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Die Abbildung zeigt ein Zimmer mit einer typischen Fototapete (Foto: alexanderkonsta und WernerHilpert / jeweils stock.adobe.com – ein Symbolbild)
Urhebervertragsrecht

BGH zur Nutzung von Abbildungen einer Fototapete

ESV-Redaktion Recht
11.09.2024
Darf der Käufer einer Fototapete – ohne ausdrückliche Erlaubnis des Fotografen der Tapetenmotive – Videos oder Bilder von der Tapete im Internet ausstellen oder greift er damit unzulässig in die Rechte des Fotografen oder sonstigen Rechteinhabers ein? Diese Frage hat der BGH nun in drei Parallelverfahren entschieden.
In dem Streitfall vermarktet die Klägerin Lichtbilder, die ein Berufsfotograf als Gründer der Klägerin gefertigt hat. Die Nutzungsrechte an diesen Bildern hatte der Fotograf auf die Klägerin übertragen.
 
In dem Verfahren I ZR 139/23 erwarb die Beklagte über das Internet eine Fototapete, auf der eine der streitgegenständlichen Fotografien abgedruckt ist. Anschließend brachte die Beklagte die Tapete mit den Abdrucken an einer Wand in ihrem Haus an und erstellte Videobeiträge von der Wand. Die Videos waren später von einem Facebook-Auftritt der Beklagten abrufbar und zeigten im Hintergrund auch die Abdrucke der betreffenden Lichtbilder auf den Tapeten.
 
In dem Verfahren I ZR 140/23 betreibt die Beklagte eine Web- und Medienagentur und stellte  Bildschirmfotos auf ihrer Internetseite ein, die ein Tenniscenter abbildeten. Auf einem der Fotos ist der Gastraum des Tenniscenters mit einer Fototapete erkennbar, an deren Bildmotiv die Klägerin ebenfalls die Nutzungsrechte beansprucht.
 
Auch in dem Verfahren I ZR 141/23 benutzt der Beklagte eine Fototapete mit einem Motiv, an dem die Klägerin die Rechte beansprucht. Hier ging es um eine Wandtapete in einem Zimmer des Hotels, das der Beklagte betreibt.
 

Klägerin: Abbildungen auf den Fototapeten verletzen Rechte an den originalen Fotografien 

 
Die Klägerin meint, dass die Abbildungen auf den Fototapeten und den Videos im Internet die Urheberrechte des Fotografen und damit auch Nutzungsrechte der Klägerin an den Fotografien verletzen. Daher verlangt sie von den Beklagten Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten. Im Verfahren I ZR 141/23 verlangte sie darüber hinaus noch Auskunft über den Umfang der Verwendung der Fotografie.
 

Kein Erfolg bei den Instanzgerichten

 
Die Ausgangsinstanz –  das AG Düsseldorf – hat die Klagen abgewiesen. Weil die Klägerin auch vor der Berufungsinstanz – dem LG Düsseldorf – scheiterte, zog sie mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen vor den BGH.

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BGH: Urheber und Rechteinhaber mussten mit der Art der Nutzung der Tapetenmotive rechnen

 
Auch die Revisionen der Klägerin bleiben vor dem 1. Zivilsenat des BGH ohne Erfolg. Nach Auffassung des Senats sind die Ansprüche auf Schadensersatz, auf Erstattung der Abmahnkosten und auf Auskunft, die die Klägerin aus § 97 Abs. 1 und 2 UrhG, aus § 97a Abs. 3 UrhG sowie aus den Grundsätzen aus Treu und Glauben nach § 242 BGB herleitet, unbegründet. Die tragenden Erwägungen des Senats:
 
