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Markus Becker: Arbeitsschutz ist eine Investition in den Unternehmenserfolg (Foto: privat)
Im Gespräch mit Markus Becker, CEO von Quentic, Anbieter von Softwarelösungen für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit

Steigert Arbeitsschutz Ihre Performance?

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
13.06.2023
Markus Becker, CEO des führenden Anbieters von Softwarelösungen für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit, gibt einen Einblick in das Wechselspiel von Arbeitsschutz und Unternehmenserfolg.



Herr Becker, was muss geschehen, um die Titelfrage mit „Ja“ zu beantworten?


Arbeitsschutz darf im ersten Schritt nicht mehr als Kostenfaktor betrachtet werden. Fragen Sie sich: Wer ist für die Produktivität, Funktionalität und den Erfolg Ihres Unternehmens verantwortlich? Der Mensch. Arbeitsunfälle, eine hohe Fluktuation oder kranke Mitarbeitende führen zu Umsatzeinbußen. Arbeitsschutz sollte also fester Bestandteil der Unternehmensstrategie sein und ist daher eine Investition in den Unternehmenserfolg.

Warum ist es gerade jetzt für Unternehmen strategisch so wichtig, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen? Und welche Rolle spielt dabei die Arbeitssicherheit?

Der Druck auf Unternehmen steigt. Der Green Deal, der digitale Wandel oder die EU-Taxonomie sind nur einige Beispiele. Nun folgt die europäische CSRD-Richtlinie, von der rund 50.000 Unternehmen betroffen sein werden. Sie erfordert einen weitreichenden Strategiewechsel im Bereich der sozialen Verantwortung, wozu auch Arbeitsschutz gehört. Unternehmen müssen zukünftig zum Beispiel über Unfallhäufigkeiten oder ihre Fluktuationsrate berichten.

Sie sagen, 50.000 Unternehmen werden von der neuen Richtline betroffen sein. Was sind das für Unternehmen?

Zu den Betroffenen zählen vor allem in der EU börsennotierte Unternehmen sowie Großunternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, ein Umsatz von über 40 Millionen Euro und eine Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro. Auch einige KMU und Nicht-EU-Unternehmen werden betroffen sein. Zum Beispiel müssen wichtige Zulieferer berichtspflichtiger Unternehmen diesen nun Informationen über Nachhaltigkeitsaspekte in ihren eigenen Unternehmen offenlegen.

Was ändert sich in der Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Sie wird deutlich detaillierter. Zudem muss sie in einer digitalen Datenbank mit offenem Zugang veröffentlicht werden und alle ESG-Themen abdecken, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese Informationen müssen in einem eigenen Abschnitt des unternehmenseigenen Lageberichts veröffentlicht werden, der in der Regel im Jahresbericht enthalten ist.

Wie können sich Unternehmen darauf vorbereiten?

Sie sollten schon jetzt beginnen, entsprechende Daten und Informationen zusammenzutragen. Eine Wesentlichkeitsanalyse kann hier helfen. Unternehmen müssen außerdem ihre nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen sowie künftige Ziele offenlegen und in einer Due Diligence ihre tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen identifizieren und abmildern. Bisherige Nachhaltigkeitsleistungen müssen zusammengestellt werden. Es braucht einen Zeitrahmen für die Zielerreichung. Eine nachhaltige Lieferkette muss im Zweifel geschaffen werden. Am Ende steht eine Prüfung durch eine unabhängige Drittpartei. Da die Richtlinie für viele Unternehmen bereits 2024 gilt, sollte man keine Zeit verlieren.

Wie läuft eine Wesentlichkeitsanalyse ab?

Dabei werden sämtliche Nachhaltigkeitsaspekte eines Unternehmens aufgelistet. Diese Liste ist dann die Basis für Management-Workshops, in denen die Bedeutung jedes einzelnen Aspektes für den Geschäftserfolg und für interne wie externe Stakeholder bestimmt wird. Das ist wichtig für den Evaluierungsprozess, denn dank der Analyse kann eine Priorisierung für die strategische Ausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie vorgenommen werden. In der VISIONS & VALUES haben wir ein praktisches Beispiel veröffentlicht, das die 4 Schritte anschaulich erklärt und Unternehmen eine Vorstellung von dem gibt, was auf sie zukommt.

Damit Arbeits- und Gesundheitsschutz letztendlich die Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens stärken können, muss er in Unternehmen auch gelebt werden. Wie erreichen Führungskräfte, dass sich alle Mitarbeitenden für ein sicheres Arbeitsumfeld einsetzen?

Hier kommt das Sprichwort „Taten sagen mehr als Worte“ zum Tragen, denn letztendlich ist es eine Frage des Führungsstils. Ein bewährter Ansatz ist Safety Leadership. Es gilt, eine Sicherheitskultur zu schaffen, in der sich bestenfalls alle für die eigene Sicherheit und die ihrer Kolleginnen und Kollegen verantwortlich fühlen. Das erreicht man durch einen regelmäßigen Austausch, etwa in Form von Sicherheitskurzgesprächen. Extrem wichtig ist, dass Führungskräfte vorleben, was sie von ihrem Team erwarten und Arbeitssicherheit zu ihrer Mission machen. Wer z. B. Sicherheitsschuhe durchsetzen will, darf selbst nicht in Turnschuhen erscheinen.

Ebenso wichtig: eine offene Fehlerkultur. Nur, wenn Fehler kommuniziert werden, können sie erfolgreich behoben werden. Angst, einen Arbeitsunfall zu melden, darf in keinem Unternehmen herrschen. Arbeitnehmende können in diese Prozesse aktiv eingebunden werden. Übertragen Sie einen Teil der Verantwortung auf sie und machen Sie alle zu Steakholdern.

Kann ESG letztendlich sogar ein Wettbewerbsvorteil sein?

Ja, denn eine gute Nachhaltigkeitsperformance wirkt sich nicht nur positiv auf das Image eines Unternehmens aus, sie stärkt auch das Vertrauen von Kunden und Investoren in das Unternehmen. Mithilfe gezielter Maßnahmen können die Effizienz gesteigert und Risiken minimiert werden. So lassen sich langfristig sogar Kosten einsparen und neue Investoren und Kunden gewinnen.

Gibt es auch Hürden, an denen eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsperformance scheitern kann?

Ein Mangel an Transparenz kann zur Hürde werden, denn ohne eine klare Kommunikation kann im schlimmsten Fall das Vertrauen von Investoren und Stakeholdern verspielt werden. Gleiches gilt im Fall von Greenwashing. Hier gibt es zahlreiche berühmte Beispiele. Ressourcen und Zeit sind
weitere Knackpunkte. Wer seine Nachhaltigkeitsperformance steigern will, muss gerade anfangs Geld in die Hand nehmen und rechtzeitig damit beginnen. Doch es lohnt sich, wenn es richtig gemacht wird.

Vielen Dank, Herr Becker!

Das Interview erschien zuerst in unserer Fachzeitschrift:


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(ESV/fg)

Programmbereich: Arbeitsschutz