
Verbandssanktionengesetz: Referentenentwurf veröffentlicht
Mit dem offiziellen Entwurf tritt das Gesetzgebungsverfahren in eine neue Phase. Eine Verabschiedung ist noch innerhalb der laufenden Legislaturperiode bis Herbst 2021 denkbar.
Bislang keine angemessene Reaktion auf Unternehmenskriminalität möglich
Straftaten, die aus Verbänden – juristische Personen und Personenvereinigungen – heraus begangen werden, können bislang lediglich mit einer Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. „Eine angemessene Reaktion auf Unternehmenskriminalität ist damit nicht möglich“, begründet das BMJV die Schaffung eines neuen Gesetzes. Die Höchstgrenze der Verbandsgeldbuße von zehn Millionen Euro lasse insbesondere gegenüber finanzkräftigen multinationalen Konzernen „keine empfindliche Sanktion zu“ und benachteilige damit kleinere und mittelständische Unternehmen.
Es fehlten bislang auch rechtssichere Anreize für Investitionen in Compliance. Das geltende Recht lege die Verfolgung auch schwerster Unternehmenskriminalität zudem allein in das Ermessen der zuständigen Behörden. Das habe zu einer „uneinheitlichen und unzureichenden Ahndung“ geführt.
Compliance-Maßnahmen fördern und Anreize für Kooperation bieten
Das neue Gesetz soll die Sanktionierung von Verbänden, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, auf eine eigenständige gesetzliche Grundlage stellen – verbunden mit einem Verbandssanktionenregister. Zudem soll das Verbandssanktionengesetz Compliance-Maßnahmen fördern und Anreize dafür bieten, dass Unternehmen mit internen Untersuchungen dazu beitragen, Straftaten aufzuklären.
Behörde muss bei Verstoß eine Sanktion verhängen
In den Anwendungsbereich des Gesetzesentwurfs fallen alle juristischen Personen ungeachtet ihrer Rechtsform und Gewinnorientierung – also auch Stiftungen, Vereine und gGmbHs. Stellt die Behörde einen Verstoß fest, muss sie künftig eine Sanktion verhängen, hatte Rechtsanwalt Bartosz Dzionsko von der Kanzlei Winheller bereits auf Basis des inoffiziellen Entwurfs ausgeführt. Positiv sei zu bewerten, dass es sich mindernd auf die Höhe der Geldsanktion auswirkt, wenn das Unternehmen durch geeignete Compliance-Maßnahmen nachweislich versucht hat, Rechtsverstöße präventiv zu verhindern oder im Nachgang der Tat weiteren Rechtsverstößen vorzubeugen.
Sollen Unternehmen nun als Beschuldigte in einem Strafverfahren in Frage kommen können, so muss gleichzeitig dringend gewährleistet werden, dass ihnen auch vergleichbare Rechte eingeräumt werden, kommentierten Mellody Nadine Razzaghi und Pia Kremer von Büsing Müffelmann & Theye Rechtsanwälte und Notare ebenfalls auf Basis des Entwurfs aus dem vergangenen Jahr.
Die vollständige Mitteilung des Bundesjustizministeriums zur Veröffentlichung des offiziellen Referentenentwurfs finden Sie hier. Der Referentenentwurf verbirgt sich hinter diesem Link.
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(ESV/fab)
Programmbereich: Management und Wirtschaft