
Bei welchen Arbeiten Exoskelette helfen
Vorteil bei Arbeiten mit hohem Standardisierungsgrad
„Je gleichmäßiger meine Arbeitsabläufe sind und je standardisierter die Tätigkeit ist, desto besser fällt sowohl objektiv als auch subjektiv die Unterstützung durch ein Exoskelett aus. Das gilt besonders, wenn meine Haupttätigkeit nur selten von Nebentätigkeiten unterbrochen wird“, sagt Matthias Wolf vom Institut für Innovation und Industrie Management. Für die Untersuchung nutzte das Forschungsteam passive Exoskelette, die mit Federn und Dämpfern die Belastung in kritischen Bereichen reduzieren sollen. Im Gegensatz zu ihren aktiven Pendants mit Elektromotoren sind sie wesentlich leichter, handlicher und mit einem Kaufpreis von ca. 2000 bis 4000 Euro auch um einiges günstiger, wodurch sie für kleine und mittelständische Unternehmen eher infrage kommen.
Unter die Lupe nahmen die Forschenden 14 verschiedene Tätigkeiten, die sich den Gruppen Lagerarbeit in der Bestelllogistik, Schweißen, autogenes Brennschneiden, Beschichtung, Montage sperriger Bauteile und industrielle Malerarbeiten zuordnen ließen. Für die objektiven Messungen griff das Team auf Elektromyographie (EMG) zurück, um die elektrische Aktivität in Muskeln und damit deren Beanspruchung zu eruieren. Die subjektive Bewertung erfolgte mittels Fragebögen, auf denen die Probandinnen und Probanden die Faktoren empfundene Arbeitslast, Usability und Akzeptanz sowie Vorteile und Einschränkungen bewerteten.
Am meisten Hilfe über Kopf
Die besten Ergebnisse in Kombination aus objektiver und subjektiver Bewertung gab es bei Malerarbeiten über Kopf mit Schulter- oder Rückenunterstützung. Hier waren die Werte sowohl für die Usability als auch für die Verringerung der Arbeitslast und die Einbindung in den Arbeitsablauf positiv. Standardisierte Metall- und Metallschneidearbeiten, Siloschweißen sowie Lagerarbeiten, die einen Bewegungsradius von unter fünf Metern erfordern, schnitten ebenfalls gut ab. Die schlechtesten Ergebnisse gab es bei Lagerarbeiten mit einem großen Bewegungsradius von mehr als fünf Metern sowie Pulverbeschichtungsarbeiten von großen Flächen, die beide mit Schulterunterstützung erfolgten. Hierbei gab es zu viele Bewegungen, bei denen gegen die Unterstützung der Exoskelette gearbeitet werden musste. Bei längeren Wegen sind die mechanischen Helfer zudem sperrig und erschweren die Fortbewegung. Ein ständiges An- und Ausziehen würde aber zu viel Zeit kosten.
Im Mittelfeld landeten Tätigkeiten mit einem Bewegungsradius von über fünf Metern, die mit Rückenunterstützung erledigt wurden: Lagerarbeiten, die Montage sperriger Bauteile und Verladearbeiten. Hier waren objektive und subjektive Bewertungen nicht immer übereinstimmend, bzw. waren die Verbesserungen nicht besonders groß. So kam es vor, dass die EMG-Messungen eine klare Muskelentlastung zeigten, die Probandinnen und Probanden sich aber nicht wohlfühlten. Zusätzlich kann die soziale Akzeptanz beim Tragen von Exoskeletten eine Rolle spielen, etwa falls Kolleginnen und Kollegen sich eher belustigt über die Trägerinnen und Träger geäußert haben.
Training im ExoLab
„Exoskelette können in bestimmten Anwendungsbereichen dazu beitragen, Arbeitende zu entlasten und sie so länger und gesünder in ihren Tätigkeiten zu halten“, sagt Matthias Wolf. „Angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels hat das zunehmende Relevanz. Allerdings gilt es vorher zu evaluieren, ob die jeweilige Tätigkeit sich auch wirklich dafür anbietet. Im ExoLab der TU Graz wollen wir Unternehmen schon bald die Möglichkeit bieten, Exoskelette näher anzusehen, damit zu trainieren und zu evaluieren, ob und wie sie sich in die eigenen Arbeitsprozesse integrieren lassen.“
Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Mobility & Production“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
Quelle: Pressemitteilung der TU Graz
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