
BMF vs. BFH: Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG (Nichtanwendungserlass)
Rechtsauffassung des BFH
In dem am 21.11.2024 veröffentlichten Urteil des BFH vom 29.8.2024 präzisiert dieser die Voraussetzungen der Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA) gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG und schränkt damit den Anwendungsbereich von Kettenzusammenfassungen ein. Er widerspricht damit ausdrücklich der im BMF-Schreiben vom 12.11.2009 niedergelegten großzügigeren Auffassung der Finanzverwaltung.
- Einzelprüfung der Voraussetzungen: Auch bei Zusammenfassung von mehr als zwei BgA müssen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG jeweils zwischen allen BgA einzeln erfüllt sein.
- Keine Kettenzusammenfassung: Eine abgestufte Kettenzusammenfassung, bei der mehrere BgA nacheinander zusammengefasst werden, ist nicht zulässig, wenn die Voraussetzungen bei einer zeitgleichen Betrachtung nicht erfüllt wären.
- Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen: Wirtschaftliche Aktivitäten einer juristischen Person sind grundsätzlich gesondert steuerlich zu beurteilen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Somit soll eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG, also eine potenzielle Verrechnung von Gewinnen und Verlusten, nur möglich sein, wenn die Zusammenfassungsvoraussetzungen zwischen allen BgA, deren Einkünfte gemeinsam ermittelt und veranlagt werden sollen, vorliegen.
Nichtanwendungserlass des BMF
Das BMF teilt diese Auslegung des Gesetzes nicht. Die Grundsätze des Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Das BMF argumentiert wie folgt:
- Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG besteht sowohl die Möglichkeit der Zusammenfassung mit einem BgA, als auch mit mehreren BgA. Während im Fall des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nummer 1 und 3 KStG die Zusammenfassung nur an die dort genannten Voraussetzungen geknüpft ist, muss bei einer Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nummer 2 KStG mit einem anderen BgA nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht bestehen.
- Diese Verflechtung muss zu jedem zusammenzufassenden BgA vorliegen, aber auch nur zu diesem. Ein anderer BgA kann dabei sowohl ein BgA i. S. d. § 4 Abs. 1 KStG sein als auch ein BgA, der erst durch eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG entstanden ist.
- Wie bereits in den seit 2009 bestehenden Verwaltungsgrundsätzen niedergelegt, ist § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG daher so zu verstehen, dass hiervon nicht nur die ursprünglich im Sinne von § 4 Abs. 1 KStG bestehenden BgA erfasst sind, sondern auch ein in einem ersten Schritt erst aus der Anwendung eben dieser Zusammenfassungsgrundätze entstehender neuer BgA nun in einem zweiten Schritt auf dessen Zusammenfassungsmöglichkeit mit weiteren BgA hin zu prüfen ist.
- Dies erfordert bereits der Grundsatz der Gleichbehandlung, da kein sachlicher Grund ersichtlich ist, warum nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammengefasste BgA insoweit strengeren Voraussetzungen unterliegen sollten als originäre BgA nach § 4 Abs. 1 KStG, die ihrerseits bereits gleichsam eine mehrere Betriebe umfassende Einrichtung sind.
Fundstelle: BMF, Schreiben vom 6. Juni 2025, IV C 2 - S 2706/00061/002/081
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(ESV/cmx)
Programmbereich: Steuerrecht