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BU: ArbG Heilbronn: Der Begriff „Digital Native“ bezeichnet junge Menschen, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind – ein Symbolbild (Foto: Alessandro Biascioli / stock.adobe.com)
Entschädigung wegen Diskriminierung bei Bewerbung

ArbG Heilbronn zum Begriff „Digital Native“ als Indiz für Altersdiskriminierung

ESV-Redaktion Recht
19.03.2024
Zielt die Bezeichnung „Digital Native“ in einem Stelleninserat auf jüngere Bewerber ab, mit der Folge, dass darin ein Indiz für eine Altersdiskriminierung zu sehen ist? Mit dieser Frage hat sich das ArbG Heilbronn in einem kürzlich veröffentlichen Urteil befasst.
In dem Streitfall bewarb sich der 1972 geborene Kläger – von Beruf Diplomwirtschaftsjurist – bei der späteren Beklagten, einer Sportartikelhändlerin. Im April 2023 schaltete diese eine unbefristete Stellenanzeige als „Manager Corporate Communication (m/w/d) Unternehmensstrategie“ über das Internet. Der weitere Text der Stellenanzeige lautete unter anderem wie folgt:
 
„Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“
 

Kläger: Absage ist Altersdiskriminierung

Im Laufe des Bewerbungsverfahrens sagte die Beklagte dem Kläger jedoch ab. Der Kläger sah darin eine Diskriminierung wegen seines Alters. Daher zog er mit einer Klage vor das ArbG Heilbronn und verlangte eine Entschädigung von 37.500 EUR.
 

Beklagte: Kläger war überqualifiziert

Die Beklagte trat dem entgegen und meinte, der Kläger wäre überqualifiziert. Zudem fehle es ihm an hinreichenden Bezügen zum Sport. Die Stellenanzeige sollte locker wirken sowie Bewerberinnen und Bewerber ansprechen, die sich in der digitalen Welt zuhause fühlen.

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ArbG Heilbronn: Der Begriff „Digital Native“ spricht Personen an, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind

Die 8. Kammer des ArbG schloss sich dem Grunde nach der Auffassung des Klägers an und sah in dem Begriff „Digital Native“ ein Anzeichen für eine Altersdiskriminierung. Sie verurteilte die Beklagte aber „nur“ zu einem Schadenersatz von 7.500 EUR, was abweichend von der Auffassung des Klägers 1,5 Bruttomonatsgehältern entspricht. Die weiteren wesentlichen Erwägungen der Kammer:
 
  • Unmittelbare Benachteiligung: Eine unmittelbare Benachteiligung einer Person wegen ihres des Alters liegt nach § 3 Absatz 1 Satz 1 AGG dann vor, wenn diese schlechter behandelt wird als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Insoweit ist § 22 AGG zu beachten, der bei Diskriminierungen  Erleichterungen der Darlegungslast, Absenkungen des Beweismaßes oder eine Beweislastumkehr vorsieht. Demnach genügt eine Person, die sich auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beruft, ihrer Darlegungslast schon dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie wegen eines Grundes benachteiligt wurde, den § 1 AGG benannt. Liegt in diesem Sinne die Vermutung einer Benachteiligung vor, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wurde.
  • „Digital Native“ als Indiz für Benachteiligung: Insoweit bringt die Kammer nun die Formulierung des „Digital Native“ in Spiel. Hiermit sei eine Person gemeint, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist, so die Kammer. Aufgrund des klaren Bezuges zu einer Generation, der der Kläger nicht angehört, sah sie dann ein Indiz für die  Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
  • Keine Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung: Die damit aufgestellte Vermutung einer Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters konnte die Beklagte der Kammer zufolge auch nicht ausräumen. Demnach hätte sie Sie den Begriff „Digital Native“ einfach weglassen können oder stattdessen den Begriff „Digital Immigrant“ benutzen können. Letzteres hätte auch ältere Bewerberinnen und Bewerber angesprochen.
Für die Diskriminierung sah das ArbG Heilbronn allerdings keine Entschädigungshöhe, die fünf Monatsgehältern entsprach. Insoweit kürzte es die Entschädigung auf 7.500 EU, die 1,5 Monatsgehältern entsprochem hätte.
 
Quelle: Urteil des ArbG Heilbronn vom 18.01.2024 – 8 Ca 191/23 


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