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Mindestlohn: Auf die vertragliche Gestaltung kommt es an (Foto: Wolfilser/Fotolia.com)
Arbeitsrecht

BAG: Wann Sonderzahlungen zum Mindestlohn gehören

ESV-Redaktion Recht
26.05.2016
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem grundlegenden Urteil entschieden, dass Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den Mindestlohn anzurechnen sein können.

Nach über einem Jahr seit der Einführung der gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) erstmals mit dem Mindestlohn beschäftigt. Kernfrage war hierbei, ob sich die Arbeitnehmer Sonderzahlungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld anrechnen lassen müssen, um auf den gesetzlichen Mindestlohn zu kommen (AZ: 5 AZR 135/16). Dies teilte die Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts am 25.5.2016 mit und bezog sich auf ein Urteil vom selben Tag (5 AZR 135/16).

Der Sachverhalt

In dem vorliegenden Fall erhielt die Klägerin einen Stundenlohn von 8,03 Euro als Grundvergütung. Zudem leistete der Arbeitgeber noch Sonderzahlungen in Form von Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr die vereinbarten Sonderzahlungen zusätzlich zum Mindestlohn zustünden. Durch diese Leistungen solle vor allem die Betriebstreue belohnt werden.

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Der beklagte Arbeitgeber meinte, das Problem dadurch zu lösen, dass er die Sonderzahlungen über das gesamte Jahr verteilt. Dementsprechend leistete er jeden Monat jeweils ein Zwölftel dieser Sonderzahlungen. Die Zahlungen erfolgten ohne Vorbehalte und unabhängig davon, ob der Betreffende nur über einen Teil des Jahres angestellt ist. Geregelt wurde diese Art der Zahlung in einer Betriebsvereinbarung. Dem Beklagten zu Folge ist auf diese Weise der Stundenlohn auf 8,69 Euro gestiegen.

Sonderzahlungen als echte Gegenleistung des Arbeitgebers?

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte die Klage abgewiesen. Die Richter ordneten die Sonderzahlungen als Entgelt für die normale Arbeitsleistung ein. Deshalb wäre eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließ das Gericht eine Revision zu.

Das BAG hat die Auffassung der Vorinstanz nun bestätigt. Nach Auffassung der Richter aus Erfurt schuldet der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Somit erfüllt er den Anspruch des Arbeitnehmers durch die Leistungen, die er im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung erbringt. 

Die Erfüllungswirkung, so das Gericht weiter, fehlt allerdings bei solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber freiwillig und ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt. Den Mindestlohnanspruch der Klägerin sah das Gericht nur deshalb als erfüllt an, weil die geleisteten Sonderzahlungen, ähnlich wie bei einem 13. Monatsgehalt, vorbehaltlos und unwiderruflich geleistet wurden.

Zur Pressemitteilung des BAG vom 25.05.2016 – Nr. 24/16

Weiterführende Literatur
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(ESV/bp)

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Programmbereich: Arbeitsrecht