
ArbG Hamburg: Dienstfreie Zeit eines Kapitäns an Bord wird durch Alkoholverbot nicht zum vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst
Kläger: Alkoholverbot in Freizeit rechtfertigt Einordnung als Bereitschaftszeit
Daraufhin machte der Kläger die Vergütung von Bereitschaftszeiten geltend. Nach seinem Vortrag muss er als Kapitän jederzeit in der Lage sein, das Kommando auf der Brücke zu übernehmen. Deshalb, so der Kläger weiter, sei die Anweisung der Beklagten mit der Null-Toleranz-Grenze für Alkohol während der dienstfreien Zeit als ständige Bereitschaft anzusehen. Nach seiner Rechnung ergeben sich daraus für jede volle Woche 128 Stunden Bereitschaftsdienst, sodass er von der Beklagten einen Betrag von annähernd 109.000 EUR forderte.
Beklagte: Einordnung als Bereitschaftsdienst aus Gesetzen nicht herleitbar
Die Beklagte lehnte die Forderung des Klägers ab. Sie meinte, sie habe keinerlei Weisung gegenüber dem Kläger erteilt. Hierzu wäre seine Ansprechpartnerin gar nicht befugt gewesen. Zudem wäre aus der Seeleute-Arbeitszeit-Richtlinie (1999/63/Entgeltgruppe) nicht abzuleiten, dass Seeleute Bereitschaftsdienste zu leisten hätten. Der Fall landete schließlich vor dem ArbG Hamburg.
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ArbG Hamburg: Alkoholverbot begründet keinen Bereitschaftsdienst
Das ArbG Hamburg wies die Klage ab und ordnete die vom Kläger benannten Freizeiten nicht als Bereitschaftsdienst ein. Die wesentlichen Überlegungen des Gerichts:
- Zum Bereitschaftsdienst: Bereitschaftsdienst heißt, dass sich der Arbeitnehmer an einem Ort, den der Arbeitgeber bestimmt, zur Arbeitsaufnahme bereithalten muss. Während dieser Zeit kann er nicht frei über seine Zeit verfügen. Voraussetzung hierfür ist eine ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung durch den Arbeitgeber.
- Bloße Notfallbereitschaft noch kein Bereitschaftsdienst: Die reine Sicherung der Einsatzbereitschaft in Notfällen ist dem Gericht zufolge noch kein Bereitschaftsdienst. Notfälle sind demnach ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Ereignisse, die die Gesundheit oder das Leben von Personen oder Sachen gefährden wie etwa „Mann über Bord“, Feuer, Sturm oder Angriffe. Notfälle sind also eher selten und nicht regelmäßig zu erwarten.
- Bewertung bei Kapitänen: Kapitäne tragen zwar die Hauptverantwortung für das Schiff und die Besatzung. Das heißt aber nicht, dass sie außerhalb ihrer Arbeitszeit (Wachen) stets mit einem Arbeitseinsatz zu rechnen haben. Die eher theoretische Möglichkeit eines Einsatzes – ohne ständige Abrufbereitschaft – begründet auch bei Kapitänen noch keinen Bereitschaftsdienst.
- Zum Alkohol und Drogenverbot: Ebensowenig führte das Alkohol- und Drogenverbot dazu, dass der Kläger jederzeit mit einem Einsatz rechnen musste. Auch mit dem dem Verbot lässt sich also kein Bereitschaftsdienst begründen, so das ArbG Hamburg abschließend.
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(ESV/bp)
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