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BAG: Bei Arbeit auf Abruf gilt ohne vertragliche Vereinbarung eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden (Foto: Vitalii Vodolazskyi / stock.adobe.com)
Arbeit auf Abruf

BAG zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf

ESV-Redaktion Recht
19.10.2023
Welche wöchentliche Arbeitszeit gilt, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf eine Arbeit auf Abruf geeinigt haben, aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest vereinbart hatten? Mit dieser Frage hat sich das BAG jüngst befasst.
In dem Streitfall ist die Klägerin ist seit 2009 bei der Beklagten als sogenannte „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Die Beklagte ist in der Druckindustrie tätig.
 
In dem Arbeitsvertrag, den die Klägerin mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen hatte, ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht geregelt. Wie die meisten Beschäftigten wurde die Klägerin bedarfsweise in unterschiedlichem Zeitumfang zur Arbeit abgerufen. Als sich der Arbeitsumfang ab 2020 im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren verringerte, meinte die Klägerin, dass die Beklagte ihre Arbeitsleistung durchschnittlich in einem Umfang von monatlich 103,2 Stunden abgerufen hätte. Eine ergänzende Vertragsauslegung würde daher ergeben, dass dies die nunmehr geschuldete Arbeitszeit ist, die die Beklagte vergüten muss. Soweit sie in den Jahren 2020 und 2021 nicht in diesem Umfang abgerufen worden wäre, stütze sie Ihre Vergütung auf den Aspekt des Annahmeverzugs.
 
Die Ausgangsinstanz legte die gesetzliche Regelung von § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG (siehe unten) zugrunde und kam im Ergebnis auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Daher hatte ihre Klage in dieser Instanz nur insoweit Erfolg, wie die Arbeitsleistung der Klägerin aufgrund der Abrufe die Zeit von 20 Stunden/Woche unterschritten hatte. Das LArbG wies die Berufung der Klägerin zurück, sodass die Klägerin mit einer Revision vor das BAG zog.
 
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BAG: Ohne Vereinbarung gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche

Der Fünfte Senat des BAG schloss sich der Auffassung der Vorinstanzen an und wies die Revision zurück. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
 
  • Der Grundsatz: Bei Arbeit auf Abruf müssen die Vertragsparteien nach § 12 Absatz 1 Satz 2 TzBfG eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Ohne Vereinbarung gilt nach § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG die Fiktion einer Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche.
  • Abweichungen möglich: Abweichungen hiervon können über eine ergänzende Vertragsauslegung angenommen werden. Dies gilt aber nur dann, wenn die Fiktion von § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG keine sachgerechte Regelung bietet und es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vertragsparteien bei Kenntnis der Regelungslücke zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die wöchentliche Arbeitszeit anders geregelt hätten. Hierfür hat die Klägerin aber keine Anhaltspunkte vorgetragen.
  • Verhalten des Arbeitgebers in der Folgezeit: Auch in der Folgezeit können die Vertragsparteien ausdrücklich oder konkludent eine andere wöchentliche Arbeitszeit vereinbaren. Hierfür reicht das bloße Abrufverhalten des Arbeitgebers jedoch nicht aus. Ohne weitere Umstände sind höhere Abrufe nicht so auszulegen, dass der Arbeitgeber sich künftig an eine Abweichung von § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG binden will.  
  • Verhalten des Arbeitnehmers in der Folgezeit: Auch die bloße Bereitschaft des Arbeitnehmers, in bestimmten Zeiten mehr zu arbeiten als er nach § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG schuldet, rechtfertigt noch nicht die Annahme, dass er sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang binden möchte.
Quelle: PM des BAG vom 18.10.23 zum Urteil vom selben Tag – 5 AZR 22/23


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Im Wortlaut: § 12 Absatz 1 TzBfG –  Arbeit auf Abruf 
(1) 1 Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). 2 Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. 3 Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.


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(ESV/bp)

Programmbereich: Arbeitsrecht