
Berücksichtigung von Handwerkerleistungen ohne besonderes Nutzungsrecht
Handwerkerleistungen in sog. Nebenwohnsitz
Der Kläger war im Streitjahr 2017 Eigentümer eines Hauses, das er mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bewohnte. Daneben bezog er im gleichen Jahr im Haus seiner Mutter einen Nebenwohnsitz und meldete diesen als solchen an.
Für diesen Nebenwohnsitz machte er die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG u.a. für Handwerkerleistungen eines Dachdeckers geltend. Die Rechnungen waren an ihn gerichtet und wurden von ihm auch beglichen.
Das Finanzamt berücksichtigte die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen weder in der Steuererklärung noch im Einspruchsverfahren. Das Finanzgericht schloss sich dieser Rechtsauffassung an.
Anforderungen an berücksichtigungsfähige Handwerkerleistungen
Die Revision des Klägers zum BFH war erfolgreich. Die Lohnkosten für die Dachsanierung sind als Handwerkerleistungen steuermindernd zu berücksichtigen.
Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt die tarifliche Einkommensteuer (…) für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen sich auf Antrag um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 €. Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Die vorgenommenen Dachdeckerarbeiten sind solche Handwerkerleistungen.
Wann liegt ein sog. „Haushalt“ vor?
Streitig war das Vorliegen eines „Haushalts“ im Sinne dieser Führung, denn die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung (…) in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. Darunter ist die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen, wobei die Wohnung der räumliche Bereich ist, in dem sich der Haushalt entfaltet. Einen solchen führte der Kläger an seinem Nebenwohnsitz.
Entgegen der Ansicht des Finanzamts erfordert ein Haushalt im Sinne von § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht, dass der Steuerpflichtige die Räumlichkeiten, in denen sich hauswirtschaftliches Leben entfaltet, als (wirtschaftlicher) (Mit-)Eigentümer oder als Mieter nutzt. Das Gesetz verlangt neben der (tatsächlichen) Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann folglich auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen. Hiervon geht im Übrigen auch die Finanzverwaltung zutreffend aus.
Der Senat hat in verschiedenen Entscheidungen beispielhaft typische Nutzungsverhältnisse aufgezählt. Eine über den Gesetzeswortlaut des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG hinausgehende Einschränkung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen auf bestimmte Nutzungsrechte oder Nutzungsverhältnisse die Wohnung betreffend, in der der Steuerpflichtige den Haushalt führt, ist damit indessen nicht verbunden. Der Begriff Haushalt ist vielmehr räumlich-funktional auszulegen. Maßgeblich sind daher z.B. nicht Grundstücksgrenzen. Die Bedachung gehört unstreitig dazu, auch kommt diese dem Haushalt selbst zugute.
Verpflichtung zur Kostentragung nicht relevant
Der Kläger hat eine Rechnung für die Aufwendungen erhalten und die Zahlung unbar entrichtet.
Entgegen der Auffassung des FG ist es bei dieser Sachlage für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG ohne Bedeutung, wenn der Kläger gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen und die von ihm allein finanzierte Dachsanierung „dem ganzen Haus“ zu Gute kam. Denn insoweit kommt es für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht darauf an, ob sich der Steuerpflichtige gegenüber einem Dritten zur Tragung der Aufwendungen für die Handwerkerleistungen verpflichtet hat.
Die Anwendung der Grundsätze des abgekürzten Vertragswegs kommt hiernach vorliegend nicht in Betracht. Den Feststellungen des Finanzgerichts kann bereits nicht entnommen werden, dass zwischen dem Kläger und seiner Mutter ein – bei nahen Angehörigen zu fordernder – wirksamer und fremdüblicher, steuerlich anzuerkennender Mietvertrag über die Dachgeschosswohnung abgeschlossen wurde, der zu Einkünften der Mutter aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hätte führen können.
Darüber hinaus nützte die Dachsanierung zwar auch der Mutter des Klägers als Eigentümerin des Hauses. Der Kläger wahrte mit dem Abschluss des (Werk-)Vertrags über die Dachsanierung aber auch eigene Interessen. Denn gerade ihm als Nutzer der Dachgeschosswohnung kamen die Arbeiten unmittelbar zu Gute. Bei dieser Sachlage kann unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass die Aufwendungen des Klägers für die Dachsanierung eindeutig der Erwerbssphäre seiner Mutter zuzuordnen sind.
Nach alledem ist die Einkommensteuer um 20 % der vom Kläger im Streitjahr aufgewandten Lohnkosten für die Dachsanierung herabzusetzen.
Quelle: Urteil des BFH vom 20. April 2023 - VI R 23/21
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StBVVvon Dr. Christoph Goez, Gerald Schwamberger unter Mitarbeit von: Simon Beyme, Dipl.-Finanzwirt Walter Jost
„Das Werk gefällt durch seinen klaren Aufbau sowie das praktische Handregister, das den Kommentar für die tägliche Beratungspraxis empfiehlt.“ |
(ESV/cmx)
Programmbereich: Steuerrecht