Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Nach Auffassung des ArbG Hamburg gehört auch zum Bereitschaftsdienst eines Kapitäns die wache Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung (Foto: milkovasa / stock.adobe.com - Symbolbild)
Freizeit oder Bereitschaftsdienst

ArbG Hamburg: Dienstfreie Zeit eines Kapitäns an Bord wird durch Alkoholverbot nicht zum vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst

ESV-Redaktion Recht
28.05.2025
Kann ein striktes Alkoholverbot an Bord eines Schiffes für die Besatzung – auch für dienstfreie Zeiten – die Annahme eines vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienstes rechtfertigen? Diese Frage hat das ArbG Hamburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden.  
In dem Streitfall arbeitet der Kläger seit 2007 bei der Beklagten als Kapitän. Für das Arbeitsverhältnis – auch Heuerverhältnis genannt – gelten aufgrund einer einzelvertraglichen Einbeziehung die MTV-See und der sogenannte HTV-See. In letzterem ist eine pauschale Überstundenvergütung für alle Besatzungsmitglieder mit Ausnahme von Kapitänen enthalten.

Auf seine Nachfrage, ob er außerhalb seiner Dienstzeit an Bord Alkohol trinken dürfe, reagierte die Beklagte mit E-Mail vom 15.03.2022, nach der an Bord eine Null-Toleranz-Politik für Drogen und Alkohol gilt. Demnach ist das Verbot konform mit deutschem Recht. Die Begründung: Seeleute wären nüchtern besser dazu fähig, ihren Aufgaben auch in Notfällen nachzukommen.

Kläger: Alkoholverbot in Freizeit rechtfertigt Einordnung als Bereitschaftszeit 


Daraufhin machte der Kläger die Vergütung von Bereitschaftszeiten geltend. Nach seinem Vortrag muss er als Kapitän jederzeit in der Lage sein, das Kommando auf der Brücke zu übernehmen. Deshalb, so der Kläger weiter, sei die Anweisung der Beklagten mit der Null-Toleranz-Grenze für Alkohol während der dienstfreien Zeit als ständige Bereitschaft anzusehen. Nach seiner Rechnung ergeben sich daraus für jede volle Woche 128 Stunden Bereitschaftsdienst, sodass er von der Beklagten einen Betrag von annähernd 109.000 EUR forderte.

Beklagte: Einordnung als Bereitschaftsdienst aus Gesetzen nicht herleitbar


Die Beklagte lehnte die Forderung des Klägers ab. Sie meinte, sie habe keinerlei Weisung gegenüber dem Kläger erteilt. Hierzu wäre seine Ansprechpartnerin gar nicht befugt gewesen. Zudem wäre aus der Seeleute-Arbeitszeit-Richtlinie (1999/63/Entgeltgruppe) nicht abzuleiten, dass Seeleute Bereitschaftsdienste zu leisten hätten. Der Fall landete schließlich vor dem ArbG Hamburg.

Der kostenlose Newsletter Recht – Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps


ArbG Hamburg: Alkoholverbot begründet keinen Bereitschaftsdienst


Das ArbG Hamburg wies die Klage ab und ordnete die vom Kläger benannten Freizeiten nicht als Bereitschaftsdienst ein. Die wesentlichen Überlegungen des Gerichts:  

  • Zum Bereitschaftsdienst: Bereitschaftsdienst heißt, dass sich der Arbeitnehmer an einem Ort, den der Arbeitgeber bestimmt, zur Arbeitsaufnahme bereithalten muss. Während dieser Zeit kann er nicht frei über seine Zeit verfügen. Voraussetzung hierfür ist eine ausdrückliche oder stillschweigende Anordnung durch den Arbeitgeber.

  • Bloße Notfallbereitschaft noch kein Bereitschaftsdienst: Die reine Sicherung der Einsatzbereitschaft in Notfällen ist dem Gericht zufolge noch kein Bereitschaftsdienst. Notfälle sind demnach ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Ereignisse, die die Gesundheit oder das Leben von Personen oder Sachen gefährden wie etwa „Mann über Bord“, Feuer, Sturm oder Angriffe. Notfälle sind also eher selten und nicht regelmäßig zu erwarten.
  • Bewertung bei Kapitänen: Kapitäne tragen zwar die Hauptverantwortung für das Schiff und die Besatzung. Das heißt aber nicht, dass sie außerhalb ihrer Arbeitszeit (Wachen) stets mit einem Arbeitseinsatz zu rechnen haben. Die eher theoretische Möglichkeit eines Einsatzes – ohne ständige Abrufbereitschaft – begründet auch bei Kapitänen noch keinen Bereitschaftsdienst.
  • Zum Alkohol und Drogenverbot: Ebensowenig führte das Alkohol- und Drogenverbot dazu, dass der Kläger jederzeit mit einem Einsatz rechnen musste. Auch mit dem dem Verbot lässt sich also kein Bereitschaftsdienst begründen, so das ArbG Hamburg abschließend.
Quelle: Urteil des ArbG Hamburg vom 11.04.2025 –  See 1 Ca 180/23


juris Arbeitsrecht Premium


Mit juris Arbeitsrecht Premium nutzen Sie die maximale Bandbreite an arbeitsrechtlicher Top-Literatur der jurisAllianz für Ihre Argumentation. Exklusiv mit den STAUDINGER Bänden zum Arbeitsrecht! Und mit direktem Zugriff auf aktuelle Rechtsprechung und Bundesgesetze.



juris Arbeitsrecht Premium enthält folgende Werke aus dem Erich Schmidt Verlag:

  • Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, Kommentar, von Dr. Gerhard Knorr, Prof. Dr. Otto Ernst Krasney
  • Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens von Dr. Alexander Ostrowicz, Dr. Reinhard Künzl, Christian Scholz
  • Betriebsverfassungsrecht von Dr. Klaus Pawlak und Jan Ruge
  • Alternativen zur Kündigung von Dr. Marion Bernhardt
  • Kündigung bei Krankheit von Prof. Dr. Achim Lepke
  • Personal Recruitment von Prof. Dr. jur. Wolfgang Böhm, Dipl.-Psychologe Dr. Stefan Poppelreuter
  • Schwerbehindertenrecht von Dr. Nicolai Besgen
  • Praxishandbuch Auslandsbeschäftigung von Ebba Herfs-Röttgen (Hrsg.)
Jetzt gratis testen: Lernen Sie juris Arbeitsrecht Premium für 4 Wochen kostenlos, unverbindlich und ohne Risiko kennen.
   

Aktuelle Entscheidungen zum Arbeits- und Sozialrecht

An dieser Stelle berichten wir fortlaufend über aktuelle Entscheidungen zum Arbeits- und Sozialrecht. Zu den Themenbereichen gehören auch das Recht des öffentlichen Dienstes und das Beamtenrecht.  mehr …


(ESV/bp)

Programmbereich: Arbeitsrecht