Digitaler Nachlass ist regelungsbedürftig
Fernmeldegeheimnis keine Barriere mehr
Das Kammergericht Berlin hatte als Vorinstanz noch die Ansicht vertreten, dass dem Zugriff der Eltern das Fernmeldegeheimnis entgegenstehe, speziell mit Blick auf die Kommunikationspartner ihrer verstorbenen Tochter. Die Entscheidung des Kammergerichts war massiver Kritik ausgesetzt, weil sie es nahezu unmöglich machte, Daten zu vererben, die auf den Servern Dritter lagern.Der BGH hingegen hält explizit das Facebook-Konto schlicht für vererbbar. Dem stehe auch der Geheimnisschutz nicht entgegen. Der Erbe trete vollständig an die Stelle des verstorbenen Facebook-Nutzers und sei daher „keine andere Person” im Sinne des Gesetzes. Wer über Facebook eine Nachricht schreibe, kommuniziere mit Nutzerkonten, nicht mit bestimmten Menschen, so der BGH.
Aber auch Kritik am BGH
Folglich ist das Grundsatzurteil des BGH für viele, auch die meisten Juristen, eine begrüßenswerte Entscheidung. Nach Ansicht von Prof. Dr. Volker Boehme-Neßler, Rechtswissenschaftler und Experte für Internetrecht an der Universität zu Oldenburg, ist die BGH-Entscheidung allerdings juristisch hochproblematisch und würde einer Überprüfung beim Bundesverfassungsgericht womöglich nicht standhalten (s.u. https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-425113.html). Eine Schlüsselfrage des gesamten Verfahrens war z.B., wie mit dem digitalen Erbe umzugehen sei, wenn die Rechte anderer Kommunikationspartner berührt sind. Steht das Fernmeldegeheimnis dem Erbrecht entgegen, muss die Kommunikation vertraulich bleiben, argumentieren die Kritiker der BGH-Auffassung. Und das gelte auch für die Erben, um all jene zu schützen, die dort Nachrichten hinterlassen haben. Diese Aspekte habe der BGH bei seiner Entscheidung viel zu wenig berücksichtigt.Digitalen Nachlass regeln
Dennoch ist klar, dass inzwischen auch Hinterlassenschaften aus der digitalen Welt zur Erbmasse gehören. Da empfiehlt es sich, den letzten Willen auch für die virtuelle Welt zu regeln. Laut einer aus 2017 stammenden Umfrage des Digitalverbands Bitkom haben aber acht von zehn Internetnutzern ihren digitalen Nachlass noch nicht geregelt.Siehe auch: BGH: Facebook-Konto gehört zum digitalen Nachlass von Verstorbenen
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(ESV/ps)
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