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Keine Strafbarkeitslücke für Manipulationen hinter verschlossenen Türen (Foto: anastasiapelikh/Fotolia.com)
Wertpapierhandelsgesetz und MAR

BGH: Keine Strafbarkeitslücke bei Insiderhandel und Marktmanipulation

ESV-Redaktion Recht
26.01.2017
Hat die Reform des Wertpapierhandelsrechts im Jahr 2016 eine zeitliche Lücke für die Verfolgung von Straftaten und Ordnungs­widrigkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation hinterlassen? Hierzu hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Beschluss geäußert.
Im Ausgangsverfahren hatte das Landgericht Hamburg den früheren Vorstandvorsitzenden einer Aktiengesellschaft unter anderem wegen Betreibens von Insidergeschäften und der Ordnungswidrigkeit der leichtfertigen Marktmanipulation abgeurteilt. Die Verurteilungen erfolgten vor dem Inkrafttreten des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (1. FiMaNoG) am 02.07.2016.

Die Reform hatte maßgebliche Vorschriften des WpHG geändert. Die Neuregelungen verweisen seitdem auf Verbotsnormen der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Marktmissbrauch (MAR). Diese gilt aber erst seit dem 03.07.2016 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar.

Gegen die Entscheidung des LG Hamburg hatten der Angeklagte und die Nebenbeteiligten Revision eingelegt. Als Begründung führten sie an, dass am 02.07.2016 eine Strafbarkeitslücke entstanden sei. Diese hätte dann auch alle älteren noch offenen Fälle betroffen.

BGH verwirft Revision als unbegründet

Der 5. Strafsenat des BGH hat die Revision gegen das Urteil des LG Hamburg als unbegründet verworfen.

Die MAR, so die Richter aus Leipzig, ist nach ihrem Art. 39 Absatz 1 bereits im Jahr 2014 am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft getreten.

Zwar gelten viele ihrer Vorschriften erst ab dem 03.07.2016 in allen EU-Staaten unmittelbar, wie zum Beispiel Art. 14 MAR für den Insiderhandel und Art. 15 MAR für die Marktmanipulation.

Verweisungen auf EU-Regelungen laufen nicht ins Leere

Allerdings folge aus dem abweichenden Inkrafttreten der WpHG-Änderungen zum 02.07.2016 vom Beginn der unmittelbaren Anwendbarkeit der betreffenden Normen der MAR in den Mitgliedstaaten zum 03.07.2016 nicht, dass die Verweisungen auf EU-rechtliche Regelungen leerlaufen.

Vielmehr hätten die Bezugnahmen in § 38 Absatz 3 Nr. 1 WpHG auf Art. 14 MAR und in § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG auf Art. 15 MAR zur Folge, dass diese EU-Regelungen schon ab dem 02.07.2016 im Inland anwendbar waren.

Im Wortlaut: § 38 Absatz 3 Nr. 1 WpHG
(3) Ebenso wird bestraft, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) verstößt, indem er …

1. entgegen Artikel 14 Buchstabe a ein Insidergeschäft tätigt (…)
Im Wortlaut: § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG 
(3d) Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 verstößt, indem er vorsätzlich oder leichtfertig …

2. entgegen Artikel 15 eine Marktmanipulation begeht (…)

Nach Auffassung des Senats ist damit durch die Neuregelung des WpHG keine zeitliche Lücke der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfolgung von Insiderhandel und Marktmanipulation entstanden.

Diese Meinung vertritt auch die BaFin, die am 24.01.2017 auf den BGH-Beschluss hingewiesen hatte und in dieser Meldung nochmals ihre Stellungnahme vom 08.07.2016 bekräftigte.

Beschluss des BGH vom 10.01.2017 – AZ: 5 StR 532/16

Literaturtipp
Der Reischauer/Kleinhans zum Kreditwesengesetz (KWG) ist ein seit vielen Jahren angesehenes und bewährtes Standardwerk. Das Loseblattwerk kommentiert neben den KWG-Normen u.a. die LiqV oder die AnzV und erläutert den MaRisk-Regelungstext. Sukzessive behandelt das Werk auch die wesentlichen Vorschriften der neuen EU-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation). Dabei berücksichtigt es auch die technischen Standards der europäischen Aufsichtsbehörde EBA und weitere relevante Bestimmungen, wie z.B. die EBA-Guidelines.

(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht