
Neues aus Karlsruhe, Speyer, Trier und Berlin
BGH: Mit „Lähmung” ist bei Patientenaufklärung grundsätzlich auch dauerhafte Lähmung gemeint
In dem vorliegenden Fall ging es unter anderem um die ordnungsgemäße Aufklärung eines Patienten. Die Beklagte zu 2) hatte dem Kläger im Hause der Beklagten zu 1) ein Hüftgelenk eingesetzt. Seit der Operation kann der Kläger nicht mehr normal stehen oder gehen. Ebenso kann er keinen Sport mehr treiben.Am Tag vor der Operation wies eine Assistenzärztin den Patienten beim Aufklärungsgespräch auf das Risiko einer Lähmung als schlimmste Folge einer Nervenverletzung hin. Zudem unterzeichnete der Kläger an diesem Tag einen Aufklärungsbogen. Dieser hatte auf das Risiko von Nervenverletzungen hingewiesen, die dauerhafte Störungen, wie zum Beispiel eine Teillähmung des Beines verursachen können. Der Kläger meinte unter anderem, dass er nicht ordnungsgemäß über das Risiko einer dauerhaften Lähmung aufgeklärt worden sei. Während die Ausgangsinstanz die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das Berufungsgericht die Beklagten wegen mangelhafter Aufklärung zu einem Schadenersatz von 40.000 Euro.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück. Nach Meinung des BGH liegt jedenfalls kein Aufklärungsfehler vor. Danach schließt der Begriff „Lähmung” ohne Vorliegen besonderer Umstände auch die Gefahr einer dauerhaften Lähmung mit ein. Wolle der Patient mehr über das Lähmungsrisiko wissen, müsse er dieses erfragen, so die Richter aus Karlsruhe. Die Berufungsinstanz muss nun prüfen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.
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- Informations- und Substantiierungspflichten im Arzthaftungsprozess, erschienen in der Fachzeitschrift KRS, Krankenhaus-Rechtsprechung, Ausgabe 12/2016
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Die Rechtsprechungssammlung AHRS, Arzthaftpflicht-Rechtsprechung III, Stand 2016, herausgegeben von Eva Ohlsberg, enthält als Gesamtwerk alle seit 1949 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen sowie rechtskräftige, schwer zugängliche Entscheidungen der unteren Instanzen. Die Entscheidungen werden von Richtern aus den Spezialsenaten für mit hoher medizinischer Fachkompetenz ausgewählt und aufbereitet. Teil III dieses Klassikers beinhaltet Entscheidungen ab 1.1.2000. Sowohl die einzelnen Teile als auch das Gesamtwerk sind auch als CD-ROM erhältlich. |
SG Karlsruhe: Keine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe wegen Weiterbildung zum Meister
Der Kläger hatte sein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis als Zimmerer gekündigt, um einen einjährigen Vorbereitungskurs zum Zimmerermeister zu besuchen. Die Beklagte lehnte dies ab und verhängte eine Sperrzeit gegen den Kläger. Eine Weiterbildung rechtfertige ohne drohende Kündigung nicht die Aufgabe eines Beschäftigungsverhältnisses, so die Behörde. Somit müsse die Versichertengemeinschaft nicht für die Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers aufkommen.Die hiergegen gerichtete Klage vor der 17. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte Erfolg. Die Kammer sah in der Weiterbildung einen wichtigen Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses. Danach darf sich der Kläger beruflich weiterbilden, um eine bessere berufliche Stellung zu erreichen. Vor allem wegen der Tatsache, dass die Bildungsmaßnahme nicht berufsbegleitend durchgeführt werden konnte, wertete das Gericht das Verhalten des Klägers nicht versicherungswidrig im Sinne von § 159 SGB III.
