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BAG stärkt Rechte von Frauen bei Lohngerechtigkeit (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

BAG: Keine Vertragsfreiheit beim Equal-Pay

ESV-Redaktion Recht
20.02.2023
Frauen haben gegenüber Männern Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche Arbeit. Doch gilt dies auch, wenn ein Kollege aufgrund einer besonderen Vereinbarung ein höheres Entgelt erhält? Hierüber und zu Fragen der Beweislast hat das BAG aktuell entschieden.
In dem Streitfall arbeitete die Klägerin seit dem 01.03.2017 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb – und zwar bei einem einzelvertraglichen Grundentgelt von anfangs 3.500,00 EUR. Ab dem 01.08.2018 galt für die Vergütung ein Haustarifvertrag. Dieser sah auch ein neues Eingruppierungssystem vor. Nach der maßgeblichen Einstufung für die Tätigkeit der Klägerin hätte das Grundgehalt der Klägerin demnach 4.140,00 EUR brutto betragen. Die Deckelungsregelung sollte die Anpassung für die Jahre 2018 bis 2020 aber auf maximal 120,00 EUR brutto zusätzlich begrenzen, wenn das neue tarifliche Grundentgelt das bisherige Entgelt überschreitet. Entsprechend dieser Regelung zahlte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.08.2018 also nur ein Grundentgelt von 3.620,00 EUR brutto, das jährlich weiter angehoben werden sollte.
 
Die Klägerin beschäftigte unter anderem seit dem 01.01.2017 auch einen männlichen Außendienstmitarbeiter. Dieser verlangte für die Zeit bis Oktober 2017 aber ein höheres Grundentgelt von 4.500,00 brutto und die Beklagte gab dieser Forderung nach.
 
Ab November 2017 erhielt der Kollege dann ein monatliches Grundgehalt von 3.500,00 EUR zuzüglich eines erfolgsabhängigen Entgeltbestandteils. Zudem vereinbarten die Beklagte und der Kollege ab Juli 2018 eine Entgelterhöhung auf monatlich 4.000,00 EUR brutto. Die Begründung: Der betreffende Kollege habe die Stelle einer ausgeschiedenen Vertriebsmitarbeiterin besetzt, die besser vergütet war.
 
Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten zunächst die Zahlung von rückständigen Vergütungen – und zwar unter anderem
 
  • von monatlich 1.000,00 EUR brutto für die Zeit von März bis Oktober 2017 und
  • von monatlich 500,00 Euro brutto für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019.
Darüber hinaus verlangte sie eine angemessene Entschädigung von mindestens 6.000,00 Euro nach dem AGG.

Nach ihrer Meinung hätte die Beklagte ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen müssen wie ihrem Kollegen. Schließlich habe sie die gleiche Arbeit geleistet wie er. Hierin sah die Klägerin eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. In den Vorinstanzen hatte ihre Klage keinen Erfolg. Daher daher zog sie mit einer Revision zum BAG.

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BAG: Gleiche Bezahlung kann nicht verhandelt werden

Vor dem Achten Senat des BAG war die Klägerin überwiegend erfolgreich. Die wesentlichen Erwägungen des Senats: 

Zeitraum März bis Oktober 2017

  • Benachteiligung vermutet: In der Zeit vom März bis Oktober 2017 wurde die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, weil sie gegenüber ihrem männlichen Kollegen bei gleicher Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat. Diesen Anspruch leitet der Senat aus Art. 157 AEUV in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG her. Dem Senat zufolge begründet schon der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, eine Vermutung nach § 22 AGG, nach der die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgte.
  • Vermutung nicht widerlegt: Die obige Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Sie kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass der männliche Kollege das höhere Grundentgelt ausgehandelt hat. 

Zeitraum ab August 2018

Für die Zeit ab dem 01.08.2018 ergibt sich der höhere Entgeltanspruch der Klägerin dem Senat zufolge schon aus dem Tarifvertrag. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Deckelungsregelung von § 18 Abs. 4 des Haustarifvertrags auf die Klägerin nicht anzuwenden, weil diese vorher kein tarifliches, sondern ein einzelvertraglich vereinbartes Entgelt erhalten hat.
 

Antrag auf Entschädigung nach AGG

Dem Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Achte Senat des BAG hingegen nur teilweise entsprochen und die Entschädigung auf 2.000,00 EUR reduziert.
 
Quelle: PM des BAG vom 16.02.2023 zum Urteil vom selben Tag – 8 AZR 450/21


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(ESV/bp)

Programmbereich: Arbeitsrecht