BFH zur Ausschlussfrist für die rückwirkende Gewährung von Kindergeld
Der Kläger des Urteilsfalls ist der Vater einer im Februar 1997 geborenen Tochter. In einem bereits 2015 gestellten Antrag gab der Kläger an, dass seine Tochter ab September 2015 eine Ausbildung zur Erzieherin aufnehmen wolle. Die Familienkasse setzte daraufhin zunächst Kindergeld fest, hob die Kindergeldfestsetzung aber im Juli 2015 mangels Vorlage eines Ausbildungsnachweises wieder auf. Mit einem dann erst im April 2018 bei der Familienkasse eingegangenen Antrag begehrte der Kläger erneut Kindergeld für den Zeitraum ab August 2015. Die Familienkasse setzte in einem Bescheid vom April 2018 laufendes Kindergeld ab dem Monat August 2015 fest. Die Nachzahlung von Kindergeld beschränkte sie jedoch auf den Zeitraum von Oktober 2017 bis April 2018. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und erkannte einen Nachzahlungsanspruch auch für die Monate August 2015 bis September 2017 an.
Vollständige Auszahlung des Kindergeldes bei bestandskräftigem Festsetzen trotz Eingreifens der Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG
Der BFH hielt die dagegen gerichtete Revision der Familienkasse für unbegründet und wies sie zurück. Das Finanzgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger das Kindergeld für die Monate August 2015 bis September 2017 auszuzahlen ist, so die BFH-Richter.Der BFH entschied, dass
- die durch das StUmgBG vom 23.06.2017 eingeführte und für nach dem 31.12.2017 und vor dem 18.07.2019 eingegangene Kindergeldanträge geltende Ausschlussfrist ist dem Festsetzungsverfahren und nicht dem Erhebungsverfahren zuzuordnen ist.
- die Familienkasse im Erhebungsverfahren die Auszahlung vorbehaltslos festgesetzten Kindergeldes nicht unter Berufung auf die Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG beschränken darf.
- die Familienkasse bei bestandskräftigem Festsetzen des Kindergeldes trotz Eingreifens der Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG rückwirkend für einen längeren Zeitraum als die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, an diese Festsetzung auch im Erhebungsverfahren gebunden ist.
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Vorschrift über die Ausschlussfrist bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes zu berücksichtigen
Nach der Entscheidung des BFH ist die Vorschrift über die Ausschlussfrist bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes zu berücksichtigen. Dies ergebe sich vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die Ausschlussfrist im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen geregelt habe, die ebenfalls die Festsetzung des Kindergeldes beträfen. Zudem werde der Zweck der Norm, den Anspruchsteller zu einer zeitnahen Stellung seines Kindergeldantrags zu bewegen und der Familienkasse dadurch die notwendige Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen, auch erreicht, wenn bereits die rückwirkende Festsetzung des Kindergeldes auf den Sechsmonatszeitraum beschränkt werde. Da die Familienkasse im Streitfall das Kindergeld über den Sechsmonatszeitraum hinaus rückwirkend festgesetzt hatte, hielt sie der BFH auch für verpflichtet, das Kindergeld in diesem Umfang an den Kläger auszuzahlen.Neuregelung in § 70 Abs. 1 EStG eingefügt
Durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 wurde die bisherige Regelung über die Ausschlussfrist aufgehoben. Dafür wurde eine neue Regelung über eine Ausschlussfrist mit etwas verändertem Wortlaut in § 70 Abs. 1 EStG eingefügt.Quelle: PM des Bundesfinanzhofs Nr. 031/20 vom 30.07.2020
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Minijobs und kurzfristig Beschäftigten
Millionen Menschen sind in Deutschland als Minijobber, Aushilfen und Teilzeitkräfte geringfügig beschäftigt, wobei das Sozialgesetzbuch zwischen Beschäftigung aufgrund geringfügigen Entgelts oder aufgrund der zeitlichen Befristung unterscheidet.
Eine prägnante Praxishilfe mit vielen Checklisten und Beispielen, um die geltenden Regelungen (u.a. gemäß der neuen Geringfügigkeitsrichtlinie vom 21.11.2018) sicher anzuwenden und Risiken ungewollter Umstellungen zu verhindern. |
(ESV/fl)
Programmbereich: Steuerrecht