Quelle: Pressemeldung des SG Karlsruhe zum Urteil vom 09.11.2016 - AZ: S 17 AL 1291/16
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Der Kommentar Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch (SGB) III: Arbeitsförderung, wendet sich an Praktiker in der Sozialverwaltung und den Kommunen, die Sozialpartner, die Anwaltschaft und die Gerichte. Das Werk bietet alle Informationen rund um die aktuellen Regelungen und zeigt die Zusammenhänge des SGB III zum übrigen Sozialrecht auf. Ein kontinuierlich fortgeschriebenes Gesetzesänderungsregister rundet das Werk ab. |
SG Speyer: Kind hat auch dann Anspruch auf Hartz IV-Leistungen, wenn die Mutter den Namen des Kindsvaters geheim hält
Nennt eine Mutter nicht den Namen des Vaters ihrer Tochter, kann das Jobcenter den Anspruch der Tochter auf Leistungen nach dem SGB II nicht ausschließen. Dies gilt auch dann, wenn hierdurch verhindert wird, dass Unterhaltsansprüche der minderjährigen Tochter geltend gemacht werden können. Dies hat das SG Speyer kürzlich entschieden.Nach Auffassung des Gerichts fehlt es für einen Leistungsausschluss im Bereich der Existenzsicherung nach SGB II an einer ausdrücklichen entsprechenden gesetzlichen Regelung. Auch der Grundsatz der Nachrangigkeit von Leistungen rechtfertigt den Leistungsausschluss danach nicht. Das SG hat daher das Jobcenter zur Gewährung von Leistungen verurteilt. Allerdings meint das SG auch, dass die Weigerung der Mutter, den Namen des Vaters mitzuteilen, Erstattungsansprüche gegen die Mutter wegen sozialwidrigen Verhaltens nach § 34 Abs. 1 SGB II begründen können. Dies wäre aber nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens.
Quelle: Pressemeldung des SG Speyer vom 28.11.2016 zum Urteil vom 25.10.2016 - AZ: S 6 AS 1011/15
Weiterführdende Literatur |
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VG Trier: Ungenehmigte Nebentätigkeit eines Justizvollzugsbeamten ist schweres Dienstvergehen
In dem vorliegenden Fall setzte der betroffene Beamte eine Nebentätigkeit, die bis Ende 2013 genehmigt war, nach Ablauf des Jahres 2013 fort. Im Rahmen dieser Tätigkeit betrieb er einen Internethandel mit einem Zeitaufwand von etwa acht Wochenstunden bei einer Vergütung von 100 Euro im Monat. Für die Fortsetzung dieser Tätigkeit beantragte der Beamte keine Genehmigung. Das klagende Land Rheinland-Pfalz leitete daraufhin ein Disziplinarverfahren ein und erhob Klage zum Verwaltungsgericht Trier auf Entfernung des Beamten aus dem Dienst.Im Rahmen der rechtlichen Erörterung stimmten die Beteiligten dann jedoch einer Verfahrensbeendigung durch Beschluss des Gerichts zu. Dieser Beschluss sieht gegen den Beamten eine Gehaltskürzung von zehn Prozent für ein Jahr vor. Diese Möglichkeit der Verfahrensbeendigung gibt das Landesdisziplinargesetz von Rheinland-Pfalz. Das Gericht wertete das Verhalten des Beamten zwar als schweres Dienstvergehen. Es sah die Gehaltskürzung aber als angemessen und ausreichend an.
Quelle: Pressemitteilung des VG Trier vom 30.11.2016 zum Beschluss des Gerichts vom 22.11.2016 AZ: 3 K 3700/16.TR
Weiterführdende Literatur |
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LG Berlin: Maklergebühr für Reservierung einer Immobilie unzulässig
Die Beklagte agierte als Immobilienmaklerin. Mit einer Verbraucherin, die sich für eine Immobilie interessierte, hatte die Maklerin einen vierwöchigen Reservierungsauftrag für ein in Betracht kommendes Objekt abgeschlossen. Hierfür sollte die Verbraucherin eine Gebühr von 932,40 Euro entrichten.Die Verbraucherzentrale verlangte Unterlassung des Abschlusses solcher Reservierungsvereinbarungen vor dem Landgericht Berlin. Das Gericht gab der Verbraucherzentrale Recht. Danach werden Verbraucher durch die Gebühren unangemessen benachteiligt. Die Reservierungsvereinbarung, so die Berliner Richter, bietet keinen nennenswerten Vorteil. Mit der Reservierung wäre nicht sichergestellt, dass die Verbraucherin das reservierte Objekt auch erwerben kann. Der Immobilieneigentümer könne den Immobilienkaufvertrag immer noch mit einem anderen Interessenten abschließen.
Quelle: Verbraucherzentrale Berlin, Pressemitteilung vom 29.11.2016
Urteil des LG Berlin vom 08.11.2016 AZ: 15 O 152/16
Weiterführende Literatur |
Die dritte Auflage des Buchs Maklerrecht, von Hans Christian Ibold, Richter am Oberlandesgericht a.D., stellt diese komplexe Materie grundlegend, praxisbezogen und allgemein verständlich dar. So ermöglicht Ihnen das Werk eine rasche Orientierung über die Grundlagen sowie eine vertiefte Behandlung aller wichtigen Probleme. Das Werk ist auch als eBook erhältlich. |
(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht