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BAG: Wer sich auf Vertraulichkeit seiner Nachrichten innerhalb einer Chatgruppe beruft, muss dies im Zweifel besonders darlegen (Foto: stock.adobe.com)
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Äußerungen in Chatgruppe

BAG zur außerordentlichen Kündigung aufgrund von diskriminierenden Äußerungen in privater Chatgruppe

ESV-Redaktion Recht
28.08.2023
Kann ein Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt werden, wenn sich der betreffende Arbeitnehmer in einer privaten Chatgruppe beleidigend, rassistisch und sexistisch über Vorgesetzte und Kollegen äußert und dabei zu Gewalt aufstachelt? Mit dieser Frage hat sich das BAG aktuell befasst.
In dem Streitfall gehörte der Kläger – der bei der Beklagten beschäftigt ist – seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Später trat ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied hinzu. Nach den Feststellungen der Vorinstanz waren alle Gruppenmitglieder langjährig befreundet und zwei waren miteinander verwandt.

Die Gruppe hatte in der Regel rein private Themen. Allerdings äußerte sich der Kläger auch beleidigend, sexistisch und menschenverachtend über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Als die Beklagte hiervon zufällig erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich und fristlos. Hiergegen wendete sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage.
 
In der Vorinstanzen hatte der Kläger hiermit Erfolg. Die Beklagte zog daher mit einer Revision vor das BAG.

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BAG: Vertraulichkeitserwartung des Klägers an Chatmitglieder zweifelhaft

Der Zweite Senat des BAG hat die Entscheidung der Berufungsinstanz – Urteil des LAG Niedersachsen vom 19.12.2022; 15 Sa 284/22 – aufgehoben und die Sache dorthin zurückverwiesen. Demnach ist das LAG rechtsfehlerhaft von einer berechtigten Vertraulichkeitserwartung des Klägers ausgegangen, die die streitgegenständlichen Äußerungen betrafen. Die weiteren tragenden Erwägungen des Zweiten BAG-Senats:
 
  • Berechtigung der Vertraulichkeitserwartung: Eine Vertraulichkeitserwartung ist nur berechtigt, wenn sich das betreffende Mitglied der der Chatgruppe auf den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer vertraulichen Kommunikation berufen kann. Dies hängt vom Inhalt der ausgetauschten Nachrichten, der Größe der Chatgruppe und der personellen Zusammensetzung der Gruppe ab.
  • Besondere Darlegung der Vertraulichkeitserwartung: Bei beleidigenden und menschenverachtenden Äußerungen über Betriebsangehörige ist besonders dazulegen, warum der Arbeitnehmer erwarten durfte, dass kein anderes Gruppenmitglied den Inhalt mit Dritten teilt.
In zwei Parallelverfahren hat das BAG am 24.08.2023 gleich entschieden. 
 

Wie es weiter geht

Die Vorinstanz muss dem Kläger nun Gelegenheit für eine Darlegung geben, warum er
 
  • aufgrund der Größe der Chatgruppe,
  • ihrer Zusammensetzung
  • sowie der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder 
berechtigterweise annehmen durfte, dass die anderen Mitglieder seine Äußerungen vertraulich behandeln. 
 
Quelle: PM des BAG vom 24.08.2023 zum Urteil vom selben Tag – 2 AZR 17/23


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