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BVerfG: Für die gerichtliche Überprüfung von Coronamaßnahmen an Schulen – wie etwa die Prüfung der Maskenpflicht – ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. (Foto: Yulia/stock.adobe.com)
Corona und familiengerichtliche Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung

BVerfG: Familiengerichte nicht für Aufhebung von Coronamaßnahmen an Schulen zuständig

ESV-Redaktion Recht
24.02.2022
Das Familiengericht Weimar sorgte im April 2021 mit einer Anordnung, nach der an zwei Schulen infektionsschutzrechtliche Maßnahmen aufgehoben werden sollten, für reichlich Aufsehen. Das Beispiel machte tatsächlich „Schule“ und führte zu zahlreichen instanzgerichtlichen Entscheidungen zu diesem Thema. Auch das BVerwG und der BGH hatten sich damit beschäftigt. Nun hat sich das BVerfG zu Wort gemeldet.
In dem Streitfall vor den Karlsruher Richtern verlangte die Mutter von der Schule ihres Sohnes, dass sie die Verpflichtung zum Tragen von Masken und zur Durchführung von Coronatests aufhebt. Gegenüber den Familiengerichten regte sie an, ein Kinderschutzverfahren wegen Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB einzuleiten, womit sie aber scheiterte. Nach Auffassung der Fachgerichte ist der Anwendungsbereich von § 1666 BGB nicht eröffnet. Demnach sind der Staat und seine Institutionen keine Dritten im Sinne von Absatz 4 der benannten Norm.
 
Daraufhin zog die Mutter mit einer Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe. Mit dieser berief sie sich unter anderem auf einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, denn das OLG hatte die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung nicht zugelassen.

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BVerfG: Verfassungsbeschwerde unzulässig

Auch der Gang nach Karlsruhe hatte keinen Erfolg. Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Demnach liegen keine Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG vor. Zum einen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, zum anderen sah die Kammer keine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin. Die weiteren wesentlichen Erwägungen der Kammer:
 
  • Verfristung: Die Beschwerdeführerin hatte es bereits versäumt, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen oder deren wesentlichen Inhalt innerhalb der Monatsfrist von § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vorzutragen.
  • Keine substantiierte Darlegung von Grundrechtsverletzungen: Zudem hat die Beschwerdeführerin die nach ihrer Auffassung verletzten Grundrechte nur benannt – aber ohne sich mit den Maßstäben des BVerfG zu diesen Normen auseinanderzusetzen, so die Kammer weiter. Darüber hinaus gibt die Begründung der Verfassungsbeschwerde den Inhalt einer Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts nicht in der erforderlichen Art und Weise wieder, so dass die Zulassung einer Rechtsbeschwerde korrekterweise unterblieben ist. Damit wurde der Beschwerdeführerin also nicht deren Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entzogen. 
  • Keine Befugnisse der Zivilgerichte zur Anordnungen von Maßnahmen gegenüber Behörden: Aus § 1666 Abs. 4 BGB ist keine Befugnis der Familiengerichte ersichtlich, Behörden zur Aufhebung von infektionsschutzrechtlichem Maßnahmen zu verpflichten. Vielmehr gilt für diese Art der Rechtewahrnehmung der Verwaltungsrechtsweg.
  • Auslegung der Instanzgerichte im Einklang mit Rechtsprechung von BGH und BVerwG: Diese Auslegung durch die Fachgerichte erfolgte in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH und des BVerwG, die das BVerfG nicht beanstandete. Dies gilt auch, soweit die Beschwerdeführerin die Rechtsprechung des BVerwG heranzieht. Auch nach Auffassung des BVerwG liegt die gerichtliche Kontrolle von Behördenhandeln in Bezug auf Schulen allein bei den Verwaltungsgerichten. Dies gilt auch für Maßnahmen des Infektionsschutzes, was die Beschwerdeführerin verkannt hat.
Quelle: PM des BVerfG vom 24.02.2022 zum Beschluss vom 18.02.2022 – 1 BvR 2318/21



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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht