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Schwäbische Wirte erfanden in den 1950-iger Jahren die Mischung aus Orangenlimo und Cola (Foto: W. Heiber Fotostudio / stock.adobe.com)
Markenrecht

Paulaner siegt im Rechtsstreit um die Bezeichnung „PAULANER Spezi“ vor dem LG München I

ESV-Redaktion Recht
12.10.2022
Wer im Gasthaus ein „Spezi“ bestellt, erhält typischerweise eine Mischung aus Cola und Orangenlimo. Kreiert hatte die Bezeichnung das Brauhaus „Riegele“ aus Augsburg, aber auch „Paulaner“ nutzt den Begriff seit langer Zeit. Über die Rechtmäßigkeit dieser Nutzung hat nun das LG München I entschieden.
In dem Streitfall hatte die Beklagte, die schwäbische Brauerei Riegele aus Augsburg, mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der damaligen „Paulaner Salvator Thomas-Bräu-AG“, im Jahr 1974 vereinbart, dass Letztere die Bezeichnung „PAULANER Spezi“ nutzen darf. Die Beklagte zweifelte nun an der Rechtsnachfolge und hatte diese Vereinbarung gegenüber der Klägerin gekündigt, um eine neue Vereinbarung auszuhandeln. Hiergegen zog die Klägerin mit einer Feststellungsklage vor das LG München I. Widerklagend verlangte Riegele unter anderem Unterlassung und Schadenersatz aus markenrechtlichen Aspekten.

„Erfunden“ hatten das Erfrischungsgetränk schwäbische Wirte in den 1950-iger Jahren. Diese mischten Orangenlimo mit Cola und nannten das Getränk „Spezi“. Weil das Mischen aber umständlich war, bot Riegele die Mischung mit großem Erfolg in abgefüllten Flaschen an und ließ sich die Bezeichnung schützen. Auch Paulaner bot dann ein Getränk mit dem Namen „Spezi“ an.

Weil schon damals ein Rechtsstreit zwischen Riegele und Paulaner drohte, schlossen die Unternehmen aus Schwaben und München einen Vertrag über die Nutzung der Bezeichnung „PAULANER Spezi“. Diese Nutzung sollte mit einer Einmalzahlung von 10.000 DM der Münchner an die Schwaben abgegolten sein.   

Zahlreichen Medien zufolge produziert Paulaner heute jährlich etwa 1 Million Hektoliter ihres Mischgetränks. Die Beklagte hatte wohl die Absicht mit der Klägerin einen neuen Lizenzvertrag über 4,5 bis fünf Millionen EUR abzuschließen.

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LG München I: Nutzungsvereinbarung wirksam

Die 33. Zivilkammer des LG München I gab dem Feststellungsantrag statt und hat die Widerklage abgewiesen. Demnach ist die Klägerin die Rechtsnachfolgerin der „Paulaner Salvator Thomas-Bräu-AG“. Darüber hinaus ist der Kammer zufolge die Vereinbarung von 1974 wirksam und auch heute noch anwendbar. Die weiteren tragenden Erwägungen der Kammer:
 
  • Vertrag ist Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung: Nach Auffassung der Kammer ist die Vereinbarung von 1974 eine Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung. Insoweit betonte sie, dass die zunächst vorgesehene Überschrift „Lizenzvertrag“ noch vor der Unterzeichnung in „Vereinbarung“ geändert wurde.
  • Endgültige Streitbeilegung beabsichtigt: Darüber hinaus wollten die damaligen Vertragsparteien bestehende Streitigkeiten beilegen und die Klägerin hatte im Vertrauen hierauf erheblich in den Aufbau ihrer Marke investiert. Daher hat sie ein berechtigtes Bedürfnis zur Abgrenzung der Benutzungsbefugnisse für verwechslungsfähige Zeichen. Dies besteht der Kammer zufolge regelmäßig zeitlich unbegrenzt fort.
  • Vertrag nicht ordentlich kündbar: Nach der weiteren Ansicht der Kammer sind markenrechtliche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen nicht ordentlich kündbar, weil die Schutzdauer von eingetragenen Markenrechten durch eine einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängert werden kann.
  • Kein Grund zur außerordentlichen Kündigung: Auch für eine außerordentliche Kündigung durch die Beklagte sah die Kammer keinen Anlass, weil die Klägerin stets unbestritten vertragstreu war. An dieser Stelle betonte das Münchner Gericht, dass der Wunsch der Beklagten an einer Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin rechtlich nicht relevant ist. 
Quelle: PM des LG München I vom 11.10.2022 zum Urteil vom selben Tag – 33 O 10784/21


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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht