Verpflichtende Chatkontrolle für Messenger-Dienste in der EU auf Eis gelegt
Der EU-Rat konnte sich bislang nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Mehrere Mitgliedstaaten – darunter Deutschland, Österreich und die Niederlande – hatten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.
Zurzeit wird eine Neuformulierung oder ein Alternativmodell mit freiwilligen Komponenten diskutiert. Aus rechtlicher Sicht bestehen erhebliche Bedenken zur Vereinbarkeit mit den Grundrechten – insbesondere beim Thema Verschlüsselung, Privatsphäre und Datenschutz. Dänemark, das aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehat, wird den Kommissionsbeschluss in seiner ursprünglichen Fassung nicht mehr zur Abstimmung bringen.
Der bisherige freiwillige Rahmen
Schon jetzt dürfen Dienstanbieter nach der VO (EU) 2021/1232 freiwillig Technologien einsetzen, etwa zur Erkennung von bekanntem CSAM bzw. zu Meldungen derartiger Inhalte an zuständige Stellen. Demnach können bestimmte Dienstanbieter freiwillig Inhalte erkennen, melden und entfernen. Dies gilt für:
- E-Mail-Provider,
- Hosting-Plattformen wie etwa Cloud-Dienste,
- soziale Netzwerke
- sowie für Messenger-Dienste ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
Nach Artikel 9 der obigen VO gilt diese Verordnung bis zum 3. August 2024. Sie wurde aber inzwischen durch Ratsbeschluss bis zum 3. April 2026 verlängert. Wird die VO nicht erneut verlängert oder durch eine neue „CSAM-Regelung“ ersetzt, müssen die Dienste das Scannen einstellen, denn dann würden wieder die strengeren Datenschutzregeln der „ePrivacy-Richtlinie“ gelten.
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Ausblick
Ob es dazu kommen wird, ist offen. Nach dem dänischen Vorschlag wären nicht alle Anbieter per se dazu verpflichtet, selbständig Nachrichten zu scannen. Der Vorschlag sieht einen halb-verpflichtenden Ansatz mit Risiko-Klassifizierung vor.
Eine Pflicht soll erst mit einer sogenannten „detection order“ durch eine zuständige Behörde entstehen – also dann, wenn ein Dienst als „hoch risikohaft“ eingeordnet wurde.
Vor allem Anbieter von Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation könnten also nicht ohne behördliche Anordnung dazu verpflichtet werden, Kommunikation auszuhändigen oder zu löschen.
Allerdings sollen die Behörden Spielräume über die Entscheidung haben, ob ein Risiko vorliegt. Der Dienstanbieter hätte also nicht die freie Wahl, ob er scannt oder nicht — die Entscheidung läge bei der Behörde.
Die Regierung von Dänemark hat noch bis Ende 2025 Zeit, ihre Lösung zu etablieren. Danach läuft ihre Ratspräsidentschaft aus.
Quellen: Eigene Recherche; Netzpotlitk.org; EuroISPA; u.a.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht