beamten aus dem Dienstverhältnis entfernt. Nach Auffassung des Senats rechtfertigen beide oben benannten Vorsatztaten jeweils schon für sich genommen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:

  • Bedrohungslage nicht mehr existent: Die bedrohliche Lage in Bezug auf den ehemaligen Lebensgefährten seiner Ehefrau hatte sich nach den Feststellungen der Strafgerichte nach einiger Zeit beruhigt, sodass es zum Zeitpunkt der Beschlagnahme der Schusswaffe keine Bedrohungslage mehr gab.  
  • Keine Milderungen: Das Video, das den hilflosen Gefangenen zeigte, habe der Beamte nicht nur unbefugt erstellt, sondern auch wenigstens einer dritten Person zugänglich gemacht. Dass diese dritte Person lediglich seine Ehefrau war, rechtfertigt keine mildere Behandlung. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Gesicht des Gefangenen teilweise verdeckt war, meint der Senat hierzu.
  • Statusamt berührt: Der Beamte hat damit zwei gravierende Vorsatzstraftaten im Dienst begangen, die einen Bezug zu seinem Statusamt haben. Damit sind die Vergehen dem Senat zufolge besonders schwerwiegend.
  • Vertrauen zerstört: Nach alledem war der Beamte – bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände – in einem solchem Maße unzuverlässig, dass das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn endgültig zerstört wurde. Deshalb, so der Senat abschließend, war er aus dem Dienst zu entfernen.
Das Urteil des OVG Lüneburg ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden.

Quelle: PM des OVG Lüneburg vom 29.04.2025 zum Urteil vom 28.04.2025 – 3 LD 16/23


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(ESV/bp)

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