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Prüfungen sind eine Herausforderung - nicht nur für die zu Prüfenden (Photo: MP Studio / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs

Anonymitätsgrundsatz und Überdenkungsverfahren in der schriftlichen Steuerberaterprüfung

ESV-Redaktion Steuern
04.12.2023
In einem aktuellen Urteil beschäftigt sich der BFH mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Steuerberaterprüfung, insb. mit der Möglichkeit, die schriftlichen Prüfungsarbeiten ohne Verwendung eines anonymisierten Kennzahlensystems anfertigen zu lassen.

Option, Prüfung anonymisiert zu schreiben

Die Klägerin des Streitfalls nahm an der Steuerberaterprüfung 2015 teil. Dabei bestand für die Klägerin nicht die Möglichkeit einer anonymisierten Teilnahme, da die für das entsprechende Bundesland zuständige Steuerberaterkammer von der in § 18 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Berufsausübungsgesellschaften (DVStB) vorgesehenen Option, die schriftlichen Aufsichtsarbeiten unter Verwendung einer anonymen Kennzahl schreiben zu lassen, keinen Gebrauch gemacht hatte. Damit war der Name des Prüflings auf den Klausuren anzugeben und den Korrektoren mithin bei der Bewertung der Arbeiten bekannt. Der Klägerin war wegen nicht ausreichender schriftlicher Prüfungsleistungen von der prüfenden Steuerberaterkammer die Zulassung zur mündlichen Prüfung verweigert worden.

Überdenkungsverfahren

Daher erbat die Klägerin von den jeweiligen Erst- und Zweitprüfern eine Überprüfung der Bewertung im Rahmen eines Überdenkungsverfahrens. Bei einer der drei Klausuren gaben die betreffenden Prüfer im Zuge dessen eine gemeinsame, zwischen ihnen abgestimmte Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin ab. Weder das verwaltungsinterne Überdenkungsverfahren noch die parallel vor dem Finanzgericht geführte Klage gegen das Prüfungsergebnis hatten Erfolg.

Keine Diskriminierung durch fehlende Anonymisierung

Der BFH gab der Klägerin zum Teil Recht und verpflichtete die Beklagtenseite, die gemeinsam überdachte Klausur durch andere Prüfer neu bewerten zu lassen.

In seinem Urteil bestätigte der BFH, dass § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB mit Verfassungsrecht vereinbar ist. Der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit unter besonderer Berücksichtigung des Verbots geschlechtsspezifischer Diskriminierung gebiete kein anonymisiertes Kennzahlensystem für die Durchführung der schriftlichen Steuerberaterprüfung. Statistische Belege für die Annahme der Klägerin, dass die Verwendung des Namens in der Steuerberaterprüfung zu geschlechtsspezifischer Benachteiligung führe, existierten nicht.

Objektivierte Prüfungsentscheidung

Die zwischen Erst- und Zweitprüfer abgestimmte gemeinsame Überdenkung ihrer Bewertung war hingegen verfahrensfehlerhaft. Die Einschaltung einer Prüfermehrheit soll zu einer Objektivierung der Prüfungsentscheidung führen. Durch die Zulassung gemeinsamer Beurteilungen zu einem erheblichen Teil werde dieser Effekt jedoch wieder zunichte gemacht. Deshalb sei eine solche Abstimmung – anders als eine eigenständige, aber „offene“ Überdenkung in Kenntnis des vom anderen Prüfer gefundenen Ergebnisses – allenfalls im Nachgang zu einer schriftlichen Fixierung des Überdenkungsergebnisses zulässig.

Dabei betont der BFH, dass das Überdenkungsverfahren eine eigenständige und unabhängige Überprüfung durch die hierfür zuständigen Prüfer erfordert und eine gemeinsam abgestimmte Überdenkung von Klausuren durch eine Prüfermehrheit unzulässig ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 11. Juli 2023 (VII R 10/20), veröffentlicht am 30. November 2023


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(ESV/cm)  

Programmbereich: Steuerrecht