StiftungsIMPACT: Perspektiven des Gebens
Welche neuen Wege Stiftungen gehen, diskutierten Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer der Stiftung Aktive Bürgerschaft, Fabian Suwanprateep, Manager bei Beyound Philantropy, Martin Krohs, Gründer der Konvert Stiftung gGmbH und Kerstin Eisenhut, Innovationsmanagerin bei der Crowdfundingplattform Startnext.
Engagement zwischen Gebe-Scham und Professionalisierung
Dass das Geben an sich keine leichte Sache ist – darüber sprach eingangs Martin Krohs. Basierend auf seinen Erfahrungen als Erbe, der sich bewusst entschieden hat, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, beschrieb Krohs das Phänomen der „Gebe-Scham“. Damit ist das Unbehagen gemeint, das sich breit macht bei dem Gedanken, sich zu exponieren, als Wohltäter zu „outen“ und, entgegen der eigentlichen Intention, dadurch soziale Ungleichheit erst zu manifestieren.Dem entgegengesetzt beobachtet Nährlich als Geschäftsführer der Stiftung Aktive Bürgerschaft bei den Bürgern, die sich in Bürgerstiftungen engagieren, das Gegenteil von Gebe-Scham. Bürger, so Nährlich, seien bereit, sehr viel für die eigene Stadt zu geben – und nicht nur Geld, sondern vor allem auch Zeit und Ideen.
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Allerdings falle es nicht immer leicht, für Themen, die nicht im direkten Rampenlicht stehen, Aufmerksamkeit zu gewinnen. Crowdfunding-Plattformen, wie Startnext, ermöglichen es Bürgern, selbstständig und unabhängig für Ideen einzutreten und diese zugleich auch umzusetzen. Aus Sicht von Eisenhut tragen Crowdfunding-Plattformen somit direkt zur Demokratisierung des bürgerschaftlichen Engagements bei. Vor allem jüngere Leute, die von Bürgerstiftungen nicht unmittelbar erreicht werden, finden hierdurch neue Wege, sich – auch mit kleineren Beiträgen – für in ihren Augen relevante Themen zu engagieren, so Eisenhut weiter mit Blick auf die Menschen, die Projekte auf Startnext unterstützten.
Mit Blick auf die neuen Wege wurde in der Diskussion auch deutlich, dass diese wiederum auch (neue) Kompetenzen bedürfen, die – gerade bei Stiftungen, die auf ehrenamtliches Engagement angewiesen sind – nicht immer vorhanden sind. Auch herrschen, so Nährlich aus seine Perspektive, gerade bei Gebern in Deutschland zwei Wunschvorstellungen vor: Ehrenamtliche Tätigkeit und verlustfreier Einsatz der Mittel direkt vor Ort. Beides könne aber eine gemeinnützige Organisation ab spätestens dann nicht mehr gewahrt bleiben, wenn die Fördersummen eine Größenordnung erreichen, die administrative Kosten und den Einsatz eines hauptamtlichen Geschäftsführers erforderlich machen: „Um eine langfristige Perspektive zu haben, muss die Struktur stimmen“ und entsprechend ausgestaltet sein – auch mit langfristigen Geldmitteln, so auch Krohs aus der Perspektive des Initiators des Medienprojektes dekoder.org. Diese Erkenntnis setze sich allerdings nur sehr langsam bei den fördernden Stiftungen durch.
Stiftungen als Investoren
Stiftungen, suchen aber auch auf der anderen Seite, neue Wege, um mit dem zur Verfügung stehenden Kapital Wirkung zu erzielen. Stiftungen sollten – so die Erwartungshaltung – zu sozialen Investoren werden, wodurch neue Wege des Gebens geöffnet werden könnten. Aus Sicht von Suwanprateep ergibt sich hieraus allerdings ein völlig verändertes Anforderungsprofil, dass neben einer sozialen zugleich auch eine wirtschaftliche Rendite verlange, was wiederum zu neuen Fragestellungen führe. Stellt man zudem in Rechnung, dass sich derlei Konstrukte in finanzieller Hinsicht immer auch in Konkurrenz zum Markt bewähren müssten, gelte es insbesondere für Stiftungen, so Nährlich, bei den neuen Wegen des Gebens, wie Mission Investing, Impact Investing oder als aktuell viel diskutierte neue Option – die Anlage in Social Impact Bonds – konkret im Einzelfall die Vor- und Nachteile abzuwägen.Aus einem Prozent mehr machen
Abschließend wurde die Frage diskutiert, wie sich überhaupt die Bereitschaft zu spenden aktivieren lässt. Eine interessante von Nährlich vorgestellte Option stellt das in einigen osteuropäischen Ländern etablierte 1-Prozent-Modell dar: Jeder Steuerzahler kann bei seiner Steuererklärung diesen Anteil an eine gemeinnützige Organisation seiner Wahl spenden. Der vorausgehende „Wahlkampf“ der Nonprofit-Organisationen wirkt sich wiederum positiv auf deren Bekanntheit in der Bevölkerung aus. Mit diesem Modell – was auf dem Podium in den Räumen von BDO in Berlin-Tiergarten eine einhellige Zustimmung fand – lassen sich zudem private und staatliche Aktivität sinnvoll in Einklang bringen und das Argument entkräften, der Staat ziehe sich mit dem Verweis auf die hohe Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements nur aus seiner politischen Verantwortung zurück. Wohl auch ein wichtiger Impuls auch für die aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin.(ESV/Han)
Programmbereich: Management und Wirtschaft