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Der Kläger verunglückte im Jahr 2010 in der ZDF-Show „Wetten dass ..“. Das Bild zeigt das Hinweisschild vor der Zentrale des Senders in Mainz (Foto: Anne Czichos / stock.adobe.com).
Gesetzliche Unfallversicherung

Rückpass vom BSG: Wettkandidat bei „Wetten, dass ..?“ kann als Arbeitgeber unfallversichert sein

ESV-Redaktion Recht
25.09.2025
In einem dramatischen Augenblick verunglückte Samuel Koch im Jahr 2010 während einer Wette in der ZDF-Show „Wetten, dass ..?“. Seitdem ist er querschnittsgelähmt. Nachdem sowohl die zuständige Berufsgenossenschaft als auch die Instanzgerichte den Antrag von Koch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls abgelehnt hatten, lag der Ball nun beim BSG. Doch das Gericht spielte den Ball zurück zur Berufungsinstanz.
In dem Streitfall nahm der Kläger am 04.12.2010 an der Livesendung „Wetten, dass ..?“ teil. Er wettete, dass er mit Sprungstiefeln im Vorwärtssalto nacheinander fünf auf ihn zufahrende Pkw mit zunehmender Größe überspringen könne. Für die Teilnahme schloss er mit dem ZDF einen sogenannten unentgeltlichen Mitwirkendenvertrag.
 
Während der Sendung stürzte der Kläger beim Sprung über das vierte Fahrzeug schwer und erlitt dabei eine Querschnittslähmung.
 
Im Jahr 2020 beantragte er bei der beklagten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft die Anerkennung seines Sturzes als Arbeitsunfall – jedoch ohne Erfolg. Auch seine Klage vor dem SG Mannheim (Urteil vom 04.02.2022 – S 2 U 2131/21) sowie die anschließende Berufung vor dem LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 27.02.2023 12 U 708/22) blieben erfolglos.
 

Die zentralen Erwägungen der Beklagten und der Vorinstanzen:
 

  • Keine „Wie-Beschäftigung“:  Ein Versicherungsschutz als Beschäftigter oder sogenannter „Wie-Beschäftigter“ komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sein sechsköpfiges Wett-Team selbst zusammengestellt und sei mit dem gesamten Wettbeitrag als sein eigener Regisseur aufgetreten.
  • Kein Versicherungsschutz im Ehrenamt: Auch ein Unfallversicherungsschutz im Rahmen eines Ehrenamts sei nicht gegeben. Zwar handelte der Kläger für eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sein Auftritt habe jedoch in erster Linie seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse gedient – nämlich der Selbstvermarktung und dem Streben nach öffentlicher Bekanntheit. 
Gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg zog der Kläger mit einer Revision zum BSG. Dabei rügt er vor allem die Verletzung von § 2 Abs. 1 Nr. 10a i.V.m. Abs. 2 SGB VII.

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BSG: Möglichkeit einer gesetzlichen Unfallversicherung als Unternehmer nicht ausgeschlossen

 
Die Revision hatte vor dem 2. Senat des BSG zum Teil Erfolg. Der Senat hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Nach Auffassung des Senats könnte der Kläger als Unternehmer wie ein Versicherter gelten. Die wesentlichen Überlegungen des Senats:
 
  • Keine Versicherung aus Ehrenamt: Eine gesetzliche Unfallversicherung im Rahmen eines Ehrenamts scheidet aus, weil die ZDF-Show nicht vorrangig Gemeinwohlzwecken gedient hat. Damit handelte der Kläger eher in eigenem Interesse und nicht fremdnützig.
  • Kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: Auch eine Versicherung als abhängig Beschäftigter scheidet aus. Aufgrund der tatsächlichen Umstände war er nach dem Mitwirkendenvertrag freier Mitarbeiter, so der Senat.
  • Aber – Möglichkeit der Versicherung als Unternehmer: Der Kläger könnte jedoch als Unternehmer seines Wett-Teams gesetzlich unfallversichert sein. Insoweit hob der Senat hervor, dass ein Teammitglied den Unfall mitverursacht hatte. Nach bestimmten Sonderregeln gelten Unternehmer als versichert, wenn sie durch andere Personen verletzt werden, die im Betrieb tätig sind. Dies gilt allerdings nur dann, wenn zivilrechtliche Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sind. Insoweit ist es dem Senat zufolge möglich, dass der Kläger etwa gegen seinen Vater, der das Unfallfahrzeug fuhr, einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch hat. Seine Ansicht stützte der Senat im Wesentlichen auf die unten aufgeführten Vorschriften.
Die Frage der Versicherung als Unternehmer kann nach den gegenwärtigen sachlichen Feststellungen aber nicht abschließend entschieden werden, so der Senat, der die Sache daher an das LSG Baden-Württemberg zurückverwiesen hat. Die Vorinstanz muss nun die nötigen sachlichen Feststellungen treffen.

Quelle: PM des BSG vom 24.09.2025 zum Urteil vom selben Tag – B 2 U 12/23 R


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Autoren: Udo Diel, Dr. Edlyn Höller, Wolfgang Keller, Ass. jur. Karl Friedrich Köhler

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Im Wortlaut:
§ 2 SGB VII Abs. 1 Nr. 10 und Abs. 2 Satz 1 – Gesetzliche Unfallversicherung (in der Fassung des Gesetzes vom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3299 mit Wirkung vom 01.01.2005)

(1) Kraft Gesetzes sind versichert […]

10. Personen, die
 
a) für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, [… ]
 
2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden […]


§ 105 Abs. 1 Satz und Abs. 2 Satz 1 SGB VI – Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen
(in der Fassung des Gesetzes vom 07.08.1996, BGBl. I S. 1254 mit Wirkung vom 01.01.1997)
 
(1) 1 Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den  Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben [...]
 
(2) 1 Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. 2 Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen  Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen […]

 
(ESV/bp)

Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung