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Die Zahl der Krankschreibungen junger Beschäftigter war im vergangenen Jahr so hoch wie noch nie. (Foto: 3938030/Pixabay)
„Alarmierender Trend“

Psychische Belastungen führen zu vielen Krankheitstagen

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
21.12.2023
Die Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen bewegt sich nach wie vor auf hohem Niveau. In den vergangenen fünf Jahren gab es einen Anstieg von 1,7 Prozent, in den vergangenen zehn Jahren von 4,8 Prozent. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Demnach lag die Zahl der Krankheitstage im Jahr 2021 bei Frauen bei 75 Millionen und bei Männern bei 51 Millionen. Daten für 2022 liegen noch nicht vor. Im Jahr 2012 lag die Zahl der Krankheitstage, die auf eine psychische Störung zurückzuführen waren, noch bei 40 Millionen (Frauen) beziehungsweise 25 Millionen (Männer).

Die Ursachen für psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeitstage sind vielfältig. Neben gesamtgesellschaftlichen Faktoren wie den Folgen der aktuellen Krisen lägen die Ursachen auch in der zunehmenden Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen, schreibt die Regierung. „Bedingt durch die Krisen sowie anhaltenden Entwicklungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, dem demografischen Wandel und dem anhaltenden Fachkräftemangel ist die Arbeitswelt in vielen Bereichen besonderen Veränderungsdynamiken ausgesetzt.“

Aus Sicht des Bundes ergeben sich daraus neue Belastungsanforderungen an die Beschäftigten, die die psychische Gesundheit beeinflussen können. Allerdings seien die genauen Ursachen für die Entwicklung der arbeitsbezogenen Anforderungen „schwer empirisch zu belegen“, heißt es weiter.

Mehr schwere psychische Erkrankungen bei älteren Beschäftigten

Bei älteren Arbeitnehmern nehmen schwere psychische Erkrankungen deutlich zu. Das berichteten Deutsche Rentenversicherung und Barmer auf einer Pressekonferenz. In der Altersgruppe der Über-60-Jährigen sei die Zahl der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen wegen psychischer Erkrankungen von 270 im Jahr 2014 um fast 160 Prozent auf rund 700 im Jahr 2022 gestiegen, hieß es. In dieser Altersgruppe sei im gleichen Zeitraum auch die Zahl der Erwerbsminderungsrenten gestiegen - von 112 im Jahr 2014 auf 340 im vergangenen Jahr.

Deutlich zugenommen habe laut Barmer auch der Anteil psychisch bedingter Krankschreibungen bei ihren Versicherten. Waren es 2014 noch 7,6 Prozent der Beschäftigten, die wegen eines psychischen Leidens krankgeschrieben wurden, stieg der Anteil bis 2021 auf 9,1 Prozent. Insbesondere die Folgen depressiver Erkrankungen seien gravierend: Hier lag die durchschnittliche Fehlzeit im vergangenen Jahr bei 92 Tagen.

Die hohe Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen sei ein Alarmsignal und eine zunehmende Belastung für die Unternehmen, sagte die Landesgeschäftsführerin der Barmer, Gabriela Leyh. „Die Unternehmen können ihren Teil zur Vermeidung psychischer Belastungen beitragen, indem sie die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Gefährdungsanalysen am Arbeitsplatz regelmäßig durchführen.“

Auch mehr Arbeitsausfälle bei jungen Menschen

Die Zahl der Krankschreibungen junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer war im vergangenen Jahr so hoch wie nie zuvor. Wie die AOK Rheinland/Hamburg mitteilte, kamen auf jeden Versicherten durchschnittlich 2,79 Krankschreibungen, fast 53 Prozent mehr als im Vorjahr (2021: 1,83 Krankschreibungen). Damit habe jede Person dieser Altersgruppe 19 Tage am Arbeitsplatz gefehlt, täglich fehlten mehr als fünf von 100 Beschäftigten. Das sei auch im Vergleich zu anderen Jahren ein Negativrekord, so die AOK.

Die Krankenkasse weist insbesondere auf die Zunahme von Krankschreibungen aufgrund psychischer Belastungen hin. So waren im vergangenen Jahr zwar nach wie vor Atemwegs- oder Magen-Darm-Erkrankungen, Corona und Rückenschmerzen für den überwiegenden Teil der Krankschreibungen verantwortlich, doch bei den Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund psychischer Leiden sei fast durchgängig ein Anstieg zu verzeichnen, so die AOK - in den vergangenen zehn Jahren sei ihr Anteil an den Fehltagen der jüngeren Beschäftigten um fast 50 Prozent gestiegen.

„Das ist ein alarmierender Trend, der es notwendig macht, sich auch die dahinterliegenden Diagnosen genauer anzuschauen“, erklärte Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Insbesondere Angst- und Belastungsstörungen nähmen bei jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern deutlich zu. Dies deute darauf hin, dass sich die Lebenswirklichkeit der Generation Z verändert habe. „Zukunftsängste, Leistungsdruck und permanente Erreichbarkeit können zu hohen Belastungen führen und psychische Erkrankungen begünstigen“, so Deutscher.

Für die Studie wertete die Krankenkasse nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihrem Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung die Daten von mehr als 300.000 erwerbstätigen Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg zwischen Rhein und Ruhr mit einem Höchstalter von 29 Jahren aus.

Quelle: aerzteblatt.de

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