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Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach § 3 Absatz 1 BUrlG jährlich mindestens 24 Werktage (Foto: lhphotos / stock.adobe.com)
Urlaubsverzicht

BAG zum Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub im Voraus durch einen Gerichtsvergleich

ESV-Redaktion Recht
11.06.2025
Können Arbeitnehmer in bestehenden Arbeitsverhältnissen im Voraus durch einen gerichtlichen Vergleich auf ihren gesetzlichen Mindesturlaub verzichten? Diese Frage hat das BAG kürzlich entschieden.
In dem Streitfall war der Kläger vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2023 als Betriebsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Mit Beginn des Jahres 2023 wurde er durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig und konnte deshalb seinen Urlaub aus diesem Jahr nicht in Anspruch nehmen.
 
Nachdem die Parteien um die Abgeltung von sieben Tagen gesetzlichem Mindesturlaub für 2023 stritten, vereinbarten sie in einem gerichtlichen Vergleich vom 31.03.2023, dass das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 10.000 EUR durch eine Kündigung der Arbeitgeberin zum 30.04.2023 enden sollte. Ziffer 7 des Vergleichs sah vor, dass Urlaubsansprüche in „natura“ zu gewähren waren.
 
In der Korrespondenz, die dem Vergleich vorausging, hatte die Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht möglich sei, auf den gesetzlichen Mindesturlaub wirksam zu verzichten. Später stimmte sie dem Vergleich zwar zu – allerdings erneut unter Hinweis auf ihre rechtlichen Bedenken.
 
In einem weiteren Gerichtverfahren verlangte der Kläger dann von der Beklagten die Abgeltung der noch offenen sieben Tage an gesetzlichem Mindesturlaub aus 2023 in Höhe von 1.615,11 EUR. Nach seiner Ansicht war der im vorherigen Gerichtsvergleich vereinbarte Verzicht auf den unabdingbaren Mindesturlaub unwirksam. In den Vorinstanzen hatte die Klage Erfolg. Daher zog die Beklagte mit einer Revision vor das BAG.

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BAG: Gesetzliche Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub dürfen nicht im Voraus ausgeschlossen werden

 
Der Neunte Senat des BAG schloss sich der Auffassung der Vorinstanzen an und wies die Revision im Wesentlichen zurück. Nach Ansicht des Senats kann der Kläger nach § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung seines gesetzlichen Mindesturlaubs verlangen. Demnach hatte Ziffer 7 des obigen Prozessvergleichs nicht das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zur Folge. Die weiteren wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Kein Ausschluss von gesetzlichem Mindesturlaub im Voraus: Die Vereinbarung, nach der Urlaubsansprüche in natura zu gewähren sind, ist nach § 134 BGB unwirksam, wenn die Vereinbarung einen unzulässigen Ausschluss des gesetzlichen Mindesturlaubs im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG regelt. Dem Senat zufolge dürfen gesetzliche Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub nicht im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden. Gleiches gilt für Ansprüche auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, die mit der rechtlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen entstehen. Dies gilt auch dann, wenn bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs – der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung regelt – schon feststeht, dass der Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindesturlaub krankheitsbedingt nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Bei seiner weiteren Begründung beruft sich der Senat auf Art. 7 Absatz 2 der „RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung“. Nach dieser Norm, so der Senat hierzu, darf der bezahlte Mindestjahresurlaub im noch bestehenden Arbeitsverhältnis außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.  
  • Vorliegend kein Vergleich über Tatsachen: Ziffer 7 des Prozessvergleichs enthält keinen Tatsachenvergleich, der die Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ausschließen würde. Ein solcher würde voraussetzen, dass eine Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs ausgeräumt werden soll. Da der Kläger seit Anfang des Jahres 2023 durchgehend arbeitsunfähig war, sah der Senat insoweit keine Unsicherheit.
  • Kein Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben: Der Einwand der Beklagten, nach dem sich der Kläger nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit des Anspruchsausschlusses berufen durfte, ist nach Meinung des Senats unerheblich. Demnach durfte die Beklagte nicht auf eine offensichtlich unwirksame Regelung vertrauen.
Quelle: PM der BAG vom 03.06.2025 zum Urteil vom selben Tag – 9 AZR 104/24


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Im Wortlaut: § 13  Absatz 1 Satz 3 BurlG – Unabdingbarkeit 
(3) [ …] 3 Im Übrigen kann, abgesehen von § 7 Absatz 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. [...]
 
 
Im Worlaut: Art. 7 Absatz 2 RL 2003/88/EG vom 04.11.2003 – Jahresurlaub
[...]

(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. 

 
(ESV/bp) 

Programmbereich: Arbeitsrecht