
BVerfG: Eilantrag gegen Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeinrichtungen erfolglos
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BVerfG: Gründe für Außervollzugsetzung wiegen nicht schwer genug
- Doppelte dynamische Verweisung problematisch: Vorab richtete der Senat seinen Blick auf die sogenannte doppelte dynamische Verweisung. Der Gesetzgeber verweist nämlich zunächst auf die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung. Diese verweist ihrerseits dann auf die Web-Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des RKI. Die Frage, ob die darin liegende bindende Außenwirkung der dynamisch in Bezug gesetzten Regelwerke der beiden Bundesinstitute noch eine hinreichende gesetzliche Grundlage hat, wollte der Senat jedoch nicht ad hoc beantworten. Falls diese Frage aber zu bejahen wäre, müsste weiterhin aufgeklärt werden, ob es einen tragfähigen sachlichen Grund dafür gibt, dass nicht der Verordnungsgeber selbst die Vorgaben für die vorzulegenden Impf- oder Genesenennachweise konkretisiert, sondern dass dies den benannten Bundesinstituten obliegen soll.
- Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gerechtfertigt: Da die vorbenannten Fragen nicht im Eilverfahren zu klären sind, so der Senat weiter, wäre der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gerechtfertigt. Würde die beantragte einstweilige Anordnung nämlich ergehen und bliebe die Verfassungsbeschwerde erfolglos, hätten dem Senat zufolge die Nachteile, die sich aus der Nichtanwendung der angegriffenen Regelungen ergeben, ein sehr hohes Gewicht. In diesem Fall würden bestimmte Personengruppen in der Zeit bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde nämlich einem deutlich größeren Infektionsrisiko ausgesetzt.
- Impfschutz noch immer relevant: Insoweit beriefen sich die Karlsruher Richter auf die Einschätzung von den angehörten Sachverständigen. Demnach ist davon auszugehen, dass Corona-Impfungen – auch vor dem Hintergrund von Omikron – noch einen relevanten Schutz bieten. Dies gilt auch dann, wenn dieser mit der Zeit deutlich nachlässt.
- Folgenabwägung: Im Rahmen seiner Folgenabwägung betonte der Senat dann, dass sich bei der Außervollzugsetzung der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht weniger Personen impfen lassen werden – mit der weiteren Folge, dass sich dort mehr Arbeitskräfte infizieren. Somit steigt in der Schwebezeit, also bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, auch die Gefahr, dass sich mehr vulnerable Personengruppen irreversibel mit dem Virus infizieren oder gar sterben, als ohne Außervollzugsetzung. Insoweit gehen die Karlsruher Richter von einer noch immer hohen Infektionsdynamik mit hohen Fallzahlen aus. Demzufolge ist es wichtig, Übertragungsketten möglichst früh zu unterbrechen. Dem steht nach Senatsauffassung eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung gegenüber. Hinter diesen Belangen muss das Interesse der Beschwerdeführer, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde ohne Impfung in den betreffenden Einrichtungen arbeiten zu können, zurücktreten.
Was die Entscheidung bedeutet
- Das BVerfG hat in einem Eilverfahren zu einer Verfassungsbeschwerde entschieden. Dabei ging es lediglich um die Teil-Impfpflicht für Personal im Pflegebereich. Die Hauptsache – also die Verfassungsbeschwerde selbst – ist noch nicht vom Tisch. Das BVerfG hat dem Hauptsacheverfahren nur wenig Erfolgsaussichten eingeräumt. Ein anderes Ergebnis in der Hauptsache ist also noch möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.
- Ebenso wenig sagt dieses Ergebnis etwas über die Zulässigkeit einer generellen Impfpflicht aus. Hierüber hat das BVerfg explizit nicht entschieden.
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