  • Einwilligung des Urhebers durch schlüssiges Verhalten: Die Eingriffe in das Vervielfältigungsrecht sowie in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sind aufgrund einer konkludenten Einwilligung des Urhebers bei der Rechteeinräumung an die Klägerin rechtmäßig. 
  • Empfängerhorizont entscheidend: Ob ein Verhalten des Rechteinhabers als Einwilligung zu sehen ist, richtet sich nach dem objektiven Erklärungsinhalt aus Sicht des Erklärungsempfängers. Maßgebend ist dem Senat zufolge, ob der Urheber oder Rechteinhaber, der eine Nutzungshandlung untersagen will, mit dieser Nutzung rechnen musste, wenn er das Werk uneingeschränkt zugänglich gemacht hat. 
  • Art der Nutzung durch die Beklagten üblich: Insoweit hatte die Berufungsinstanz dem Senat zufolge zurecht – im Einklang mit der Lebenserfahrung – angenommen, dass die Vervielfältigung der Fotos auf Tapeten, deren Präsentieren in dekorierten Räumen sowie das Einstellen entsprechender Fotografien und Videos im Internet üblich ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rechteeinräumungen zu privaten oder zu gewerblichen Zwecken erfolgte. Damit lag diese Art der Nutzung, für den Urheber/Rechtsinhaber vorhersehbar, im Rahmen einer vertragsgemäßen Verwendung.
  • Keine Einschränkung der Nutzung: Zwar kann der Urheber/Rechteinhaber die Nutzung seiner Fotos im Rahmen des Vertriebs vertraglich einschränken. Eine solche Einschränkung lag nach Meinung des Senats aber nicht vor.
  • Konkludente Einwilligung auch bei Web- und Medienagentur: Der Senat meint auch, dass die Web- und Medienagentur von einer wirksamen konkludenten Einwilligung ausgehen durfte.

  • Verzicht auf Urheberbenennung: Schließlich teilt der Senat auch die Auffassung des Berufungsgerichts, nach der Ansprüche wegen Verletzung des Rechts auf Urheberbenennung ausgeschlossen wurden, weil der Urheber im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten konkludent auch auf dieses Recht verzichtet hat.
Quelle: PM des BGH vom 11.09.2024 zum Urteil vom selben Tag – I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23

Anderer Ansicht war das LG Köln 01.03.2023
LG Köln zu Nutzungsrechten an Motiven einer Fototapete

Hat der Käufer einer Fototapete, der diese in seinen Räumen angebracht hat, das Recht, Ablichtungen hiervon im Rahmen seiner Werbung im Internet zu veröffentlichen? Hierzu hat sich das LG Köln in einem kürzlich veröffentlichten Urteil geäußert. mehr …



Das Buch zum Werk

Handbuch Urheberrecht

Herausgeber: Prof. Dr. Dr. Dr. Marcel Bisges, Dr. Stephan Dittl, Prof. Dr. Alexander Freys


Völlig neue Verwertungsmöglichkeiten und Nutzungsgewohnheiten haben das Urheberrecht im digitalen Zeitalter zuletzt vielseitig in Bewegung gehalten – ob mit Neuregelungen insb. zum Urhebervertragsrecht, zu Vergütungsansprüchen und Verlegerbeteiligungen oder auch geänderten Verantwortlichkeiten etwa von Upload-Plattformen.

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  • Vererbung des Urheberrechts oder auch zwangsweise Verwertung / Umgang mit Insolvenzen
  • Urheberrechtsverletzungen und -straftaten

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  • Erschöpfung bei der elektronischen Verwertung
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Stimmen zur Vorauflage

„… eine gelungene Gesamtdarstellung des Urheberrechts in einem Praxishandbuch. (…) Möge es ein Standardwerk in der Reihe von Handbüchern werden.“ Prof. Dr. Artur-Axel Wandtke, Humboldt-Universität, Berlin, in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), 12/2016

"… für den gestandenen Praktiker, aber auch für Jurastudenten, die den ersten Einstieg ins Urheberrecht suchen, exzellent. Insofern mein Glückwunsch an Bisges und seine Autoren." Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster, in: MultiMedia und Recht (MMR), 1.9.2016

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht