Wir gratulieren Li Yuan zur Goethe-Medaille 2025
Clemens Treter, Regionalleiter der Goethe-Institute für Ost- und Zentralasien, lobte die diesjährige Preisträgerin: „Unermüdlich knüpft Li Yuan Verbindungen zwischen China und dem deutschsprachigen Raum, fördert junge Talente und bewahrt den Dialog über kulturelle, politische und systemische Grenzen hinweg. Ihre Arbeit ist ein Bekenntnis zu gegenseitigem Verstehen – mit wissenschaftlicher Tiefe, politischer Sensibilität und persönlicher Integrität.“
In ihrer Dankesrede geht Li Yuan ebenfalls auf die Relevanz kulturellen und sprachlichen Austauschs und ihre Rolle als Vermittlerin ein. Hier ein Auszug:
„In einer Zeit, in der Missverständnisse rasch gedeihen und Mauern sich leicht errichten lassen, bedarf es Stimmen der Verbindung. Goethe war solch eine Stimme – offen, suchend, tiefschürfend. Und ich hoffe, mit meiner Arbeit – im Deutschunterricht, in der Forschung, in der kulturellen Vermittlung – ein kleines Echo davon erklingen zu lassen.
Als Sprachwissenschaftlerin und Professorin für Deutsch als Fremdsprache in China unterrichte ich nicht nur Grammatik und Wortschatz – ich öffne kulturelle Räume. Ich helfe jungen Chinesinnen und Chinesen, nicht nur eine Sprache zu erforschen, sondern eine Denkweise, eine Perspektive, eine Haltung gegenüber der Welt einzunehmen. Denn wie Goethe sagte: ‚Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen.‘
Sprache ist nie neutral. Sie trägt Geschichte, Mentalität, Poesie und Kultur in sich. Wer Deutsch lernt, begegnet auch Goethe, Schiller, Rilke – und zugleich sich selbst in einem neuen Licht. Und wer Chinesisch lernt, öffnet sich einer anderen Ordnung, einer anderen Zeitlichkeit, einem anderen Umgang mit Widersprüchen.
Ich glaube fest daran, dass Kultur, Bildung und insbesondere Sprache das Fundament bilden, auf dem gegenseitiger Respekt wachsen kann. In der chinesischen Philosophie gibt es ein schönes Wort: hé (和) – es bedeutet Harmonie, aber nicht im Sinne von Gleichförmigkeit, sondern als das lebendige Spiel der Vielfalt. Diese Idee leitet mein Wirken. Ich verstehe mich als Brückenbauerin – nicht, um das Fremde dem Eigenen anzugleichen, sondern um die Schönheit des Anderen sichtbar und fruchtbar zu machen.“
Im Erich Schmidt Verlag veröffentlichte Li Yuan u. a. einen Beitrag zur Binnendifferenzierung in der Zeitschrift Fremdsprache Deutsch.
Programmbereich: Deutsch als Fremdsprache