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Entschlüsselt die phonetische Transkription: Holger Schmitt (Foto: privat)
Nachgefragt bei PD Dr. Holger Schmitt

„Phonetische Transkription schärft das Bewusstsein für die englische Aussprache“

ESV-Redaktion Philologie
21.03.2025
Obgleich phonetische Transkription für Studierende der englischen Philologie unabdingbar ist, ist sie nicht immer leicht zu verstehen. Welchen Herausforderungen sehen sich Lernende gegenüber und wie lassen sich diese überwinden? Dr. Holger Schmitt geht diesen Fragen auf den Grund und gibt einen Einblick in die Welt der Lautschrift.
In der Reihe Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik ist der Band „Phonetic Transcription. From First Steps to Ear Transcription“ in zweiter Auflage erschienen. Hierin wird das komplexe Themenfeld der Transkription behandelt, für Lernende verständlich heruntergebrochen und durch Übungen ergänzt. Wir haben mit dem Autor Dr. Holger Schmitt gesprochen.
 
Lieber Herr Schmitt, in Ihrem Einführungsband beschäftigen Sie sich mit phonetischer Transkription englischer Sprache. Weshalb sollten Studierende der englischen Linguistik lernen zu transkribieren?

Holger Schmitt: (schmunzelt) Das haben sich meine Studenten auch oft gefragt. Aber es gibt tatsächlich eine ganze Reihe von Gründen. Zunächst einmal ist es Fakt, dass diejenigen, die ins Lehramt gehen, früher oder später selbst einmal die Lautschrift unterrichten müssen. Da sollte also eine solide Grundlage vorhanden sein. Viel wichtiger finde ich persönlich jedoch die Tatsache, dass Transkription das Bewusstsein für die englische Aussprache schärft. Wenn man dieses Bewusstsein dann auf die eigene Aussprache anwendet, verbessert man sein eigenes Englisch. Und schließlich ist Transkription ein unverzichtbares Werkzeug in mehreren linguistischen Disziplinen. Das gilt nicht nur für die Kernbereiche Phonetik und Phonologie, sondern auch für angewandte Disziplinen wie Dialektologie und Soziolinguistik oder auch für die Ausspracheschulung im Fremdsprachenunterricht.

Sie begleiten die Leserinnen und Leser von ersten Schritten bis hin zu ersten Transkriptionen authentischer Sprachbeispiele. Welche Hürden müssen Beginnerinnen und Beginner überwinden und was würden Sie ihnen raten?
 
Holger Schmitt: Mein erster Rat ist immer: „Lösen Sie sich von Ihrer Fokussierung auf das Schriftbild!“ Manche Studenten sind beispielsweise überzeugt, dass das Wort write am Anfang mit [w] ausgesprochen wird, einfach, weil es das Schriftbild suggeriert. Dabei wird write ganz genauso ausgesprochen wie beispielsweise right oder rite. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche spezifische Probleme, die Lerner mit einem deutschsprachigen Hintergrund haben. Hierzu gehören beispielsweise die Unterscheidung der beiden „th-Laute“ (stimmhaft wie in the, stimmlos wie in three) oder die Identifikation des sogenannten TRAP-Vokals, den es im Deutschen nicht gibt, also des Vokals in Wörtern wie bad oder mat. Selbst fortgeschrittene Lerner sprechen diese Wörter häufig noch genauso aus wie bed oder met, dabei sind das zwei verschiedene Vokale. In solchen Fällen bedarf es also gewisser Hintergrundkenntnisse, um transkribieren zu können.

Auszug aus: „Phonetic Transcription. From First Steps to Ear Transcription“ 20.03.2025
Vom Klang zum Zeichen: Phonetische Transkription
Ein Gespräch über phonetische Transkription ist ohne das richtige Vokabular eher verwirrend – oder wissen Sie, welches Symbol sich hinter einer Mischung aus einer Acht und einem X verbirgt? Die Frage nach dem Ausdruck ist nur eine von vielen kniffligen Herausforderungen für Lernende – welcher Laut befindet sich zum Beispiel am Ende der zweiten Silbe von „Captain“? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich unser Autor Holger Schmitt und bietet eine fundierte Einführung in die Thematik. mehr …

Inwiefern korrespondieren denn Klang und Orthografie eines Worts miteinander?
 
