Weitere Verwertungskündigung gegen Berliner Wohnung in Habersaathstraße unwirksam – AG Mitte weist neue Räumungsklage ab
Vermieterin: Abriss mit Neubau ist einzig wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Grundstücks
Die Klägerin wollte die Wohnung räumen lassen, um das Gebäude abzureißen und einen Neubau mit über 100 Wohnungen und Gewerbeeinheiten zu errichten. Schon im Jahr 2022 hatte sie – ebenfalls auf der Grundlage einer sogenannten Verwertungskündigung – erfolglos geklagt.
Im Oktober 2024 sprach sie erneut eine Kündigung aus, gestützt auf die Behauptung, dass der Abriss mit dem anschließenden Neubau die einzig wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Grundstücks wäre.
| Der kostenlose Newsletter Recht – Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung! |
| Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps. |
Berliner AG Mitte sieht keine erheblichen Nachteile für die Klägerin
Auch die erneute Räumungsklage vor dem AG Mitte blieb ohne Erfolg. Die tragenden Erwägungen des AG:
- Keine erheblichen Nachteile durch Fortbestehen des Mietverhältnisses: Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Vermieterin nach seiner Ansicht durch den Fortbestand des Mietverhältnisses keine „erheblichen Nachteile“ im Sinne von § 572 Absatz 2 Nr. 3 BGB erleidet. Dies wäre aber eine zentrale Voraussetzung für eine wirksame Verwertungskündigung gewesen. Dabei hob das Gericht besonders hervor, dass die Klägerin das Gebäude bewusst mit bestehenden Mietverhältnissen erworben hatte – mit allen daraus resultierenden Beschränkungen. Wer ein solches Objekt kaufe, müsse Mieterschutz und bauliche Risiken einkalkulieren. Eine Verwertung, die auf einem von Anfang an riskanten Geschäftsmodell beruhe, sei weniger schutzwürdig, so das Gericht.
- Kein zwingender Abrissbedarf: Zudem meinte das Gericht, dass die Klägerin keinen umfassenden Erneuerungsbedarf für das Gebäude nachgewiesen habe. Eine „angemessene Wohnraumversorgung“ setze jedenfalls keinen Neubau-Standard voraus, weil ein mangelfreier Durchschnittszustand ausreichend wäre und ggf. durch Modernisierung erreicht werden könne. Daher sah das Gericht also keinen zwingenden Abrissbedarf – mit der Folge, dass die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümerin gegenüber dem Bestandsinteresse der langjährigen Mieterin nicht überwiegen.
- Fehlkalkulation der Vermieterin: Die Klägerin hätte dem Gericht zufolge die Risiken des Erwerbs und bestehende Mietverhältnisse vorher realistisch prüfen müssen, was sie versäumt habe.
- Wohnung mangelhaft: Schließlich bewertete das Gericht die funktionslosen Heizkörper als Mietmangel, denn in den Elektroheizgeräten sah es keinen ausreichenden Ersatz. Viel mehr entspreche die Wohnung damit nicht mehr dem geschuldeten Soll-Zustand, führt das AG Mitte abschließend aus.
juris Miet- und WohnungseigentumsrechtIn das Modul wurde führende Kommentarliteratur aus vier Verlagshäusern zu den Rechtsbereichen Miete und Wohnungseigentum eingebunden, darunter Miete von Emmerich/Sonnenschein und WEG von Jennissen. Weitere Inhalte, wie die Fachzeitschriften Miet-Rechts-Berater und Wohnungswirtschaft und Mietrecht, garantieren ein hohes Aktualitäts- und Qualitätsniveau. juris Miet- und WEG-Recht enthält folgende Werke aus dem Erich Schmidt Verlag: Jetzt gratis testen: Lernen Sie juris Miet- und WEG-Recht' für 4 Wochen kostenlos, unverbindlich und ohne Risiko kennen. |
|
| Verlagsprogramm | Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht |
| Im Wortlaut: § 573 Absätze 1 und 2 Nr. 3 BGB – Ordentliche Kündigung des Vermieters |
| (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn [...] 3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. |
(ESV / Bernd Preiß)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht