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Verwalter von Alternativen Investmentfonds sollen Kredite vergeben können (Foto: Björn Wylezich/Fotolia.com)
Kreditfonds

Darlehensvergabe durch Alternative Investmentfonds

ESV-Redaktion Recht
07.11.2016
AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften dürfen seit dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes Kreditfonds auflegen. Das heißt, die Gesellschaften dürfen Gelddarlehen für Rechnung von bestimmten Alternativen Investmentfonds (AIF) vergeben. Um Risiken zu vermeiden, hat der deutsche Gesetzgeber die Darlehensvergabe jedoch von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht.
Ausgangspunkt der deutschen Regelung sind die einschlägigen europäischen Verordnungen. Nach diesen gehören Darlehen, die von einem der betreffenden Fonds an ein qualifiziertes Portfoliounternehmen gewährt werden, zu den Vermögensgegenständen, in die ein solcher Fonds investieren kann. 

Der Europäische Verordnungsrahmen 
  • EuVECA-VO: Europäische Risikokapitalfonds (Regulation on European Venture Capital Funds)
  • EuSEF-VO: Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (European Social Entrepreneurship Funds Regulation)  
  • ELTIF-VO: Europäische langfristige Investmentfonds (European Long-Term Investment Funds Regulation)

Alle in den Verordnungen benannten Fonds betreffen AIF. Weil die Richtlinie über die Verwalter von AIF eine Darlehensvergabe nicht verbietet, gehört die Kreditvergabe durch AIF nach Meinung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zur kollektiven Portfolioverwaltung des AIF.

Im April 2016 hat die ESMA dem Europäischen Parlament, der Kommission und dem Rat außerdem eine Stellungnahme vorgelegt. Hierin unterbreitet die Aufsichtsbehörde Vorschläge darüber, welche Aspekte das Gremium bei der Erarbeitung einer europäischen Lösung für eine Darlehensvergabe durch AIF berücksichtigen sollte. Dies berichtet die BaFin in der Online-Ausgabe ihres Journals von Oktober 2016.

Die Darlehensvergabe in Deutschland

Vor diesem Hintergrund hat der deutsche Gesetzgeber Regelungen zur Darlehensvergabe sowie zur Restrukturierung von Darlehensforderungen durch AIF in das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) aufgenommen. 

Nach den Motiven des Gesetzgebers können nicht-bankgestützte Finanzierungsformen zwar wichtige Beiträge für die Finanzierung der Realwirtschaft leisten. Auch kann dies eine sinnvolle Erweiterung der mittelbaren Investitionsmöglichkeiten für bestimmte Anlegergruppen sein.

Besondere Risiken durch Kreditvergabe außerhalb des KWG

Andererseits gehen mit der Vergabe von Gelddarlehen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kreditwesengesetzes (KWG) erhebliche Risiken einher, die der Darlehensvergabe durch AIF Grenzen setzen. Zu diesen Risiken gehören zum Beispiel die erhöhte Anfälligkeit des Finanzsystems für Prozyklizität, exzessives Kreditwachstum und Regulierungsarbitragen.

Voraussetzungen für die Darlehensvergabe

Eine Darlehensvergabe für Rechnung von geschlossenen Spezial-AIF ist nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich:
  • Gelddarlehen nur für Rechnung von geschlossenen Spezial-AIF: Gemeint sind geschlossene AIF, deren Anteile nur von professionellen und semiprofessionellen Anlegern erworben werden dürfen. 
  • Begrenzung der Kreditaufnahme: Die Möglichkeit der Kreditaufnahme dieser AIF ist auf 30 Prozent ihres Kapitals begrenzt. Dies soll ein exzessives Kreditwachstum und Prozyklizität verhindern.
  • Risikomanagement: Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft, die für Rechnung eines AIF Darlehen vergibt, muss besondere Vorgaben zum Risikomanagement einhalten. Demnach muss die Gesellschaft über eine angemessene Aufbau- und Ablauforganisation verfügen. Sie muss insbesondere Prozesse für die Bearbeitung der Darlehen, die Kontrolle der Bearbeitung und die Behandlung problematischer Darlehen sowie Verfahren zur Früherkennung von Risiken vorsehen.
  • Begrenzung der Darlehensvergabe: Um Risiken zu streuen, ist die Darlehensvergabe pro Kreditnehmer auf 20 Prozent des AIF-Kapitals begrenzt. 
  • Keine Gelddarlehen an Verbraucher: Die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft für Rechnung des AIF darf keine Gelddarlehen an Verbraucher vergeben. Als Grund nennt der Gesetzgeber den Verbraucherschutz. 
Auch interessant:

Lockerungen bei Gesellschafterdarlehen


Für die Vergabe von Gesellschafterdarlehen sieht das KAGB unter bestimmten Voraussetzungen auch Erleichterungen vor. So muss die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft zum Beispiel die Kreditaufnahmegrenze von 30 Prozent des AIF-Kapitals nicht einhalten. Insgesamt dürfen aber nur 50 Prozent des AIF-Kapitals für Gesellschafterdarlehen verwendet werden.

Allerdings greifen die Erleichterungen nur, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
  • Der Darlehensnehmer ist eine Tochter des AIF.
  • Das Darlehen ist nachrangig.
  • Die Darlehen belaufen sich höchstens auf das zweifache der Anschaffungskosten der Beteiligungen, die an dem Unternehmen gehalten werden.
Den Grund für die Erleichterungen sieht der Gesetzgeber in den praktischen Bedürfnissen von Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds. Insoweit würden Gesellschafterdarlehen zu den flexiblen Elementen der Unternehmensfinanzierung zählen.

Angemessene Reaktion auf Leistungsstörungen

Schon vor dem Inkrafttreten des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes konnten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für Rechnung von AIF unverbriefte Darlehensforderungen erwerben. Die Praxis zeigte aber, dass die Verwaltungsgesellschaften oft nicht angemessen auf Leistungsstörungen des Darlehensnehmers reagieren konnten.

Vor allem bestand die Gefahr, dass die frühere Verwaltungspraxis eine nachträgliche Änderung der Darlehensbedingungen als Kreditvergabe im Sinne des KWG gewertet hat.  

Die OGAW-V-Umsetzung hat nun klargestellt, dass nachträgliche Änderungen der Darlehensbedingungen zur Restrukturierung keine Darlehensvergabe sind. Dies gilt zum Beispiel für die Prolongation eines Darlehens, für spätere Änderungen der Tilgungsbestimmungen oder eine Anpassung der Zinsen.

Quelle: BaFin-Journal Oktober 2016

Weiterführende Literatur
  • In dem ergänzbaren Handbuch von Beckmann/Scholtz/Vollmer finden Sie Kommentierungen zu den Rechtsvorschriften der Kapitalverwaltungsgesellschaften und der Unternehmensbeteiligungsgesellschaften einschließlich der steuerrechtlichen Regelungen, Erläuterungen und Materialien. Das Werk behandelt insbesondere das KAGB, die KAVerOV, das InvStG, das UBGG und die DerivateV. Es bietet aber auch Länderberichte zu Investitionsstandorten (v.a. Luxemburg) sowie vertiefende Erläuterungen bei den Schnittstellen zum KWG, WpHG und GwG.
  • Der Kommentar von Reischauer/Kleinhans zum Kreditwesengesetz (KWG) ist ein seit vielen Jahren hochangesehenes und bewährtes Standardwerk. Das Loseblattwerk kommentiert neben den KWG-Normen u.a. die LiqV, die FinaRisikoV oder die AnzV und erläutert den MaRisk-Regelungstext. Sukzessive behandelt das Werk zudem die wesentlichen Vorschriften der neuen EU-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation). Dabei berücksichtigt es auch die technischen Standards der europäischen Aufsichtsbehörde EBA und weitere relevante Bestimmungen, wie z.B. die EBA-Guidelines. 
  • Wie Sie entscheidende Geschäfts- und Handlungsbereiche systematisch überdenken und unter Compliance-Aspekten anpassen, erklärt das Buch Compliance für geschlossene Fonds – Praxis-Leitfaden für Anbieter, Vertrieb und Zweitmarkt von Hartmut Renz, Prof. Dr. Lars Jäger und Gero Maas, auch als eBook erhältlich.

(ESV/bp)

Programmbereich: Bank- und Kapitalmarktrecht