Holger Schmitt: Das hängt von der Sprache ab. Die deutsche Rechtschreibung ist relativ konsistent und nah dran an der Aussprache. Entsprechend gering ist der Bedarf an Aussprachewörterbüchern oder auch an der Lautschrift in normalen ein- oder zweisprachigen Wörterbüchern. Ganz anders das Englische. Hier gibt es viel mehr Unregelmäßigkeiten. Manche bezeichnen die englische Rechtschreibung sogar als „chaotisch“. Irgendjemand hat einmal vorgeschlagen, man solle das Wort fish doch ghoti schreiben, schließlich würde der f-Laut in enough doch auch so geschrieben, ebenso der i-Laut in women und der sh-Laut in nation.
 
Sie unterscheiden ‚Received Pronunciation‘ von ‚General American‘. Warum ist die Kenntnis beider Sprachmodelle für Lernende relevant?
 
Holger Schmitt: Received Pronunciation (RP) und General American (GA) gelten als die Standardakzente von Britischem bzw. Amerikanischem Englisch. Es gibt einige Unterschiede zwischen den beiden, nicht nur in phonologischer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf Definitionsweite oder soziale Faktoren wie Distribution oder Status. Ihnen gemein sind jedoch jene Eigenschaften, die alle Standardvarietäten innehaben. Hierzu gehören beispielsweise Prestige, relativ geringe Lokalisierbarkeit, überregionale Verständlichkeit oder die Verwendung als Aussprachemodell im Fremdsprachenunterricht.
 
In Ihrem Buch profitieren Lernende vor allem von Übungsaufgaben und praktischen Anwendungsmöglichkeiten. Gibt es eine Übung, die Sie als besonders hilfreich empfinden?

Holger Schmitt: Ich habe versucht, bei der Gestaltung der Übungen möglichst kreativ und vielseitig zu sein. Da gibt es zum Beispiel Übungen zu Wörtern, die gleich klingen, aber unterschiedlich geschrieben werden, die also homophon sind (wie bei den eben erwähnten write, right und rite); zu den th-Lauten; zu typischen Transkriptionsfehlern und zu manchem anderen. Mein persönlicher Favorit sind allerdings einige Übungen, in denen ein schottischer Akzent, das Orkadische, phonologisch analysiert werden soll. Dazu braucht man jedoch schon sehr gute Kenntnisse, und daher finden sich diese Übungen im letzten Teil des Buchs, wo es um die Transkription von authentischer Sprache geht.

Ihr Buch erscheint nun bereits in zweiter Auflage. Welche Neuerungen hält diese bereit?
 
Holger Schmitt: Zunächst einmal haben wir uns entschieden, die Lösungen für sämtliche relevanten Übungen im Buch abzudrucken; vorher standen sie zum Teil online zur Verfügung. Inhaltlich habe ich versucht, das eine oder andere noch klarer auf den Punkt zu bringen, und schließlich enthält die neue Auflage auch zwei weitere Übungen.

Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview!

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Sie möchten selbst erste Schritte in der phonetischen Transkription gehen? Dann können Sie den Band hier bestellen.
 
Zum Autor
Holger Schmitt taught English linguistics at five German universities. His areas of specialization include applied phonetics and phonology, sociolinguistics and corpus linguistics.

Phonetic Transcription. From First Steps to Ear Transcription
Von Holger Schmitt

Many students of English struggle with phonetic transcription. This book is intended as a companion for students from the start of their linguistic training up to graduate or postgraduate level when they may analyse and transcribe authentic speech. It

  • covers both British and American English pronunciation,
  • offers more than 80 transcription exercises for learners of all levels with a clear progression from simple to challenging,
  • provides a wealth of background information and practical tips,
  • is exceptional in that it also covers the transcription of actual speech (‘ear transcription’).

The second edition has been revised, partially updated and extended, with the key now being provided in the book for both British and American pronunciation for all relevant exercises.

Programmbereich: Anglistik und Amerikanistik