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YouTube muss nicht alle Nutzerinformationen preisgeben (Foto: georgejmclittle/Fotolia.com)
Auskunft bei illegaler Videonutzung

Urheberrechtsverstoß: YouTube und Google müssen E-Mail-Adressen ihrer Nutzer mitteilen

ESV-Redaktion Recht
11.09.2017
Welche Daten ihrer Nutzer müssen YouTube und Co. dem Verletzten bei Urheberrechtsverstößen mitteilen? Über diese Frage hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. in einem aktuellen Urteil entschieden.
Drei verschiedene Nutzer hatten auf der Plattform YouTube jeweils unter einem eigenem Pseudonym Filme veröffentlicht. Jeder dieser Filme wurde mehrere tausendmal abgerufen. Geklagt hatte eine deutsche Filmverwerterin gegen Google und deren Tochterunternehmen YouTube. Die Klägerin, die die Rechte an den Filmen besitzt, verlangte von den Beklagten Auskunft über die E-Mail-Adresse, die Klarnamen, die Postanschrift und die Telefonnummern der Nutzer, die für die Uploads verantwortlich sind.

Welche Daten für den Video-Upload erforderlich sind
  • Um Filme auf YouTube hochzuladen, brauchen die Nutzer ein Google-Konto. Beim Anlegen müssen die Nutzer ihren Namen, eine E-Mail-Adresse, ihr Geburtsdatum und ihre Postadresse eingeben. Allerdings ist die Benennung einer Postadresse freiwillig.
     
  • Weder Google noch YouTube überprüfen die eingegebenen Daten. Möchte ein Nutzer Videos veröffentlichen, die länger sind als 15 Minuten, muss er zusätzlich eine funktionierende Telefonnummer angeben. An diese wird anschließend ein Freischaltcode gesendet. Die Videos können erst veröffentlicht werden, wenn dieser Code in das Nutzerkonto eingegeben wurde.

Die Klägerin will gegen die Nutzer, die die Videos auf YouTube veröffentlicht haben, wegen der Verletzung von Urheberrechten vorgehen. Deshalb hatte sie zunächst von den beiden Unternehmen die Herausgabe der jeweiligen Namen und Anschriften verlangt. Weil die Beklagten aber erklärt hatten, dass ihnen diese Angaben nicht vorliegen, verlangte die Klägerin alternativ Auskunft über die E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen der Nutzer.

Das Landgericht (LG) Frankfurt a.M. hatte die Klage im Jahr 2016 abgewiesen. Nach Auffassung des LG hat die Klägerin keinen Anspruch auf Auskunft dieser Daten.

OLG Frankfurt a.M.: E-Mail-Adressen sind Anschriften im Rechtssinn 

Das OLG Frankfurt a.M. folgte der Meinung des LG nur zum Teil und differenzierte wie folgt:
  • Auskunftspflicht über E-Mail-Adressen: Die Beklagten müssen der Klägerin die E-Mail-Adressen ihrer Nutzer mitteilen. 
  • Keine Auskunft über Telefonnummern und IP-Adressen: Nicht mitteilen müssen die Beklagten der Klägerin hingegen die Telefonnummern und maßgeblichen IP-Adressen der Nutzer.
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Auskunft über Anschriften der Nutzer 

Ausgangspunkt der Überlegungen des OLG ist, dass die Beklagten für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer gewerbsmäßig Dienstleistungen im Sinne von § 101 Absatz 2 Nr. 3 UrhG zur Verfügung gestellt hätten. Daher seien sie unter anderem dazu verpflichtet, Auskunft über die Anschriften der Rechtsverletzer zu erteilen. Dies ergebe sich aus § 101 Absatz 3 Nr. 1 UrhG. Damit musste das Gericht klären, was Anschriften im Sinne der genannten Normen sind. 

E-Mail-Adresse gehört zur Anschrift: Zur Anschrift im genannten Sinne zählt aber nicht nur die Postanschrift. Auch der E-Mail-Adresse wäre zu entnehmen, wohin der Absender schreiben muss, damit seine Nachricht den Empfänger erreicht, so das OLG. Nur ein solches Begriffsverständnis werde den geänderten Kommunikationsgewohnheiten und dem Siegeszug des elektronischen Geschäftsverkehrs gerecht. Die E-Mail Adresse ist also eine „digitale Anschrift”.

Im Wortlaut: § 101 UrhG - Anspruch auf Auskunft (Auszug)
(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht  … widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke ... in Anspruch genommen werden. 
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung ... besteht der Anspruch … auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß … 
      3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte ... 
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
1. Namen und Anschrift der Hersteller ... der Vervielfältigungsstücke ... 

Telefonnummern und IP-Adressen sind keine Anschriften


  • Nicht unter den Begriff der Adressen fallen hingegen Telefonnummern und IP-Adressen. So wären „Anschrift” und „Telefonnummer” schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unterschiedliche Kontaktdaten. Den von der Klägerin angeführten Begriff der „Telefonanschrift” sah das Gericht als nicht gebräuchlich an.
  • IP-Adressen dienen lediglich der Identifizierung des Endgerätes, von dem aus bestimmte Webseiten aufgerufen werden können. Eine Kommunikationsfunktion habe die IP-Adresse daher nicht, so die Richter aus Frankfurt weiter.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das OLG die Revision zum BGH zugelassen.

Quelle: PM des OLG Frankfurt vom 05.09.2017 zum Urteil vom 22.8.2017 - AZ: 11 U 71/16  
 
Digitale Verwertung als neuer Maßstab
Das Berliner Handbuch Urheberrecht, herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Marcel Bisges, bietet eine umfassende Darstellung des Urheberrechts. Dabei geht das Werk vor allem auf die Aspekte ein, die für die Praxis wesentlich sind. Besonders hervorzuheben sind die digitalen Verwertungsmöglichkeiten. 

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht