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Die Wahrnehmung allgemeiner Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH unterliegt unter bestimmten Voraussetzungen nicht der Umsatzsteuer (Foto: mhp/stock.adobe.com)
Umsatzsteuer

BFH zur Frage der Umsatzsteuerpflicht bei Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder

ESV-Redaktion Steuern
11.03.2021
Unter welchen Voraussetzungen unterliegen Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder der Umsatzsteuer? Der BFH hat aktuell zu Leistungen einer gemeinnützigen GmbH an ihre Gesellschafter bzw. an zwei Kirchen im Bereich der Medienarbeit entschieden.
Nach dem nun veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.09.2020 – XI R 35/18 sind Tätigkeiten einer gemeinnützigen GmbH zugunsten ihrer Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig.

Im Urteilsfall gründeten eine Kirche und ein kirchennaher Verein (einer anderen Kirche) eine gemeinnützige GmbH (die Klägerin), die mit journalistischen Mitteln den Verkündigungsauftrag erfüllen sollte. Die Klägerin belieferte wie eine Nachrichtenagentur ca. 15 Tageszeitungen als Kunden mit Meldungen, die christliche Wertvorstellungen und ethische Positionen verbreiten sollten, gegen eine geringe „Schutzgebühr“. Der verbleibende Finanzbedarf wurde durch Zuwendungen der kirchlichen Gesellschafter gedeckt.

Die Klägerin ging davon aus, dass sie keine Leistungen an ihre Gesellschafter erbringe und die Verlustübernahme durch ihre Gesellschafter auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhe. Finanzamt und Finanzgericht waren hingegen der Meinung, dass die Klägerin an ihre Gesellschafter umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen in Form der „Medienarbeit“ erbracht habe, für die sie die Zuwendungen der Gesellschafter als Entgelt erhalte. Im Revisionsverfahren wandte die Klägerin erstmals ein, dass ihre Leistungen jedenfalls nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sein müssten.

Finanzgericht hat mögliche unionsrechtliche Steuerbefreiung der Umsätze nicht geprüft

Der BFH hielt die Revision der Klägerin für begründet, hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Finanzgericht hat danach nicht geprüft, ob die Umsätze der Klägerin steuerfrei sind.

Der BFH entschied, dass
  • ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur vorliegt, wenn ein identifizierbarer Leistungsempfänger vorhanden ist, der einen Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt.
  • die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter (hier: christliche Kirche und kirchennaher Verein) durch eine gemeinnützige GmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich eine Wirkung zugunsten der einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen Vorteilen ableitet.
  • eine aus zwei Gesellschaftern bestehende gemeinnützige GmbH ein Personenzusammenschluss i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL und eine Einrichtung ohne Gewinnstreben i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL sein kann.
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Der BFH wies darauf hin, dass das Unionsrecht insoweit zwei mögliche Steuerbefreiungen enthalte, die in den Streitjahren (2011 bis 2013) beide nicht in nationales Recht umgesetzt waren - es könne sich sowohl um steuerfreie Leistungen eines Personenzusammenschlusses an seine gemeinnützigen Mitglieder gegen Erstattung der genauen Kosten als auch um steuerfreie Leistungen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben an ihre Mitglieder zu religiösen Zwecken gegen einen satzungsgemäß festgelegten Beitrag handeln.

Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gemeinnützige GmbH unter bestimmten Voraussetzungen keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit

Davon unabhängig muss das Finanzgericht aber auch prüfen, ob die Klägerin tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Der BFH entschied, dass die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Gesellschafter durch eine gGmbH keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit ist, wenn die Tätigkeit der GmbH einer bestimmten Personengruppe (hier: allen christlichen Kirchen) zugutekommt und sich der Vorteil für den einzelnen Gesellschafter nur mittelbar aus diesen allgemeinen Vorteilen für alle Kirchen ableitet.

Urteilsgrundsätze mit positiven Auswirkungen auf andere Personenzusammenschlüsse mit derartigen Leistungen an ihre Mitglieder

Die Urteilsgrundsätze könnten positive Auswirkungen für andere Personenzusammenschlüsse haben, die derartige „Leistungen“ an ihre Mitglieder erbringen. Gemeinsame Einrichtungen, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, könnten ebenfalls profitieren.

Quelle: PM des Bundesfinanzhofs Nr. 007/21 vom 11.03.2021

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(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht