
Bezüge eines behinderten Kindes und Anrechnung auf das Kindergeld
Kindergeld auch nach Volljährigkeit
Geklagt hatte der Vater einer bereits volljährigen Tochter, bei der eine Behinderung vorliegt. Darüber hinaus wurde die Tochter Opfer einer Gewalttat, aufgrund derer sie eine Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz erhielt. Wegen der Behinderung bestand der Kindergeldanspruch für den Vater auch nach Eintritt der Volljährigkeit der Tochter – und nach Heirat der Tochter.
Die Familienkasse berücksichtigte bei der Berechnung der Bezüge und Einkünfte, die der Tochter zur Verfügung stehen, zunächst den Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihren Ehemann. Weiterhin wurden die Beschädigtengrundrente und weitere Sozialleistungen hinzugerechnet, sodass die Familienkasse letztlich entschied, dass sich die Tochter ab Oktober 2019 selbst unterhalten könne.
In der Folge wurde die Kindergeldfesetzung aufgehoben. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Hiergegen wandte sich die Familienkasse mit der Revision zum BFH.
Opferrente zählt nicht zu den maßgeblichen Bezügen bei der Berechnung des Kindergelds
Der BFH hielt die Revision der Familienkasse für unbegründet.
Für volljährige Kinder besteht ein Anspruch auf Kindergeld auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). So war es auch im vorliegenden Fall. Um festzustellen, ob eine derartige Lage vorliegt, ist ein Vergleich zwischen dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf sowie den Einkünften und Bezügen des Kindes anzustellen.
Entscheidend war, dass die Tochter eine sog. Beschädigtenrente aufgrund Opferentschädigungsgesetz (OEG) bezog, da sie Opfer einer Gewalttat geworden war. Das OEG sieht verschiedene Versorgungsleistungen vor, so z.B. einkommensunabhängige Rentenleistungen aufgrund der bleibenden Schädigungsfolgen sowie einkommensabhängige Leistungen mit Lohnersatzfunktion.
Die von Tochter bezogene sog. Grundrente dient primär dazu, den immateriellen Schaden abzudecken, den das Opfer durch die Gewalttat erlitten hat. Sie soll jedoch nicht den Lebensunterhalt des Opfers und seiner Familie gewährleisten.
Der BFH stellt fest, dass selbst dann, wenn die Beschädigtengrundrente daneben auch materielle Schäden des Opfers abdecken sollte, die einzelnen Leistungskomponenten nicht trennbar wären. Die Familienkasse hätte dann jedoch auch berücksichtigen müssen, dass das Kind auch einen entsprechend höheren behinderungsbedingten Mehrbedarf hat, der die Rente wieder ausgleicht.
Die Grundrente ist daher nach Ansicht des BFH nicht auf das Kindergeld anzurechnen.
Quelle: Urteil des BFH vom 20. April 2023 - III R 7/21Bei uns bleiben Sie auf dem aktuellen Stand im Bereich Steuern. |
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Programmbereich: Steuerrecht