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ArbG Gießen: Auch Pflegepersonal, das vor dem 16.03.2020 in einem Seniorenheim beschäftigt war, muss einen Impf-oder einen Genesenennachweis vorlegen (Foto: Kzenon / stock.adobe.com)
Corona und die Beschäftigung von Ungeimpften im Pflegebereich

ArbG Gießen: Keine Beschäftigung von Ungeimpften in Seniorenheim

ESV-Redaktion Recht
29.04.2022
Muss die Betreiberin eines Seniorenheims einen Wohnbereichsleiter und eine Pflegefachkraft über den 15.03.2022 hinaus beschäftigen, obwohl beide schon vor dem 16.03.2022 dort beschäftigt waren und weder Impf- noch Genesenen-Nachweise vorgelegt hatten? Über diese Frage hat das ArbG Gießen kürzlich im Rahmen von zwei Eilanträgen entschieden.
In dem Streitfall wollten die Antragsteller gegenüber ihrer Arbeitgeberin, die ein Seniorenheim betreibt, mit einer einstweiligen Verfügung ihre Weiterbeschäftigung durchsetzen. Beide Antragsteller sind nicht gegen Corona geimpft. Mit Wirkung zum 16.03.2020 hatte die Antragsgegnerin die Antragsteller ohne Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Die betreffenden Mitarbeiter hatten bis zum 15.03.2022 weder eine Impfung gegen Corona noch einen Genesenen-Nachweis vorgelegt und hielten ihre Freistellung für rechtswidrig.

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ArbG Gießen: Beschäftigung nach Ermessen des Arbeitgebers

Die Eilanträge hatten vor der 5. Kammer des ArbG Gießen keinen Erfolg. Im Rahmen ihrer Begründung schickte die Kammer zunächst voraus, dass das Beschäftigungsverbot nach § 20a Absatz 3 Sätze 1 und 4 IfSG vom Wortlaut her nur für betroffene Personen gilt, die ab dem 16.03.2022 neu eingestellt wurden – nicht dagegen für schon bisher beschäftigte Mitarbeiter. Dennoch kann ein Seniorenheim Ungeimpfte oder Beschäftigte ohne Genesungsnachweis von der Arbeit freistellen, wenn diese ihrer Pflicht zur Vorlage der jeweiligen Nachweise nicht nachkommen. Die weiteren Erwägungen der Kammer hierzu:
 
  • Besonderes Schutzbedürfnis für Heimbewohner: Für Bewohner eines Seniorenheims besteht ein besonderes Schutzbedürfnis im Hinblick auf Corona.
  • Ermessen des Arbeitgebers: Aufgrund der gesetzlichen Wertungen von § 20a IfSG hat der Arbeitgeber ein billiges Ermessen, den Einsatz seines Personals von der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenen-Nachweises abhängig zu machen, und Personen, die dem nicht nachkommen, von der Arbeit freizustellen.
  • Interessenabwägung: Hierbei ist das Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit gegen die Gesundheitsinteressen der Heimbewohner abzuwägen. Bei dieser Abwägung bewertete das Gericht die gesundheitlichen Interessen der Heimbewohner höher als das Interesse der Beschäftigten.
Die Frage, ob die Vergütung für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen ist, ließen die Verwaltungsrichter aus Gießen offen. Dies gehörte nicht zum Streitgegenstand des Eilverfahrens.
 
Quelle: PM des ArbG Gießen vom 12.04.2022 zu den Entscheidungen vom selben Tag – 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22
 

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Im Wortlaut: § 20 a Absatz 3 - Sätze 1 und 4 IfSG
(3) 1Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. [.....].

4Eine Person nach Satz 1, die keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden.


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(ESV/bp)
 

Programmbereich: Arbeitsrecht